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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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bloß der Postbote auf dem Fahrrad war, aber die ganze Sache war so aufregend, dass sie schon mythische Dimensionen annahm.)
    Mein Herzallerliebster öffnete die Tür, und als Nächstes überreichte er mir einen dicken wattierten Umschlag. Mit zitternden Händen riss ich ihn auf, kippte den Inhalt auf mein Bett und hätte mich dabei fast übergeben, so aufgewühlt war ich. Man hatte mir die neueste Nachtcreme geschickt – teuer und einfach toll –, aber der eigentliche Knüller war eine Auswahl von Kosmetikprodukten der kommenden Herbstkollektion. Rouge, ein Lidschattenquartett, ein Lippenstift, ein Fläschchen Nagellack, und das Beste: ein neuer Farbton Juicy Tube. Niemals werde ich das vergessen!
    Ich überredete meinen Herzallerliebsten, mit mir »Lancôme Lady« zu spielen. Einmal war er der Kunde, der in den Laden kam, um sich nach den neuen Farben der Saison zu erkundigen, und ich die Lancôme Lady, die ihm alles vorführte. Dann übernahm ich die Rolle der Kundin und er die der Verkäuferin hinter dem Ladentisch. So verbrachten wir viele glückliche Stunden. Allerdings musste ich ihn nach einer Weile zum Mitmachen zwingen, denn er bettelte förmlich darum aufhören zu dürfen.
    Später kam meine Schwester, um an unserer Freude teilzuhaben, aber als sie die Juicy Tube sah, wurde die Lage schlagartig kritisch.
Vor allem, als sie entdeckte, dass der Farbton erst in sechs Wochen in die Geschäfte kommen würde. »Ich kauf ihn dir ab«, bot sie an. Aber kein Geld der Welt hätte mich dazu bringen können, mich von meiner Juicy Tube zu trennen. »Zwing mich nicht dazu, sie stehlen zu müssen«, sagte meine Schwester leise und drohend. Schließlich schrieb ich der Frau bei Lancôme eine Mail, in der ich ihr die ganze traurige Sachlage erklärte – und raten Sie, was passierte. Sie schickte mir noch eine Probe!
    Zwei Tage später traf der Clinique-Lieferwagen ein, beladen mit wahren Wundern – mehrere Lippenstifte, eine Allwetter-Gesichtscreme, und nicht bloß eine, sondern zwei verschiedene Sorten Make-up. Kurz darauf tauchte der Lieferwagen von Yves Saint Laurent auf und lieferte (so schien es mir) den größten Teil der Herbstkollektion für mich zum Ausprobieren.
    Es fühlte sich an wie Verliebtsein, mir war schwindlig, ich kicherte ständig und konnte an nichts anderes mehr denken als an meine kostenlosen Kosmetikproben. Ich arrangierte sie in einem kleinen Korb neben meinem Bett, damit ich sie morgens beim Aufwachen gleich als Erstes sah. Als ich meinen Herzallerliebsten nicht mehr dazu überreden konnte, die Lancôme Lady zu spielen (oder die Clinique-Lady oder die YSL-Lady), amüsierte ich mich eben allein. Manchmal baute ich die Sachen nach Markennamen auf, manchmal nach Körperpartien (alle Lippenprodukte auf ein Häufchen, Gesichtspflege auf ein anderes etc.).
    Jeden Donnerstag gehen mein Herzallerliebster und ich zu meinen Eltern zum Abendessen, und an diesem Donnerstag sammelte ich all meine Proben ein, nahm sie mit und schüttete sie auf dem Küchentisch aus, damit jeder sie bewundern konnte. Aber meine Mutter reagierte nicht hingerissen, sondern besorgt: Da musste es doch irgendeinen Haken geben! Später kam Dad herein, entdeckte die Preisliste und begann den Wert all dessen zusammenzuzählen,
was ich kostenlos bekommen hatte. (Einmal Buchhalter, immer Buchhalter.) Als er alles ordentlich addiert hatte – die Summe belief sich auf über dreihundert Euro –, wollte er seinen eigenen Rechenkünsten kaum glauben. »Das ist schlicht und einfach horrend«, so verkündete er.
    Die Zeitschrift erschien alle vierzehn Tage, und ich begann fieberhaft meine Kolumnen zu planen. Erst Wochen, dann Monate im Voraus. Für Herbst und Winter hatte ich hochfliegende Visionen für folgende Kolumnen: Neue Farben für die Lippen, neue Farben für die Augen, intensive Hautpflege für den Winter, Winterhände, dann, wenn Weihnachten nahte, einen Artikel zum Thema: »Wie schaffe ich es auszusehen, als hätte ich keinen Kater?«, ein Special für Party-Make-up, einen Geschenke-Guide und zum Jahresende schließlich eine Liste mit den dreißig besten Kosmetikprodukten aller Zeiten! Im Januar würden wir natürlich mit einem Entgiftungsbeitrag loslegen, uns danach auf hübsche Sachen zum Valentinstag konzentrieren, und bald war es dann schon wieder Zeit für die neuen Frühlingsfarben … Das alles hatte ich schon im September fix und fertig ausgeklügelt.
    Auf meinem Schreibtisch stapelten sich ungeschriebene Romane,

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