Priester und Detektiv
Fünfpfennigwecken und eine kleine Tasse schwarzen Kaffee.« Knapp ehe das Mädchen sich noch umwandte, fügte er hinzu, »auch wünsche ich Sie zu heiraten.«
Das junge Ladenmädchen wurde plötzlich steif: »Derartige Scherze verbitte ich mir!«
Der rothaarige Jüngling richtete seine grauen Augen mit unerwartetem Ernste auf sie. »Wirklich und wahrhaftig,« sagte er, »es ist mir ernst, – so ernst wie mit dem Fünfpfennigwecken. Es kostet, so wie der Wecken, man muß dafür bezahlen. Es ist unverdaulich wie der Wecken, es schmerzt.«
Das brünette Fräulein hatte die dunklen Augen nicht eine Sekunde von ihm gewandt, sie schien ihn vielmehr mit fast tragischer Genauigkeit zu beobachten. Am Ende ihrer Beobachtung angelangt, überflog sie etwas wie ein Schatten eines Lächelns und sie ließ sich auf einen Stuhl nieder.
»Meinen Sie nicht,« bemerkte Angus geistesabwesend, »daß es eigentlich grausam ist, diese Fünfpfennigwecken zu essen? Wenn man sie wachsen läßt, könnten Zehnpfennigwecken daraus werden. Ich werde diesen brutalen Sport aufgeben, wenn wir verheiratet sind.«
Das brünette Fräulein erhob sich und schritt ans Fenster, sichtlich mit tiefem doch nicht mitgefühllosem Nachdenken beschäftigt. Als sie sich endlich mit entschlossener Miene wieder umwandte, bemerkte sie hocherstaunt, daß der junge Mann verschiedene Sachen aus dem Schaufenster nahm und sorgfältig auf einen Tisch verteilte. Darunter befand sich die Pyramide von buntfarbigen Süßigkeiten, mehrere Teller Sandwiches, und die beiden Karaffen mit dem geheimnisvollen Portwein und Sherry, die jeder englischen Konditorei eigen sind. In die Mitte dieser zierlichen Aufmachung hatte er sorgfältig den riesigen weißen verzuckerten Kuchen gestellt, der das größte Zierstück des Fensters gewesen war. »Was in aller Welt tun Sie denn?« fragte sie.
»Meine Pflicht, meine liebe Laura,« begann er.
»O, um's Himmels willen, hören Sie endlich auf, mit mir so zu reden,« rief sie. »Ich meine, was soll denn all das bedeuten?«
»Ein Hochzeitsmahl, Miß Hope.«
»Und was ist das?« fragte sie ungeduldig, auf den Riesenzuckerberg deutend.
»Der Hochzeitskuchen, Frau Angus,« erwiderte er.
Das brünette Fräulein trat auf diesen Gegenstand zu, hob ihn ziemlich geräuschvoll auf und stellte ihn wieder in das Schaufenster: dann kehrte sie zurück, stützte ihre zierlichen Ellenbogen auf den Tisch und blickte den jungen Mann zwar nicht ungnädig, aber doch ziemlich gereizt an.
»Sie lassen mir gar keine Zeit zum Überlegen,« begann sie.
»Solch ein Narr bin ich nicht,« antwortete er, »das ist so meine christliche Demut.«
Ihre Augen waren noch auf ihn gerichtet, doch ihr Lächeln hatte tiefen Ernst angenommen.
»Mr. Angus,« sagte sie fest, »bevor Sie noch eine Silbe mit diesem Unsinn fortfahren, muß ich Ihnen, so kurz ich kann, etwas sagen, was mich betrifft.«
»Sehr angenehm,« erwiderte Angus ernst. »Sie könnten mir dann auch gleich etwas sagen, was mich selbst betrifft, da Sie schon daran sind.«
»O, halten Sie den Mund und hören Sie,« verwies sie. »Es ist nichts, dessen ich mich schäme, nicht einmal etwas, was mir besonders leid tut. Doch was würden Sie dazu sagen, wenn es etwas wäre, was mich nichts angeht und mich dennoch wie ein böser Geist verfolgt?«
»In diesem Falle,« versetzte der junge Mann ernst, »würde ich vorschlagen, den Kuchen wieder zurückzubringen.«
»Nun, sie müssen die Geschichte erst anhören,« bestand Laura. »In erster Linie muß ich Ihnen sagen, daß mein Vater das Gasthaus ›Zum Goldfisch‹ in Ludbury besaß, und ich pflegte im Bar die Leute zu bedienen.«
»Ich habe mich oft gewundert,« warf er ein, »woher diese Konditorei einen gewissen christlichen Anstrich hatte.«
»Ludbury ist ein verschlafenes, grasreiches, kleines Nest in den Ostprovinzen, und die einzige Sorte von Leuten, welche in den ›Goldfisch‹ kamen, waren gelegentliche Handlungsreisende oder sonst die schrecklichste Gesellschaft, die Ihnen vor Augen kommen kann, Ihnen aber nie unter die Augen kam. Ich meine, unbedeutende, umherlungernde Leute, die gerade noch genug zum Leben und nichts weiter zu tun hatten, als sich in Wirtshäusern herumzudrücken, auf Pferde zu wetten, in schäbigen Kleidern, die für sie aber immer noch viel zu gut waren, herumzulaufen. Aber diese verkommenen jungen Nichtsnutze sah man nicht allzuoft in unserem Hause. Zwei derselben waren ganz besonders gemeine Subjekte, gemein in jeder
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