PR TB 192 Der Brennende Arkonide
deutlich der langen Unterhaltung mit Djosan, der
ihn vor der Landung der KHAMSIN besucht hatte. Djosan glaubte nicht
daran, daß das Gleichgewicht des Planeten unausgeglichen war -
nur eine Katastrophe würde aus dem derzeit labilen ein stabiles
Gleichgewicht machen. Yann ging zurück und blieb am Rand der
etwa vier Quadratkilometer großen Kaskaden stehen. Ein
Plätschern, das nicht zu der ununterbrochen gewohnten
Geräuschfolge paßte, lenkte ihn ab. Er wandte den Kopf.
„Ich hätte es ahnen müssen!" stöhnte
Kadir auf. Unterhalb des Abflusses aller der Wasserschleier, Tropfen,
Fontänen und Kaskaden befand sich ein breites Bachbett voller
vielfarbiger, auskristallisierter Kieselsteine. Ein Mucy watete durch
das warme Wasser, fiel bei jedem vierten Schritt auf die Hände
und die Ellbogen, raffte sich auf und brach wieder zusammen. Aus
zahllosen kleinen Schnitt- und Schürfwunden tropfte Blut, das
von dem warmen Wasser weggewaschen wurde. Kadir ließ seine
eingesammelte Nahrung fallen und rannte auf den Mann zu.
„Es ist einer von den Dendrophilen", stieß er
hervor. „Und daß er ausgerechnet hier ist, kann kein
Zufall sein."
Der Planet schien zugeschlagen zu haben. Yann, der trotz seines
hageren Aussehens und vorwiegend pflanzlicher Nahrung
unverhältnismäßig kräftig war, stürzte
neben dem Dendrophilen in die Kiesel und stemmte den Mucy hoch. Er
zerrte
ihn aus dem Wasser und legte ihn auf einigen dicken Moospolstern
ab. Der Mucy holte tief Atem und schloß die Augen.
„Was ist los, Mann?" erkundigte sich Yann. „Warum
bist du hier?"
Der Mann keuchte und hustete. Sein Körper bedeckte sich mit
dicken Schweißtropfen und begann zu zittern.
„Alle tot. Es war das Chaos... ein paar... überlebt."
Kadir Yann war nicht überrascht. Er hatte zwar nicht an die
Dendrophilen gedacht, die Spezialisten für jede Art von
Holzbearbeitung, aber er hatte die Vibrationen des Planeten gespürt.
Etwas war geschehen. Und zwar etwas Dramatisches. Yann hob den Kopf
des völlig erschöpften Mannes hoch. Unter dem Einfluß
der Wärme begannen sich die kleinen Wunden in der Haut des Mucys
zu schließen.
„Du kennst unsere Siedlung?" röchelte der
Dendrophile.
„Die Wälder auf den alten Lavafeldern?"
„Richtig, dorther komme ich."
Es war nicht möglich, diese Strecke in weniger als
vierundzwanzig Stunden zu Fuß zu bewältigen. Der Mann
hatte aber rund zehn Stunden weniger gebraucht.
„Du bist dort, wohin du wolltest. Ich bringe dich in mein
Haus, dann kannst du berichten. Komm."
Yann nahm den Mann, der nicht viel leichter als er selbst war,
halb auf die Arme, halb über den Rücken. Schließlich
lag der erschöpfte Waldbewohner auf einigen weichen Decken auf
dem Boden des Hauses. Ein Kühlaggregat blies ihm frische Luft
ins Gesicht. Yann fütterte ihn mit dünnem Brot, Früchten
und kleingeschnittenen Bratenstücken. Er wartete geduldig, bis
der Mucy schließlich zusammenhängend sprechen konnte.
„Die Siedlung - es gab diesen schweren Erdstoß mitten
in der Nacht. Hast du ihn gespürt?"
„Ja. Das Wasser hier änderte seine Geräusche und
seine Farben."
„In den Wäldern öffneten sich zahllose Spalten..."
Der Mucy berichtete. Yann rief sich die Eindrücke ins
Gedächtnis zurück. Er kannte alle Siedlungen, denn er war
zusammen mit Djosan an fast jedem bewohnten Platz des Kontinents
gewesen. Je mehr er hörte, desto besser konnte er sich
vorstellen, was geschehen war.
Vor ungefähr fünfzehn Stunden hatte der Planet gebebt.
5.
Arborville.
Ziemlich genau im planetographischen Zentrum des Kontinents. Rund
viertausend Mucys wohnten dort. Sie legten Straßen an,
bearbeiteten Holz und tauschten Balken, Bretter und Furniere gegen
Erzeugnisse der anderen Siedlungen. Sie betrieben das Werk, das ihre
Siedlung mit Energie versorgte, auf dem Umweg über eine
Dampfturbine mit Holzstaub, der mit Preßluft in die
Brennkammern eingeblasen wurde. Sie waren reich; es ging ihnen sehr
gut.
In der Vergangenheit des Planeten, vor mehreren Jahrmillionen
hatte es hier kleine Vulkane gegeben. Ihre Ausbrüche kehrten
Lößanschwemmungen aus dem Untergrund nach oben, und
zusammen mit der Lava und der vulkanischen Asche war dieser Boden für
gewaltige, artenreiche Wälder der ideale Nährboden. Als die
Mucys vor einem Jahrzehnt hierher kamen, fanden sie herrliche,
ausgedehnte Wälder vor und alles, was sie zum Leben brauchten.
Eine erste Tiefenbohrung erbrachte nicht nur heißes, sondern
auch leicht mineralhaltiges
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