Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
Prolog
Irak, 13. Mai 2007
So endet es also.
Er lag da, eine Hand locker auf die Schusswunde in seinem Bauch gepresst. Er war allein. Er hatte keine Kraft mehr, sämtliche Reserven waren aufgezehrt, und sein Blut versickerte in dem staubigen Boden. Eine rote Spur führte ein Stück von ihm weg, als stummes Zeugnis seines verzweifelten, schwachen Versuchs weiterzukriechen, bevor ihm alles vor den Augen verschwamm und er zusammenbrach.
Er konnte nicht mehr weiter. Er konnte nichts tun, als hier zu liegen und auf das Ende zu warten.
Ein schwacher Wind kam auf, störte die abendlich ruhige warme Luft und bedeckte Arme und Brust mit winzigen Sandpartikeln. Wie lange es wohl dauerte, bis sein Körper vollkommen unter dem Sand begraben sein würde, nachdem er gestorben war? Würde man ihn jemals finden?
Er starrte in den gewaltigen azurblauen Himmel, der sich über ihm bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schien. Sein Blick wurde von dem schnurgeraden Kondensstreifen eines sehr hoch fliegenden Flugzeuges angezogen. Um ihn herum reflektierten die Wüstendünen das letzte Sonnenlicht, schienen förmlich zu glühen.
Es war ein guter Platz zum Sterben.
Männern wie ihm war ohnehin kein hohes Alter beschieden, und sie starben auch nicht friedlich im Schlaf, im Schoß der Familie. Sie hatten sich für ein anderes Leben entschieden, und sie würden dafür nicht belohnt werden.
Weißt du, was dein Problem ist, Ryan? Du bist ein guter Mensch.
Hatte sie recht gehabt?
Konnte er aufrichtig auf sein Leben zurückblicken und dann behaupten, er wäre ein guter Mensch gewesen? Er hatte Fehler gemacht, hatte Dinge getan, die er gern ungeschehen machen würde, und doch war seine letzte Handlung von Vertrauen und Mitgefühl geprägt gewesen.
Genau das war der Grund, warum er hier lag und verblutete. Das war seine letzte Belohnung.
Ein leises, rhythmisches Pochen übertönte das schwache Seufzen des Windes. Es war der Herzschlag in seinen Ohren, der langsam schwächer wurde, während sein Lebenssaft zwischen seinen Fingern hindurchsickerte. Er hatte die Blutung verlangsamen können, aufhalten konnte er sie nicht. Nichts konnte das.
Er starb.
Weißt du, was dein Problem ist, Ryan? Du bist ein guter Mensch.
Wie auch immer er gelebt haben mochte, in diesem Moment wusste er, dass er als guter Mann sterben würde. Das musste doch irgendeinen Wert haben.
Ein schwaches Lächeln überzog sein Gesicht, als das Pochen zu einem Wummern anschwoll. Er schloss die Augen und ergab sich der wachsenden Dunkelheit, die die Welt um ihn herum erfüllte.
TEIL EINS
Befreiung
Konfrontiert sie mit Auslöschung, dann werden sie überleben; stoßt sie in eine tödliche Situation, dann werden sie leben. Geraten Menschen in Gefahr, sind sie fähig, um den Sieg zu ringen.
Sun Tzu, DIE KUNST DES KRIEGES
1
Sieben Tage zuvor, Mosul, Irak
»Na los doch! Fahr endlich!« Nassar Alawi drückte frustriert auf die Hupe.
Doch auch das brachte die rostige, klapprige weiße Limousine vor ihm nicht dazu, schneller zu fahren. Aus dem scheppernden Auspuff stieg eine graue Abgaswolke, als der Fahrer den Motor aufheulen ließ. Wie Alawi versuchte auch er vergeblich, sich den Weg durch die Menschenmassen in den engen Gassen zu bahnen.
Sie näherten sich einem der Straßenmärkte, die es überall in der Stadt gab. Hier war der Verkehr immer besonders dicht. Uralte Steinhäuser, geschmückt mit Satellitenschüsseln und dicht behängten Wäscheleinen, neigten sich in einem gefährlichen Winkel zur Straße hin, als wollten sie jeden Moment zusammenbrechen.
Alawi lehnte sich zurück und wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. Ihm war heiß, und er fühlte sich nicht wohl; sein offenes Hemd war bereits durchgeschwitzt. Die Klimaanlage des Vans funktionierte schon seit Jahren nicht mehr, und wenn er das Fenster herunterkurbelte, ließ er damit nur den gnadenlosen Sand herein, der vom Wind aufgewirbelt wurde, die Abgase der anderen Autos, die mehr schlecht als recht mit gepanschtem Sprit fuhren, den Gestank von Kot und zahllose andere unangenehme Düfte.
Er war Bauunternehmer und Elektriker von Beruf. Darauf waren er und seine Familie schon immer stolz gewesen. Diese Arbeit erforderte viel Erfahrung, und es war ein ehrbares Gewerbe. Und zurzeit stieg die Nachfrage nach seinen Diensten, sowohl hier in Mosul als auch in den vielen umliegenden Städten. Was bei der Invasion bombardiert und zerstört worden war, musste jetzt mühsam wieder aufgebaut werden.
Ein
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