Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
Sie von mir?« fragte er.
    »Bitte, setzen Sie sich,« lud Valentin in glattem Tone ein. »Wie, Sie tragen Ihren Säbel nicht? Wo ist er?«
    »Ich ließ ihn auf dem Tische in der Bibliothek,« erwiderte O'Brien, bei seiner aufgeregten Stimmung sich in seinen irischen Dialekt verlierend. »Er war mir lästig, er war so –«
    »Iwan,« befahl Valentin, »bitte, geh und hole des Hauptmanns Schwert aus der Bibliothek,« und dann, während der Diener verschwand: »Lord Galloway sagt, er sah Sie den Garten verlassen, gerade bevor er die Leiche fand, was machten Sie im Garten?«
    Der Hauptmann warf sich sorglos in einen Stuhl.
    »O, mein Junge,« rief er in reinem Irisch, »den Mond bewundern, mich mit der Natur unterhalten.«
    Ein dumpfes Schweigen trat ein und verweilte, und endlich kam von neuem jenes schwache und schreckliche Klopfen. Iwan erschien wieder und trug eine leere Säbelscheide.
    »Das ist alles, was ich finden kann,« bemerkte er.
    »Leg es auf den Tisch,« befahl Valentin, ohne aufzublicken.
    Ein Schwelgen erfüllte den Raum gleich jenem Meere unendlichen Schweigens rings um die Anklagebank des verurteilten Mörders. Die schwachen Ausrufe der Herzogin waren längst verklungen und Lord Galloways geschwollener Haß war befriedigt und sogar ernüchtert. Die Stimme, die sich erhob, kam somit ganz unerwartet.
    »Ich glaube, ich kann Ihnen sagen,« fiel Lady Margaret mit jener klaren, zitternden Stimme ein, mit der eine mutige Frau öffentlich spricht, »ich kann Ihnen sagen, was Mr. O'Brien im Garten machte, nachdem er selbst zum Schweigen gezwungen ist. Er machte mir einen Heiratsantrag. Ich lehnte ab; ich sagte ihm, unter meinen familiären Verhältnissen könne ich ihm nichts als Achtung entgegenbringen. Er war darüber ein wenig ärgerlich; er schien nicht viel auf meine Achtung zu geben. Ich bezweifle,« fügte sie mit kaum merklichem Lächeln hinzu, »ob ihm jetzt überhaupt noch etwas daran liegt. Denn ich biete sie ihm jetzt an. Ich will überall beschwören, daß er nie etwas Derartiges begangen hat.«
    Lord Galloway war zu seiner Tochter hinübergesteuert und suchte sie mit etwas, was er für Flüstern halten mochte, einzuschüchtern.
    »Halte deinen Mund, Maggie,« sagte er, »weshalb solltest du den Burschen decken? Wo ist sein Säbel? Wo ist sein verdammter Kavallerie – –«
    Er hielt inne, zurückgehalten durch den sonderbaren Blick, mit dem seine Tochter ihn betrachtete, einen Blick, der in der Tat eine geisterhafte Anziehungskraft für die ganze Gruppe besaß.
    »Du alter Tor!« sagte sie mit leiser Stimme, ohne sich um irgendwelche Rücksichtnahme zu bekümmern, »was glaubst du denn beweisen zu können? Ich sagte dir, dieser Mann war unschuldig, solange er bei mir war. Aber wenn er nicht unschuldig war, so war er doch bei mir. Wenn er einen Mann im Garten ermordete, wer war es, der es gesehen haben mußte? Wer mußte zum mindesten darum gewußt haben? Ist dein Haß gegen Neil so groß, daß du deine eigene Tochter –?«.
    Lady Galloway kreischte auf. Jedermann saß in Gruseln bei dem Gedanken an jene teuflischen Tragödien, die einst zwischen Liebenden sich abgespielt haben. Sie sahen das stolze, weiße Gesicht der schottischen Aristokratin und ihres Verehrers, des irischen Abenteurers, gleich alten Ahnenbildern in einem düsteren Hause. Das lange Schweigen war voll von formlosen, geschichtlichen Erinnerungen an ermordete Ehemänner und vergiftete Buhlerinnen.
    Inmitten dieser krankhaften Stille fragte eine unschuldige Stimme:
    »War es eine sehr lange Zigarre?«
    Der Gegensatz der Gedanken war ein so scharfer, daß sich alles nach dem Sprecher umzublicken gezwungen sah.
    »Ich meine,« sagte der kleine Father Brown aus der Zimmerecke, »ich meine jene Zigarre, welche Brayne beendet. Sie scheint beinahe so lange wie ein Spazierstock.«
    Trotz der Belanglosigkeit der Frage sprachen Zustimmung sowohl als Verwirrung aus Valentins Gesicht, als er den Kopf erhob.
    »Ganz richtig,« bemerkte er schroff. »Iwan, geh und sieh nochmals nach Mr. Brayne und bring' ihn sofort hierher.«
    In dem Augenblicke, als das Faktotum die Türe geschlossen hatte, wandte sich Valentin mit einem ganz neuen Ernste an die junge Dame.
    »Lady Margaret,« sagte er, »ich bin sicher, wir alle fühlen Dankbarkeit sowohl wie Bewunderung für Ihre Tat, daß Sie ohne Rücksicht auf sich selbst des Hauptmanns Gebaren aufklärten. Aber noch bleibt eine Tücke. Lord Galloway traf Sie, wenn ich mich entsinne, als Sie aus dem

Weitere Kostenlose Bücher