PR TB 203 Rote Sonne Uber Rubin
nicht«, hielt ich ihm vor.
»Sehen Sie, als meine Großeltern hier landeten, da
glaubten sie, ein Paradies gefunden zu haben. Sie mußten jedoch
bald feststellen, daß es das nicht war. In unregelmäßigen
Zeitabständen wird der Planet von schrecklichen Unwettern
heimgesucht, die auf die Einwirkung der Sonne zurückzuführen
sind. Die Psyche der hier lebenden Menschen hat sich darüber
hinaus unter dem Einfluß dieser
Strahlung von Generation zu Generation verändert. Wir haben
geistige Kontakte untereinander und mit vielen Tierarten. Wir haben
mit der Zeit eine Art Lebensgemeinschaft mit der Fauna hergestellt,
die uns auf lange Sicht das Überleben trotz Naturkatastrophen
sichern wird. All das würden Sie zerstören. Sie würden
unseren Lebensrhythmus und unsere Existenzgrundlage vernichten, wenn
Sie es zuließen, daß neue Kolonisten nach Rubin geführt
werden.«
Kelton hatte mir schweigend zugehört, ohne mich zu
unterbrechen, aber sein Gesicht war bei jedem meiner Worte
skeptischer geworden. Es mußte ihm schwerfallen, meinen
Ausführungen Glauben zu schenken.
»Das klingt alles sehr unwahrscheinlich«, meinte er.
»Wir haben zwar bereits festgestellt, daß die Sonne einen
außergewöhnlich hohen Anteil an unspezifischer
mehrdimensionaler Strahlung abgibt, aber nach Ihrer Schilderung müßte
das eine kollektive Mutation aller hier lebenden Menschen nach sich
gezogen haben. Sie müssen zugeben, daß das kaum
glaubwürdig ist.«
»Es ist die Wahrheit. Wenn Sie die Art der geistigen
Veränderung, die sich an uns vollzogen hat und weiter vollzieht,
als Mutation bezeichnen wollen, sind wir in der Tat alle Mutanten. Es
sichert uns das Überleben und schützt uns im Verbund mit
der Natur vor Unwetterkatastrophen.«
»Was sind das für Unwetter?«
Ich erklärte es ihm, berichtete von den Orkanen und Beben,
die die Kolonie mehrfach heimgesucht hatten, schilderte die
atemberaubende Weise, in der Tiere und Pflanzen für unsere
Sicherheit bei jedem dieser Unwetter sorgten. Ich spürte, daß
ich, wenn ich es geschickt anstellte, ihn würde überzeugen
können und daß ich gar nicht weit davon entfernt war. In
nunmehr vorbehaltloser Offenheit schilderte ich auch die Entdeckung
der Blues-Station und deren ungewollte Vernichtung.
»Die Blues hatten einen Stützpunkt hier?«
unterbrach er mich.
Ich nickte.
»Sie haben es nicht überlebt. Die Strahlung Omegas hat
sie auf andere Art belastet als uns. Auch dies sollte Ihnen ein Indiz
sein, daß ich die Wahrheit spreche.«
»Die Station und ihre Bewohner sind vernichtet«,
erinnerte er lächelnd. »Wie sollte ich Ihre Angaben
überprüfen können?«
»Durch die Zerstörung der Anlage ist auch der
Ortungsschutz ausgefallen. Sie müßten die Ansammlung von
Metall in dem betreffenden Gebiet längst festgestellt haben.«
»Das haben wir allerdings«, gab Kelton zu und sah mich
offen an. »Es beweist jedoch nicht, daß dort ausgerechnet
die Blues einen Stützpunkt unterhielten.«
Langsam begann ich die Geduld zu verlieren. Dennoch bemühte
ich mich, weiterhin sachlich zu bleiben.
»Es waren Blues!« betonte ich. »Ich habe keinen
Grund, Ihnen Märchen zu erzählen.«
»Darum geht es nicht.« Kelton schien meine wachsende
Ungeduld zu bemerken, denn er machte beim Sprechen unbewußt
Ansätze zu beschwichtigenden Gesten. »Ich bin lediglich
daran interessiert, Beweise für das zu erhalten, was Sie mir
berichtet haben. Ohne solche Beweise werde ich keine sachgerechte
Entscheidung treffen können.«
Es war klar, worauf er hinauswollte. Er hatte die Absicht, mich
dazu zu bringen, daß ich ihn zu meinen Freunden führte. An
Ort und Stelle würde er sich ein besseres Bild machen können.
Aber durfte ich es riskieren? Wie würden die anderen
reagieren, wenn ich mit einem Menschen zurückkehrte, der nicht
zu uns gehörte, der gänzlich anders und in großem
Maße fremd war? Würden sie meine Beweggründe
akzeptieren - oder würden sie mich aus dem Kollektiv
ausschließen?
Daß ich mich schließlich entschied, ihm das
anzubieten, was er erwartete, hatte nichts mit Patriotismus oder
Märtyrertum zu tun. Selbst wenn ich ihm den entsprechenden
Vorschlag nicht unterbreitet hätte, wäre er nicht
unverrichteter Dinge abgeflogen. Nein, er hätte unsere Kolonie
in jedem Fall gesucht und gefunden. Es machte also keinen
Unterschied.
»Ich werde Sie zu meinen Freunden führen«, sagte
ich. »Dort können Sie meine Angaben überprüfen.«
Kelton nickte mit zufriedenem Gesicht. Er trank
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