Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
ohne das kleinste Lächeln mit kläffender Stimme allerlei bissige Fragen. »Hat diese Tagescreme auch einen Sonnenschutzfaktor?« »Wenn das Produkt so toll ist, warum braucht man dazu auch noch ein Serum?« Und absolut unter der Gürtellinie: »Warum sollen wir Tagescreme benutzen, wenn wir auch eine Botox-Spritze kriegen können?«
Und dann, genauso plötzlich, wie er angefangen hatte, war der Traum wieder zu Ende. Ich bekam die Nachricht, dass meine Zeitschrift eingestellt wurde. Sie hatte sich gut verkauft, aber der Besitzer hatte beschlossen, sich zur Abwechslung mal in Immobilienspekulation zu versuchen. Zwanzig Leute verloren ihren Job, und ich war am Boden zerstört. Zwar versuchte ich, die Geschichte aus der richtigen Perspektive zu betrachten – ich war ein verwöhntes Gör und gehörte nicht zu den armen Unglücklichen, die ihren Vollzeitjob verloren hatten –, aber trotzdem. Etwas an der Tatsache, dass der Job so plötzlich, so ohne jede Vorwarnung endete, verursachte bei mir ein ähnliches Gefühl wie eine Nahtoderfahrung. Wir kennen nicht Tag noch Stunde. Deshalb sollten wir jeden Lipgloss nutzen, als wäre es unser letzter.
Natürlich war es eine Frage der Ehre, dass ich mich bei jeder PR-Frau der Beauty-Branche meldete, mit der ich zu tun gehabt hatte, um ihr mitzuteilen, sie solle mich von ihrer Gratisprobenliste streichen. Es brachte mich beinahe um, aber im Vertrauen gesagt hoffte ich, dass meine Ehrlichkeit in Kombination mit dem Mitgefühl für meine Situation alle dazu bringen würde, mich auch weiterhin im Verteiler zu lassen. »Na, hören Sie, was macht ein Gratispäckchen mehr oder weniger schon für einen Unterschied?« Ich hatte gehofft, auf diese Reaktion zu stoßen. Aber nein.
Noch ein paar Tage nach der schrecklichen Neuigkeit kamen weitere wattierte Umschläge mit magischem Inhalt an, wie Briefe von jenseits des Grabes. Sie waren abgeschickt worden, bevor die Nachricht über den Tod der Zeitschrift die Runde gemacht hatte. Doch bald versiegte der Strom vollständig, und nach acht wunderschönen Monaten war es Zeit, mein Leben wieder aufzunehmen.
Bisher unveröffentlicht.
Ich shoppe, also bin ich
Wenn Sie gern einkaufen, gibt es dafür keinen besseren Ort als New York. Dort kriegt man einfach alles. Hier ein paar Highlights von meinem letzten Aufenthalt.
Erste Station: Saks Fifth Avenue
Da sich der Aufzug ganz hinten im Gebäude befand, mussten wir einen Spießrutenlauf durch die Kosmetikabteilung überstehen.
Mein Herzallerliebster warf einen nervösen Blick auf das überintensiv duftende Gedränge – die Horden umherschwirrender Menschen in eleganter Dienstkleidung, die nur darauf warteten, uns mit »Nu« besprühen zu können, die Hauttherapeuten und -therapeutinnen im weißen Kittel, die uns mit ihren Sonderangeboten auflauerten – und machte ein ängstliches Gesicht.
»Augen zu und durch!«, empfahl ich. »Was du auch tust, nimm auf keinen Fall Blickkontakt auf.«
Ich stürzte mich ins Gewühl, mein Herzallerliebster heftete sich an meine Fersen. »Zieh den Kopf ein, zieh den Kopf ein!«, zischte ich, aber ich konnte das Unvermeidliche nicht verhindern. »Herr des Himmels! Es hat mich erwischt«, jaulte er.
»Ist es sehr schlimm?«, fragte ich.
Er beschnüffelte sich. »Paul Smith für Damen. Hätte schlimmer kommen können.«
Wir arbeiteten uns weiter vor, umtost von einer Kakophonie verführerischer Stimmen. Hallo, junge Frau, wollen Sie unsere neuen Frühlingsfarben ausprobieren? Hierher, hierher! Bei einem Einkauf über 75 Dollar bekommen Sie einen Lippenstift gratis! Achten Sie nicht auf die da drüben, wie wär’s mit uns, gerade sind unsere niedlichen Reisesets eingetroffen. Aber wir präsentieren unseren neuen Concealer, der wird Ihr LEBEN verändern …
Schließlich erreichten wir die Aufzüge. »Lieber Gott«, seufzte mein Herzallerliebster und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Hier geht’s ja zu wie auf einem marokkanischen Bazar.«
Wie ich bei Miu Miu rausgeschmissen wurde
Es gibt viele todschicke Läden in New York, aber die Angestellten sind oft gar nicht nett. Jedenfalls nicht zu mir. Eine Stammkundin gab mir den Tipp, immer ein grimmiges, gelangweiltes Gesicht zu machen, hoch erhobenen Hauptes dahinzuschweben, keinerlei positive Emotionen zu zeigen und sich vor allem und um keinen Preis lächerlich zu machen.
Mit meinem Herzallerliebsten, meiner Schwester und meiner Freundin im Schlepptau betrat ich Miu Miu, wo mein Blick
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