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PR2611-Gegen den Irrsinn

PR2611-Gegen den Irrsinn

Titel: PR2611-Gegen den Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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Verwaltungspalast hatte naiv und dumm gewirkt. Der Fremde musste gewusst haben, dass ihm die Escalianer keine freundliche Gesinnung entgegenbrachten.
    Nicht mehr entgegenbringen konnten, nach allem, was zuvor geschehen war.
    Pridon hatte dem Tod in das hässliche entblößte Angesicht geblickt, als er sich zu lange in der Nähe des Trägers der billigen Maske aufgehalten hatte.
    Sein Herz hatte ausgesetzt, einmal. Zweimal. Dann war es ganz stehen geblieben. Nur die rasche Reaktion eines Medoroboters hatte ihm ein weiteres Leben geschenkt – und irreparable Hirnschäden verhindert.
    Pridon trat vor eine Bildscheibe und aktivierte sie. Die Aufnahmen des letzten Fluges der ROTOR-G. Eine kleine Zahl verriet, dass er sie zum dreißigsten Mal ansah.
    Naiv und dumm, dachte er, aber Zweifel schoben diese Gedanken nicht beiseite.
    Pridon wischte das Bild beiseite. Holte sich die aktuellen Ortungsdaten auf die Scheibe.
    Die räumlichen Erschütterungen, der Hall der Strukturbomben, schlugen Wellen in der Darstellung, als hätte eine Handvoll Kiesel die spiegelglatte Oberfläche eines Gewässers durchschlagen.
    Hatte der Fremde mit seinem seltsamen kleinen Begleiter einen Weg gefunden, in dem strukturellen Chaos zu überleben? Selbst mit aufwendigen Ortungen hatte Saedelaeres kleines Walzenschiff kein einziges seiner Geheimnisse preisgegeben.
    Lag es an der Nicht-Natur der Anomalie? Oder stammte das Schiff – wie es ein anderer in der Zentrale gemutmaßt hatte – aus einer anderen Ebene der kosmischen Ordnung?
    Aus einer höheren Ebene?
    Aber – wenn es so wäre – weshalb hatten die Geschütze des Verwaltungspalastes überhaupt Wirkungstreffer erzielen können?
    Pridon presste die Lippen zusammen. Solche Gedankenspiele, die auf der Logik der Normalität basierten, standen in dieser lebensfeindlichen Sphäre, in der sie sich aufhielten, auf einem äußerst morschen, ja bröckelnden Fundament.
    Naiv und dumm.
    Der Alaska Saedelaere, den er kennengelernt hatte, war alles andere als naiv und dumm.
    Sein Anflug auf den Verwaltungspalast hatte entweder auf einer unfassbaren Verzweiflung oder auf einem ebenso stark ausgeprägten Vertrauen beruht.
    Vertrauen in ihn, Pridon?
    Weshalb hatte Saedelaere alles riskiert, nur um an jenen Ort zu gelangen, von dem unmittelbare Gefahr drohte? Weshalb hatte er die zweifellos Gefahr verheißenden Zeichen ignoriert und seinen Weg unbeirrt fortgesetzt?
    Schon auf ihrem gemeinsamen Flug in die Anomalie hatte der Fremde mit der primitiven Maske eine unglaubliche Nervenstärke und Kaltblütigkeit gezeigt.
    Gemeinsam hatten sie alle Wertsteine auf ein einziges Feld gelegt – und gewonnen.
    Hatte Saedelaere dasselbe getan und war damit Opfer seines eigenen Mutes geworden?
    Der Gardeleutnant fluchte. Niemand außer ihm war in dem kleinen Nebenkommandoraum anwesend, der seine Flüche hätte hören können.
    Die Ortungsergebnisse auf der Bildscheibe sagten nichts Verwertbares aus. Das fremde Kontinuum machte den Gebrauch präziserer Tasterstrahlen unmöglich. Pridon sah nur Wellenmuster, Vertiefungen in diesem falschen Raum-Zeit-Gebilde, als hingen gescheiterte Selbstmörder in den feinen Fallnetzen der Türme von Syllam.
    Die ROTOR-G war das einzige Schiff gewesen, das in diesem feindlichen Kontinuum überhaupt hatte manövrieren können.
    Oder ermöglichte tatsächlich ein geheimnisvolles »Fragment« in Saedelaeres Gesicht das problemlose Manövrieren, wie der Terraner bei ihrem letzten – fatalen – Zusammentreffen behauptet hatte? Pridon hatte Saedelaeres Worten keinen Glauben geschenkt.
    Bis jetzt.
    Hatte Saedelaere sein Raumschiff etwa absichtlich aufgegeben, weil er dank des Leuchtens unter seiner Maske mit jedem beliebigen Flugobjekt die feindliche Sphäre verlassen konnte? Was steckte wirklich darunter? Tatsächlich ein ... Fragment eines fremden Wesens, oder war das nur eine perfide Lüge gewesen?
    War der gefährliche Fremde rechtzeitig aus dem implodierenden Raumschiff geflüchtet? Trieb er in exakt diesem Moment durch die fremde Sphäre auf eines der Andockschotten des Palastes zu?
    Hatte er ihre Basis vielleicht schon erreicht?
    Pridons Finger tanzten über die Bildscheibe. Er aktivierte den stillen Alarm, dann den Palast-Kom. Eine junge Offizierin antwortete ihm. Dunkel glänzende Augen blickten durch die Sehschlitze ihrer mit viel Sorgfalt geformten Maske.
    »Gardeleutnant?«
    Pridon nickte.
    Die Herzogin hatte ihn – noch während er auf dem Wiederbelebungsschragen gelegen hatte

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