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PR2619-Planet der Formatierer

PR2619-Planet der Formatierer

Titel: PR2619-Planet der Formatierer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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nicht gleich. Der eine Augapfel kam in Größe und Farbton einer Orange gleich; möglich, dass sich damit sogar in einer lichtlosen Tiefe noch gut sehen ließ. Das andere Auge war deutlich kleiner. Es zeigte eine herzförmige Pupille und war von einem Kranz Leuchtorganen umgeben.
    Aus dem kreisrunden Mund hing eine lange Raspelzunge mit zahllosen, mineralisch schimmernden Zähnchen, die die Pilzbrocken aufnahmen, umwickelten und in den Schlund zogen. Der gesamte Körper war weich, massig, formbar. Anscheinend besaßen diese Geschöpfe weder ein Innenskelett noch eine stabilisierende Hautpanzerung. Zwischen Kopf und Rumpf wölbte sich ein ringartiges Organ, aus dem neun, zehn, möglicherweise noch mehr muskulöse Arme auswuchsen. Unter der Haut dieser Arme wie auch des Rumpfes zeichnete sich eine ausgeprägte Muskulatur ab, mit deren Einsatz sie alle mechanischen Lebensabläufe durchführten.
    Einige von ihnen manövrierten allein; andere schienen zu zweit oder zu dritt ihre Rümpfe aneinandergeklebt zu haben.
    Sie aßen gemächlich; dann ließen sie sich langsam zurücksinken in ihr Reich.
    Ahnungslose Kreaturen, dachte Routh mit einem Anflug von Neid. Sie werden von keinen Sorgen geplagt.
    Routh gähnte. Er fühlte sich plötzlich leer und erschöpft wie noch nie in seinem Leben.
    Der Sayporaner betrachtete ihn voller Neugier.
    Routh lächelte entschuldigend. »Nicht gut geschlafen. Ich bin immer noch müde.«
    Chourtaird kicherte. »Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist.«
    »Da helfen Uhren«, riet Routh.
    »Ich glaube nicht an Uhren.« Mühselig hob er seinen Kopf und schaute Routh an. »Warum wolltest du mit mir sprechen?«
    Routh verriet es nicht. Stattdessen schilderte er ihm, was er in den Ikonischen Symphonien erlebt hatte. Er überließ es dem Sayporaner, darüber zu grübeln, warum er, Routh, sich derart frei und kritisch über das Verfahren äußern konnte.
    »Ihr nennt es Symphonie. Das klingt beinahe idyllisch. Dabei ist das, was dort geschieht, nichts als eine schäbige Manipulation«, schloss Routh.
    »Oh«, sagte Chourtaird. »Kannst du mir den Unterschied zwischen schäbiger Manipulation und wohlgefälliger Manipulation nennen? Manipulieren eure ur-terranischen Mütter ihre Kinder nicht? Machen sie ihre Kinder nicht vertraut mit ihrer Nähe? Ihrer Sprache? Ihrem Wissen? Was ist alle Erziehung anderes als Manipulation?«
    Routh zuckte abfällig die Achseln. »Irgendeine Sprache müssen sie ja sprechen.«
    »Warum nicht die beste?«, krähte Chourtaird.
    »Die beste?« Routh lachte angriffslustig auf. »Und diese beste aller Sprachen wäre – lass mich raten – Saypadhi? Was für ein schöner Zufall, dass ausgerechnet ihr diese Sprache sprecht, nicht wahr?«
    »Wir sprechen sie nicht nur«, sagte Chourtaird müde. »Wir haben sie schon vor den Großen Epochen und während dieser Epochen linguistisch bewusst weiterentwickelt, bereichert, sie zu einer ausdrucksstarken, schönen Sprache gemacht, die ... Ach, was rede ich«, unterbrach er sich. »Du willst ja nicht verstehen.«
    Sie schwiegen, sie wandten sich den Tieren zu, und sie schwiegen eine Ewigkeit. Irgendwann fragte Routh: »Was ist das für eine Art?«
    »Es sind Enccue«, sagte Chourtaird. »Sie sind nicht heimisch auf Gadomenäa. Und sie werden es nie. In der Natur würden sie nicht überleben.«
    »Hast du es versucht? Einige von ihnen ausgesetzt?«
    Der Alte zerbröckelte wieder einen Pilz. »Die Erbauer der Himmelskanäle haben sie vor Äonen gezüchtet, lange bevor wir sie in ihre Schranken gewiesen haben. Sie sind mit unseren Definitionen von Kultur, Zivilisation und so weiter nicht zurechtgekommen.«
    »Die Erbauer?«, fragte Routh.
    Chourtaird kicherte. »Natürlich. Den Enccue bekommen unsere Grenzziehungen bestens, wie jeder sieht.«
     
    *
     
    Am 2. Oktober 1469 stand Routh, nachdem er bereits lange schlaflos gelegen hatte, in aller Frühe auf. Er trank unmittelbar von der Wand; die Hand brauchte er nicht mehr. Er nahm eine Frucht vom Spender und aß im Gehen.
    Wie immer fand er Chourtaird am Bassin. Der Greis fütterte die Enccue.
    Schläft er nie? dachte Routh. Während Routh näher trat, glaubte er, aus dem Bassin ein leises Geräusch zu hören, eine Art kehliges Zwitschern, artikuliert wie eine Sprache. Konnten das die Enccue sein? Redeten sie etwa mit dem Sayporaner?
    Ohne sich zu ihm umzudrehen, sagte Chourtaird: »Ich sehe dich beunruhigt.«
    Routh nickte stumm. Er sah einige Pilzbrocken aus der Hand des Alten rieseln. Im

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