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PR2606-Unter dem Stahlschirm

PR2606-Unter dem Stahlschirm

Titel: PR2606-Unter dem Stahlschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Favadarei?«
    »Die Winterstummheit hindert sie daran.« Patoshins Sprechsegel knisterte verhalten.
    »Du meinst die Frostpilze, Fentoperaden und was der Bedrohungen noch mehr sind ...?«
    »Ich rede von allen tödlichen Gefahren«, bestätigte der Maschinenbauer. »Wer auf der Brücke lebt, hat es nicht nötig, sich diesen Risiken auszusetzen.«
    Dieser Logik konnte Jenke sich nicht verschließen. Dennoch war die Antwort nur zum Teil plausibel. Ein Gleiterpulk war durchaus in der Lage, die Eiswüste und ihre Tücken unbehelligt zu überqueren. Wenn die Technik funktionierte.
    Sie argwöhnte, dass die Bewohner der Zylinderwelt kein Interesse daran hatten, sich ihren Nachbarn zu widmen. Womöglich galten die Planeten für sie als tabu. Shathfauth schon wegen seiner extrem aufgeheizten Atmosphäre, die ihn zumindest aus menschlicher Perspektive lebensfeindlich machte. Und Faland?
    Nachdenklich musterte die Kommandantin den Favadarei. Lag die Zurückhaltung der Brückenzivilisation an den spindeldürren, bleichhäutigen und groß gewachsenen Bewohnern des Planeten selbst? In dem Fall war es womöglich ein Fehler gewesen, ausgerechnet drei Favadarei an Bord zu nehmen.
    Sie prüfte die Anzeigen. Flughöhe achtzig Meter über dem Boden. Mit inzwischen nur mehr knapp vierhundert Kilometern in der Stunde flog der SKARABÄUS nach Norden.
    Ihr Blick glitt zurück zur Hologalerie.
    Ein irisierendes Leuchten war in der Finsternis erschienen. Jenke schätzte die Entfernung auf zwei, höchstens drei Kilometer. Das Eis glühte dort in grellen Farben, aber die Taster sprachen in keiner Weise darauf an. Möglicherweise handelte es sich um einen rein optischen Effekt. Wie Elmsfeuer, die sich großflächig unter dem Eis bewegten. Oder eine absonderliche Form von Polarlichtern?
    Sie machte Patoshin darauf aufmerksam.
    »Frostpilze«, sagte der Maschinenbauer. »Ihr Wachstumsgeflecht dringt unter dem Eis weiter vor. In dem Stadium sind sie ungefährlich. Spätestens nach zwei oder drei Tagen sollten wir ihnen jedoch in weitem Bogen ausweichen.«
    Die intensiver werdenden Lichteruptionen blieben schnell hinter dem SKARABÄUS zurück. Bald schimmerte nur noch ein fahler Widerschein am Horizont.
    Es war an der Zeit, die Besatzung zu wecken.
    Bald würde die Sonne aufgehen. Schon jetzt hing ein schwacher Schimmer von Streulicht in der oberen Atmosphäre.
    Etwas deutlicher trat die Silhouette der Brücke vor dem Hintergrund des Weltraums hervor. Vielleicht fünfzig oder sechzig Kilometer waren zurückzulegen. Der SKARABÄUS flog auf eine gigantische massive Wand zu, die bereits aus dieser Entfernung eine erdrückende Aura verbreitete.
    Ziemlich genau tausend Kilometer durchmaß die Brücke, die beide Planeten miteinander verband: eine himmelhohe Säule, die nur das Erzeugnis einer sehr hoch entwickelten Technologie sein konnte. Ihre Schöpfer liebten Zahlenspiele, vermutete Jenke. Zumindest hatten sie einen Sinn für Symmetrie.
    224.220 Kilometer lang war die Brücke, im Vergleich mehr als die halbe Entfernung zwischen der Erde und ihrem Mond. Die beiden Planeten an den Brückenenden erschienen als nahezu exakte Kugeln – jedenfalls soweit es möglich gewesen war, sie zu vermessen. 11.211 Kilometer Äquator- und Poldurchmesser. Faland und Shathfauth wirkten trotz ihrer klimatisch völlig unterschiedlichen Gegebenheiten wie Zwillinge im All.
    Vielleicht, überlegte Jenke, trug auch Shathfauth Leben, wie immer es geartet sein mochte.
    Zwanzig Planetendurchmesser trennten also beide Welten voneinander, und die Brücke hielt sie unerbittlich auf dieser Distanz. Sie standen senkrecht zur Ekliptik und umrundeten die Sonne in 591,67 planetaren Tagen. Der Tag hatte 22,85 Stunden, identisch für beide.
    Synchronwelten, nannte Jenke Schousboe die beiden Planeten des Systems für sich. Die Favadarei bezeichneten ihre Sonne je nachdem, ob es Tag oder Nacht war, entweder Wennedent oder Atowen. Da dies den Terranern zu kompliziert war, hatten sie beschlossen, die Sonne in Anlehnung an dieses Intelligenzvolk als Fa zu katalogisieren.
    Gab es die Schöpfer der Brücke noch? Vielleicht waren es die dort Siedelnden gewesen, zumindest deren Vorfahren. Der Gedanke war naheliegend, trotzdem verwarf ihn die Kommandantin wieder. Eine solche künstliche Konstellation zu erschaffen, dazu gehörte mehr als eine die Brücke wie ein Ring umspannende Metropole. Von Bord der BOMBAY aus gesehen, hatte diese Ringstadt den Eindruck erweckt, architektonisch Terrania City

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