Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
geübten Händen bei der Herstellung feinsten Origamis zu. Zuerst wird das Schmuckstück in eine kleine schwarze Samtschachtel gelegt, dann kommt das Ganze in einen taubeneiblauen Beutel, dann in eine dazu passende Tiffany-Box, die mit weißem Tiffany-Seidenband verschnürt und schließlich in eine Tiffany-Tüte versenkt wird. Noch nie im Leben hatte ich solch eine schöne Verpackung gesehen. Ich war so überwältigt, dass mir die Stelle aus Der große Gatsby in den Sinn kam, als Daisy schluchzt: »Ich habe noch nie so wunderschöne Hemden gesehen!«
Draußen auf der Straße war mir, als erwachte ich aus einem wundervollen Traum. Außer dass ich lauter taubeneiblaue Tragetüten bei mir hatte und ein heftiges Grauen verspürte, wenn ich an meine nächste Kreditkartenabrechnung dachte.
Erstmals veröffentlicht in Cara , September 2002.
Die unverfälschte Natur
Lassen Sie mich eins gleich zu Anfang klarstellen: Ich bin kein Naturtyp. Würde man mich vor die Wahl stellen, beim Wildwasser-Rafting mitzumachen oder mich lieber von einem tollwütigen Hund beißen zu lassen, würde ich mich höchstwahrscheinlich für das Kreuz im Kästchen »Hund« entscheiden. Meine Gründe? Nummer eins: Ich habe fürchterliche Haare. Vier Sekunden im Regen, schon kräuseln sie sich und plustern sich auf, sodass ich aussehe wie Tingeltangel-Bob. Zweitens bin ich sehr klein (eins zweiundfünfzigeinhalb) und habe seit 1992 keine flachen Schuhe mehr getragen. Infolgedessen sind meine Wadenmuskeln so daran gewöhnt, von Zehnzentimeterabsätzen nach oben gedrückt zu werden, dass sie merklich geschrumpft sind. Inzwischen heben sich meine Zehen automatisch an, wenn ich die Fersen auf den Boden bringe. Drittens bin ich fast lebensbedrohlich faul. Sehen Sie? Kein Naturtyp, ganz und gar nicht. Wie kommt es dann, dass ich zu unchristlich früher Morgenstunde unterwegs bin, in (fast) flachen Stiefeln, einen hoch aufragenden Berg auf der einen und einen atmosphärisch-gespenstischen See auf der anderen Seite, während Hagelkörner wie Kieselsteinchen auf mein Gesicht prasseln und ich – was eindeutig das Seltsamste an der ganzen Sache ist – nicht mal weine?
Ich denke, ein wenig Hintergrundinformation ist hier angebracht …
Es verhält sich folgendermaßen: Ich liebe Wellness-Center. Mehr als das Leben selbst. Ich bin so abhängig von ihnen, dass ich die Fähigkeit, allein zu entspannen, gänzlich verloren habe. Ich liebe auch meinen Ehemann und habe ihn gern immer um mich, ein bisschen wie einen Talisman. Aber mein Gatte – der zufällig ein Mann ist –, mag kein Wellness-Center, sondern fürchtet es und misstraut ihm zutiefst. Wie also kann ich die beiden unter einen Hut bekommen?
Auftritt Delphi Spa and Mountain Adventure Center . Über das Abenteuer-Zentrum wusste ich schon Bescheid: ein höllischer Ort mit lauter machomäßigen, Snickers-mampfenden, haarkräuselnden, kajakartigen Vergnügungen. Ein Ort, an dem junge Männer in grellbunter Regenkleidung herumlungerten und miteinander wetteiferten, wer sich als Erster von irgendwelchen Klippen stürzen durfte. Richtig? Aber über das Spa wusste ich eigentlich nichts – bis es anfing, Preise zu gewinnen. Der Observer nahm es in seine Liste der »Zehn besten Wellness-Center der Welt« auf. Mariella Frostrup, Doyenne der Wellness-Center, beschrieb das Etablissement in der Mail on Sunday als »Spa der Weltklasse«. Hmm, Moment mal – ein Spa der Weltklasse in Irland? Wir Iren sind doch normalerweise für ganz andere Dinge berühmt – Frohsinn, Plaudern, Charme … Aber Wellness? Seit wann denn das?
Na ja, seit gerade eben. Voller Freude und Begeisterung, dass wir endlich die perfekte Kombination gefunden hatten – ich konnte mich von einer Anwendung zur nächsten schleppen, während mein Herzallerliebster dem Tod auf unterschiedliche Art und Weise ins Gesicht blicken durfte –, machten wir uns auf den Weg nach Delphi, im Westen Irlands, in Galway. Oder vielleicht auch in Mayo. Ich habe nie definitiv herausgefunden, zu welchem County Delphi gehört – beide sind scharf darauf, es für sich in Anspruch zu nehmen, denn Delphi ist zweifellos ein Ort, der jeder Grafschaft
zur Ehre gereichen würde. Wie dem auch sei, auf alle Fälle ist es einer der schönsten Plätze der Welt. Je weiter wir nach Westen kamen, desto höher schwangen sich die Berge empor, desto schmaler waren die Straßen und desto wilder die Natur. Silberbäche stürzten über steile Abhänge und schlängelten
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