PR TB 190 Die Kinder Von Saint Pidgin
weil sie schuld daran war, daß er beim
Sprechen ungewollt Pfeiflaute von sich gab, und sagte:
„Ich kenne da ganz in der Nähe ein Mädchen..."
„Aber verspäte dich nicht", ermahnte Angord, der
Trommler, ihn, der sich quer durch den Korkwald schlagen wollte, um
„hier und dort eine Falle aufzustellen und einfach zu bummeln".
Lola Sanftmut und Willi, der Plärrer, suchten eine Kommune
auf, die von ehemaligen Bürgern der Kinderkolonie gegründet
worden war und deren Mitglieder es sich in den Kopf gesetzt hatten,
die terranische Steinzeit wieder aufleben zu lassen.
Niki äußerte die Absicht, nach Pidgin-City zu gehen, um
sich gründlich „restaurieren" zu lassen, wie er sich
ausdrückte, und um sich über den neuesten Stand der
Entwicklung zu informieren. Sie hatten während ihrer
monatelangen Expedition gelegentlich Nachrichten gehört und auf
diese Weise vom „Unternehmen Pilgervater" erfahren, mit
dem in großen Stil eine Rückwanderung zur Erde eingeleitet
werden sollte.
Rosalind setzte alles daran, ihn begleiten zu dürfen, um ihn
vor den schädlichen Einflüssen der Großstadt zu
schützen. Niki konnte dies dadurch verhindern, daß er
behauptete, seine Verlobte in Pidgin-City sei eine überaus
eifersüchtige Person.
Seidelbast gab zum Entschluß eines jeden seinen giftigen
Kommentar ab und verabschiedete sich dann in Richtung einer
Eremitenklause, wo er sich gelegentlich einfand, um mit dem
Einsiedler Streitgespräche zu führen. Rosalind schloß
sich ihm mehr aus Trotz als aus wirklichem Interesse an, was den
Giftspucker zu dem Stoßseufzer veranlaßte, warum das
Schicksal ausgerechnet zu ihm so hart sei. Das hinderte Rose jedoch
nicht, ihn trotzdem zu begleiten.
Niki ließ sich in der Nähe einer Farm absetzen, die an
einer Hauptverkehrsader lag, und versprach den Zwillingen und Benny,
daß er in zwei Tagen am vereinbarten Treffpunkt sein werde. Im
Gegensatz zu den anderen nahm er kein Sprechfunkgerät mit. Er
vertraute da ganz auf seine Möglichkeiten, sich ein solches
kurzfristig zu beschaffen - oder einfach eines zu basteln.
Sein technisches Einfühlungsvermögen machte beides
möglich.
Niki kannte die Farm recht gut. Er war vor fünfzehn Jahren
zum erstenmal hier gewesen. Damals war er neun gewesen, und es war
ein Jahr der Dürre, und ganz St. Pidgin war zudem noch von einer
Schädlingsplage heimgesucht worden. In der Kinderkolonie hatte
man eine Rettungsaktion für die umliegenden Farmen gestartet,
die sich bis zu diesem Zeitpunkt geweigert hatten, Insektizide
einzusetzen. Abgesehen davon hatten die Laren strenge Gesetze gegen
die Anwendung jeder Art von Giften erlassen, und nur wenige wagten
es, dagegen zu verstoßen.
Wie auch immer, Niki war mit einem Trupp Gleichaltriger zu dieser
Farm gekommen. Der Besitzer hieß Odd Mirnansen. Sie hatten mit
Ultraschallkanonen und Giftspritzen die unersättlichen
Insektenschwärme vertrieben. Niki erinnerte sich noch genau an
den Tag, als sie mit ihrer Arbeit fertig waren und auf den Airbus aus
der Kolonie warteten. Er hatte sich die Zeit damit vertrieben, aus
greifbaren Materialien ein Kaleidoskop zu basteln.
Plötzlich war Odd Mirnansen aufgetaucht, hatte ihm das
Kaleidoskop entrissen und behauptet, es gehöre seinen Söhnen.
Nikis Beteuerungen, daß er diese „Guckröhre"
selbst gebastelt habe, fand kein Gehör, und er hatte seinen
Besitz an Odds Söhne, die beide etwas älter als er waren,
abtreten müssen. Diese Episode konnte er einfach nicht
vergessen.
Inzwischen befand sich Odd längst schon im Ausgedinge, und
seine Söhne, Lofar und Sandog, bewirtschafteten die Farm. Niki
kam ganz gut mit ihnen zurecht. Wenn er in der Nähe war, schaute
er gelegentlich vorbei, um an landwirtschaftlichen Maschinen oder an
den vorsintflutlichen Arbeitsrobotern der Mirnansens Reparaturen
vorzunehmen.
Als er an diesem Tag die Farm erreichte, wirkte sie wie
ausgestorben. Der Hof machte einen heruntergekommenen Eindruck, alles
war verwahrlost. Es wurde nicht gearbeitet.
Er hörte aus der Garage ein Klappern und steuerte darauf zu.
Auf halbem Weg bemerkte er aus den Augenwinkeln links von sich eine
Bewegung. Er drehte den Kopf und sah Odd aus dem Eingang des
Wohnhauses treten. Er machte einen abwesenden und verklärten
Eindruck und schien Niki überhaupt nicht zu bemerken.
„Hallo, Odd!" begrüßte Niki ihn. „Kann
ich dir irgendwie helfen?"
„Wir brauchen jede Hilfe", sagte Odd mit seltsam hohler
Stimme. „Uns ist jedermann willkommen. Sprich mit Lofar,
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