PR2605-Die Planetenbrücke
der optischen Beobachtung herleiten können, ist sie im Mittel hundert Kilometer breit und erstreckt sich um den ganzen Zylinder. Es erinnert alles an Terrania – die hohen Gebäude, die Schweber ... nur ist es ein gutes Stück größer.«
Mehr als dreihunderttausend Quadratkilometer, das Vielfache von Terrania, überschlug Jenke Schousboe im Kopf. Bei gleicher Bevölkerungsdichte müssten dort unten also allein in der Stadt eine Milliarde Intelligenzen leben. Zählt man dazu, dass die Oberfläche des ganzen Tubus größer als die der Erde ist ...
»Versuchen wir es in einigem Abstand zur Stadt. Halbe Strecke zum Südplaneten. Vielleicht gibt es nur um diese dicht besiedelte Region ein Schutzfeld.«
Das Schott der Zentrale glitt auf, und Oberst Nuruzzaman kam herein. Auch er hatte einen SERUN angelegt. Jenke sah ihn fragend an, doch er schüttelte den Kopf und nahm neben ihr Platz: Sie sollte das Kommando behalten. Mit knappen Worten setzte sie ihn ins Bild.
»Womöglich Störeinflüsse in der oberen Atmosphäre«, vermutete der Oberst.
»Ich hatte gehofft, bei größerer Annäherung Funkkontakt herstellen zu können. Wir werden es weiter weg von der Stadt versuchen. Vielleicht gibt es dort keine Störeinflüsse.«
»Hoffen wir das Beste.«
*
Die BOMBAY blieb auf Sicherheitsstufe Gelb, während sie in der folgenden Stunde in einer langen Spirale um den Brückenzylinder abwärts glitt.
Den nächsten Anflugversuch ließ Jenke in einem noch flacheren Winkel vornehmen. Die Weisheit dieser Entscheidung bestätigte sich schnell: Sie erlebten die gleichen Ausfälle wie zuvor, und die BOMBAY wand sich in einer Art Hustenkrampf, bis sie endlich den Einflussbereich der Störung verließ. Jenke entschied, das EXPLORER-Schiff vorerst weiter in einer Spirale abwärts sinken zu lassen.
»Ich wünschte nur, der Südplanet würde einen ähnlich hohen technischen Standard zeigen wie die Brücke«, sagte Oberst Nuruzzaman. »Aber alles deutet darauf hin, dass man dort gerade erst im Zeitalter der Elektrotechnik angekommen ist.«
»Wir könnten trotzdem landen und versuchen, über Land zur Brücke vorzustoßen.«
»Ich möchte vermeiden, die Bewohner des Planeten mit einzubeziehen. Kontakte mit so starkem Unterschied im technologischen Verständnis bergen einiges an Problemen. Und die Hilfe, die wir brauchen, können sie uns nicht geben.«
»Sie kennen ihre Welt und könnten durchaus eine wertvolle Hilfe sein, zur Brücke vorzustoßen. Und auch wenn ihr Wissen noch nicht unserem entspricht, haben sie doch durchaus ein Konzept von Technik und werden uns nicht als Götter oder Dämonen ansehen.«
Der Oberst wiegte den Kopf. »Niemand soll einem Nuruzzaman vorwerfen können, er habe nicht alles getan, was in seiner Möglichkeit stand. Schließlich steht unser Name in altterranischem Pakindisch für Beharrlichkeit. Also schicken wir Sonden aus und sehen, wie es auf dem Planeten aussieht. Dann entscheiden wir.«
*
Nur die SERUNS deuteten noch auf das Sicherheitsprotokoll hin, als die Cranstoun-Zwillinge die Zentrale betraten. Die Sicherheitsstufe war inzwischen zurückgenommen worden, überall herrschte normale Beleuchtung. Dennoch hatte es bisher keine Durchsage gegeben, dass man die Anzüge wieder ablegen durfte.
»Wollt ihr eine gemeinsame Doppelschicht schieben?«, begrüßte sie Apatou Bousset mit feinem Lächeln. Selbst unter dem Schutzanzug trug er sein Exoskelett, obwohl der Anzug diese Aufgabe sehr wohl ebenfalls übernehmen konnte.
Unter den derzeitigen Verhältnissen musste Zachary sich allerdings eingestehen, dass es Sinn ergab. Denn während das Exoskelett vorrangig auf simpler Bio-Mechatronik mit positronischer Regelung basierte, nutzte der Anzug diverse hyperphysikalische Wirkungen – was im hiesigen Raum geradezu nach Ausfällen schrie.
»Wir haben heute Morgen beim Auswürfeln der Chefwissenschaftlerstelle beide eine Sechs gewürfelt. Also dachten wir, wir fragen dich, wer es heute sein soll«, flachste Aiden.
Apatou schüttelte den Kopf. »Oh nein. Auf diesen Schwiegermuttersessel setze ich mich nicht.«
»Schwiegermuttersessel?« Verwundert sahen sich die Zwillinge an.
»Auf Terra geboren und keine Ahnung von der dortigen Flora«, spottete der Xenobiologe. »Ein Schwiegermuttersessel ist eine einladend geformte und doch recht unbequeme Stachelpflanze. Ein Kaktus.«
Bei der Vorstellung grinsten beide Cranstouns synchron.
»Und, was ist der momentane Plan der Schiffsführung?«,
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