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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Beziehung. Beide lebten von ihrem eigenen Gelde und waren zum Ekel faul und geckenhaft. Und dennoch taten sie mir ein wenig leid, denn ich glaube fast, sie schlichen sich in unsere kleine leere Schankstube, weil jeder von ihnen etwas verunstaltet war, von der Art, wie dumme Jungen sie auslachen. Sie waren nicht gerade, verunstaltet, sondern eher sonderbar. Der eine war auffallend klein, etwa wie ein Zwerg oder jedenfalls wie ein Jockey; er besaß einen runden schwarzen Kopf, einen wohlgepflegten schwarzen Bart, Augen lebhaft wie ein Vogel, klimperte mit dem Geld in seinen Taschen oder mit seiner dicken goldenen Uhrkette und nie sah man ihn anders als allzu fein gekleidet, um wirklich für fein gekleidet gelten zu können. Trotzdem war er kein Dummkopf, aber doch ein unnützer Müßiggänger. Er war merkwürdig geschickt in allerlei völlig nutzlosen Dingen, etwas wie ein Gelegenheitszauberer. Aus fünfzehn sich gegenseitig entzündenden Zündhölzern wußte er ein regelrechtes Feuerwerk herzustellen oder aus einer Banane oder anderem Derartigen eine tanzende Puppe zu schneiden. Er hieß Isidor Smythe, und ich sehe ihn noch vor mir, mit seinem kleinen dunklen Gesichte, wie er an den Schanktisch trat und aus fünf Zigarren ein hüpfendes Känguruh machte.
    »Der andere Bursche war ruhiger und von gewöhnlicherer Art, aber dennoch ängstigte er mich viel mehr als der arme kleine Smythe. Er war sehr groß und schlank, hatte lichtes Haar, einen hohen Nasenrücken und hätte ein ganz schönes Gespenst darstellen können, aber er schielte in einer so auffallenden Weise, wie ich es nie zuvor gesehen oder gehört hatte. Wenn er einen gerade ansah, wußte man nie, wo man war, geschweige denn, wo er hinblickte. Ich glaube, dieses entstellte Äußere verbitterte den armen Kerl ein wenig, denn während Smythe bereit war, seine Kunststückchen überall zu zeigen, tat James Welkin (so hieß der Schielende) niemals mehr, als in unserer Schankstube hocken oder auf dem ebenen grauen Lande ringsum lange und einsame Spaziergange machen. Immerhin, ich glaube, Smythe empfand es einigermaßen, so klein zu sein, obwohl er es geschickt zu verbergen wußte. Und so kam es, daß ich wirklich verwirrt und erschrocken zugleich und sehr verärgert war, als beide in ein und derselben Woche mir einen Heiratsantrag machten.
    »Nun, ich tat, was mir seitdem wohl als eine Torheit erschien. Doch waren diese Sonderlinge immerhin in gewissem Sinne meine Freunde, und ich schreckte davor zurück, sie könnten auf den wahren Grund meiner Absage kommen, nämlich, daß sie für mich, von einem geradezu unmöglichen Äußeren waren. So schützte ich vor, ich würde niemals einen Mann heiraten, der sich nicht selbst seinen Weg in der Welt gebahnt hat. Ich sagte, es sei mein grundsätzlicher Standpunkt, nicht von Geld leben zu wollen, das wie das ihrige nur ererbt war. Zwei Tage darauf, nachdem ich mich in dieser wohlgemeinten Weise ausgesprochen hatte, begann das ganze Unheil. Das erste, was ich hörte, war, daß beide fortgegangen waren, ihr Glück zu machen, als handelte es sich um ein albernes Märchen.
    Zeit jenem Tage habe ich keinen von ihnen mehr zu sehen bekommen. Nur von dem kleinen Manne, namens Smythe, erhielt ich zwei Briefe, die mich wirklich etwas aufregten.«
    »Und von dem anderen haben Sie nichts mehr gehört?« warf Angus dazwischen.
    »Nein, er hat nie geschrieben,« fuhr das Mädchen nach einer Sekunde Zögerns fort. »Smythes erster Brief besagte nur, er habe sich mit Welkin auf den Weg nach London gemacht, aber der war so gut zu Fuß, daß der kleine Mann zurückblieb und sich am Straßenrande etwas ausruhte. Zufällig vorbeikommende Zirkusleute nahmen ihn auf, und einesteils weil er ein halber Zwerg, anderenteils ein wirklich geschicktes Kerlchen war, kam er in dieser Laufbahn ganz gut voran, wurde am Aquarium angestellt, wo er einige Kunststücke vollführte, deren ich mich nicht mehr recht entsinne. Das war sein erster Brief. Sein zweiter war viel aufregender und ich erhielt ihn erst vorige Woche.«
    Der Mann namens Angus leerte seine Kaffeetasse und sah sein Gegenüber mit sanften und geduldigen Augen an, als sie von neuem begann.
    »Sie haben wohl an den Bretterzäunen genug über ›Smythes Stumme Diener‹ gelesen? Jedenfalls, Sie wären sonst der einzige Mensch, der nichts davon wüßte. Na, ich verstehe nicht viel davon, aber es ist eine Erfindung wie ein Uhrwerk, das alle Hausarbeit mechanisch verrichtet. Sie kennen ja diese

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