Priester des Blutes
Die
Schlange kann ihr eigenes Gift trinken. Du wirst den Schleier spüren, aber du wirst ihn nicht sehen. Habe keine Angst. Trinke von mir.«
Er widersetzte sich mir, aber nur ein wenig. Ich hatte ein Gefühl, als wäre ich eine Mutter, die einen Säugling dazu veranlasste, an der Brust zu saugen. Ich brachte seine Lippen an meine Kehle, indem ich einen sanften Druck auf seinen Hinterkopf ausübte. Da spürte ich, wie seine Zähne gegen meine Haut kratzten.
»Tu es«, forderte ich ihn auf. »Tue es jetzt, so wie ich es dir sage. Zögere nicht.« Ich drängte seinen Mund so nah an meinen Hals heran, dass ich wusste, er war nun in der Lage, den Duft des Blutes unter meiner Haut zu riechen und sein Pulsieren wahr zunehmen. »In meinen Adern fließt nicht das Blut der Toten, sondern das Gift des ewigen Lebens. Ich bin hier, wie es der Priester prophezeite, um unserer Art zu ihrem früheren Ruhm zu verhelfen. Dann wird es wieder so sein, wie es vor den Kriegen der Götter in alter Zeit war, bevor der Alchimist und die Python die Alten des Stammes verrieten. Damals bewahrten wir die Welt des Menschen vor den gierigen Göttern, als Gegenleistung für die Möglichkeit, aus dem Gefäß seines Fleisches zu trinken. Trinke von mir und lebe. Und gewinne deine Stärke zurück. Wenn du dir dann mein Blut einverleibt hast, so kann ich ebenfalls trinken.«
»Unsere Geschwister … die anderen …«, flüsterte er meiner Kehle zu. »Sie werden verbrennen, wenn ich trinke. Und auch wir werden verbrennen.«
»Wenn du aber von mir trinkst, so können nicht einmal tausend Menschen oder tausend Sonnen uns verbrennen«, entgegnete ich. »Ich habe einen Schmelzofen betreten und bin unversehrt wieder herausgekommen. Ich habe die uralte Prophezeiung erfüllt. Ich bin der Maz-Sherah. Ich bin der Eine. Trinke jetzt, Ewen, oder du wirst nicht länger existieren.«
Meine Handfläche wurde heiß, als ich meine Hand in sein Genick schob und seinen Hinterkopf so hart gegen mich presste, dass seine Lippen auf meiner Kehle zu liegen kamen. Ich fühlte seine pulsierende Erregung. Seine Lippen teilten sich. Ich spürte, wie sich seine Zähne in der freudigen Erwartung, in meine Haut einzudringen, in messerscharfe Spitzen verwandelten.
Er schlug seine Zähne in mein Fleisch. Ich spürte den grausamen Schmerz, den ich seit vielen Jahren nicht mehr erlebt hatte - den Schmerz, mich einem anderen zu öffnen. Mein Blut sprudelte Ewen über die Zunge. Er war so durstig, dass er saugende Geräusche machte, als er den Kelch leerte.
Ich erduldete den Schmerz. Als er mich durchdrang, verwandelte er sich in einen Genuss, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Ich legte mich auf den Rücken, und Ewen kauerte über mir und behielt die Lippen auf der Wunde. Ich spürte seine Schenkel um meine Taille und roch seinen zarten Duft, so wie ich ihn nie zuvor empfunden hatte. So kam eine Schwäche über mich, doch meine Sinnenlust wurde nur noch größer.
Schließlich zog ich ihn an seinem vollen Haar zurück - und er stöhnte auf. Sein Leib erbebte gegen den meinen. Ich spürte die Erregung des Fleisches, als er mit seinem gesamten Gewicht auf meine Brust fiel. Er knirschte mit seinen Reißzähnen und versuchte noch einmal zu der Blutlache an meiner Kehle zu gelangen, die bis zu meiner Brust hinunterreichte, aber ich stieß ihn mit letzter Kraft zurück. Ich sah, wie um ihn herum eine Art Glorienschein aus purpurrotem Licht aufleuchtete, da ihm das Leben unserer Art eingehaucht worden war.
Ich vertraute darauf, dass dies nicht unser Ende sein würde, denn ich spürte, wie die Prophezeiung in meinem Inneren lebte.
Alles in Einem.
Durstig suchte ich nach Ewens Kehle und leckte mein eigenes
Blut von seinem Kinn und seinen Lippen. Dann kehrte ich zu seinem Nacken zurück und schlug meine Reißzähne hinein. Als wir miteinander verschmolzen, spürte ich die Verbindung zwischen uns, die wir niemals verlieren würden.
Wir waren eins. Wir waren Alles.
Alles in Einem, vernahm ich die Stimme des Priesters in meinem Kopf, des Großvaters aller Großväter, des Magiers unserer Art, des uralten Priesterkönigs vom Stamm der Auferstandenen.
Alles in Einem.
Die Quelle liegt in dem Gift, das du von der Schlange getrunken hast. Das Blut der Medhya ist ein Fluch in uns, doch das Gift der Schlange ist unser Segen. Du bist der Maz-Sherah, Geheiligter der Schlange, der Nahhashim und der Kamr, die dem Gift dienen.
Ich keuchte auf, verschluckte mich an Ewens Blut und ließ ihn
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