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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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konnten sie, aber keiner von ihnen war imstande, ihn ins Gespräch zu ziehen. Nach einiger Zeit hatte die fortschreitende Wortklauberei den Gipfelpunkt der Langweile erreicht und Lord Galloway erhob sich und suchte den Salon auf. Sechs bis acht Minuten verlor er in den langen Gängen seinen Weg, bis er die hochgestimmte, dozierende Stimme des Doktors und dann die langsame des Priesters gefolgt von allgemeinem Gelächter hörte. Aber im Augenblicke, da er die Salontüre öffnete, sah er nur eines – er sah was nicht dort war. Er sah, daß Hauptmann O'Brien fehlte und daß auch Lady Margaret nicht da war.
    Ungeduldig, wie er das Speisezimmer verlassen hatte, den Rauchsalon verlassend, stampfte er nochmals den Gang entlang. Sein Bestreben, seine Tochter vor dem irisch-algerischen Tunichtgut zu beschützen, war etwas wie der Mittelpunkt seines Geistes, eine nahezu fixe, verrückte Idee geworden. Als er der Rückseite des Hauses zuschritt, wo Valentins Arbeitszimmer lag, war er überrascht, seine Tochter zu treffen, welche mit blassem, achtlosem Gesichte vorüberschoß, was ein zweites Rätsel darstellte. Wenn sie mit O'Brien zusammen war, wo war O'Brien? Wenn sie mit O'Brien nicht zusammengewesen war, wo war sie gewesen? Mit dem dem Alter eigenen leidenschaftlichen Verdachte strebte er vorwärts dem hinteren, dunklen Teile des Hauses zu und traf zufällig auf eine Dienstbotentüre, welche auf den Garten hinausführte. Der Mond hatte jetzt mit seiner Sichel die ganzen Reste des Sturmes zerrissen und vor sich hergewälzt. Sein Silberlicht erhellte alle vier Winkel des Gartens. Eine hohe Gestalt in Blau schritt über den Rasen der Türe des Arbeitszimmers zu und ein Schimmer des Mondlichtes auf ihrem Umrisse ließ sie als den Hauptmann O'Brien erkennen.
    Er verschwand durch die französische Glastüre in das Haus und ließ Lord Galloway in einer ganz unbeschreiblichen Geistesverfassung, giftig und zugleich unentschlossen. Der Garten, der in seinem Blau und Silber wie die Bühne eines Theaters erschien, schien ihn zu verhöhnen mit all jener aufdringlichen Zartheit, gegen die seine weltliche Überlegenheit vergebens anzukämpfen suchte. Die Länge und Eleganz der Schritte des Irländers versetzten ihn auch in Zorn, als wäre er nicht der Vater, sondern der Nebenbuhler, und das Mondlicht machte ihn vollends rasend. Wie in einer Watteauschen Märchenlandschaft fühlte er sich von dem Zauber eines Troubadourgartens gefangen, und entschlossen, sich solch verliebten Verrücktheiten durch Unterhaltung zu entziehen, lief er hinter seinem Feinde drein. Er strauchelte dabei über eine Wurzel oder einen Stein im Grase. Er blickte zu Boden, zuerst ärgerlich, dann ein zweites Mal neugierig. Im nächsten Augenblick schien der Mond und sahen die hohen Pappeln auf etwas ganz Außergewöhnliches hernieder – auf einen ältlichen englischen Diplomaten, der davonsprang und dabei schrie oder brüllte.
    Seine heiseren Schreie riefen ein bleiches Gesicht in die Türe des Studierzimmers, die blitzende Brille und die hochgezogenen Brauen Dr. Simons, der des Edelmannes erste klare Worte vernahm. Lord Galloway schrie:
    »Eine Leiche im Grase, eine blutige Leiche!«
    An O'Brien dachte er gar nicht mehr.
    »Wir müssen sofort Valentin davon verständigen,« meinte der Doktor, als der andere in abgerissenen Worten alles beschrieb, was er zu erkennen gewagt hatte. »Ein Glück, daß er hier ist!« und eben als er sprach, trat der große Detektiv ins Studierzimmer, herbeigerufen durch den Schrei. Es war beinahe amüsant, seine typische Veränderung zu beobachten. Er war eingetreten mit der gewöhnlichen Unruhe des Gastgebers und Gentlemans, welcher fürchtet, daß einer seiner Gäste oder Dienstboten erkrankt ist. Als er jedoch die blutige Tatsache erfuhr, wurde er bei all seinem feierlichen Ernste plötzlich munter und geschäftsmäßig, denn, so unerwartet und gräßlich es sein mochte, es war sein Beruf.
    »Seltsam, meine Herren,« sagte er, als sie in den Garten hinauseilten, »daß ich Geheimnisse um die Erde herum verfolgt haben sollte und nun kommt eines und nistet sich in meinem eigenen Garten ein. Wo ist der Ort?«
    Sie überquerten den Rasen mit etwas weniger Zuversicht, da ein leichter Dunst vom Flusse sich zu erheben begonnen hatte, doch unter der Führung des verstörten Galloway fanden sie den in das tiefe Gras gesunkenen Körper, den Körper eines sehr großen und breitschulterigen Mannes. Er lag mit dem Gesichte nach unten, so daß man

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