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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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wies mit seinem polierten Spazierstocke nach dem kurz vorher durch Mr. Angus zu seinen Hochzeitsvorbereitungen geleerten Fenster, und dieser Herr staunte nicht wenig, auf der Scheibe einen langen Papierstreifen aufgeklebt zu sehen, der vorhin, als er eine Weile früher hinausgesehen hatte, ganz sicher noch nicht dort gewesen war. Indem er dem tatkräftigen Smythe auf die Straße hinaus folgte, fand er, daß ein ungefähr anderthalb Meter langer gummierter Briefmarkenpapierstreifen sorgfältig auf die Außenfläche der Scheibe geklebt war, worauf in ungelenken Buchstaben stand: »Wenn Sie Smythe heiraten, wird er sterben«.
    »Laura,« rief Angus und steckte seinen dicken roten Kopf zur Ladentüre hinein, »Sie sind nicht verrückt!«
    »Es ist die Schrift jenes Burschen Welkin,« erklärte Smythe barsch. »Seit Jahren habe ich ihn nicht gesehen, aber immerfort tritt er mir in den Weg. Fünfmal hat er in den letzten vierzehn Tagen Drohbriefe in meiner Wohnung hinterlassen, und ich kann nicht einmal herausbekommen, wer sie abgibt, geschweige denn, ob es gerade Welkin selbst war. Der Portier schwört, daß keine verdächtigen Gestalten gesehen wurden, und hier klebt jemand auf ein öffentliches Schaufenster anderthalb Meter Papier auf, während, die Leute im Laden –«
    »Sehr richtig,« warf Angus bescheiden ein. »während die Leute im Laden Tee tranken. Gewiß, mein Herr, ich kann Ihnen versichern, ich schätze Ihre gesunden Sinne, daß sie so direkt sich mit der Sache beschäftigen. Über andere Dinge können wir später reden. Der Bursche kann noch nicht weit fort sein, denn ich schwöre, es war kein Papier da, als ich vor zehn oder fünfzehn Minuten zuletzt ans Fenster ging. Andererseits ist er schon zu weit fort, als daß man ihm nachjagen könnte, da wir nicht einmal die Richtung kennen. Wenn Sie meinen Rat annehmen wollen, Mr. Smythe, legen Sie dies sofort in die Hände eines tüchtigen Geheimpolizisten, eher eines privaten, als eines amtlichen. Ich kenne einen äußerst geriebenen Burschen, der sein Geschäft gleich hier in der Nähe aufgeschlagen hat, fünf Minuten mit Ihrem Auto. Sein Name ist Flambeau, und wenn er auch eine ein bißchen stürmische Jugend hinter sich hat, ist er doch ein durchaus ehrenwerter Mann und sein Verstand ist Goldes wert. Er wohnt in Lucknow Mansions, Hampstead.«
    »Sonderbar,« versetzte der kleine Mann, seine Augenbrauen hochziehend. »Ich selbst wohne in Himalaja Mansions, gerade um die Ecke, vielleicht möchten Sie mitkommen; ich kann inzwischen nach meiner Wohnung gehen und diese merkwürdigen Welkinschriftstücke heraussuchen, während Sie weitergehen und Ihren Freund, den Detektiv, holen.«
    »Sehr liebenswürdig,« bedankte sich Angus höflich. »Also vorwärts, je eher wir handeln, desto besser.«
    Mit einer eigenartigen, erzwungenen Unbefangenheit verabschiedeten sich beide in gleich förmlicher Weise von dem Fräulein und sprangen mitsammen in den flinken, kleinen Wagen. Als Smythe das Steuer ergriff und sie um die Straßenecke bogen, belustigte es Angus nicht wenig, ein riesengroßes Plakat von »Smythes Stumme Diener« vor sich zu sehen, mit der Abbildung einer mächtigen eisernen Figur, einen Tiegel mit der Aufschrift »Eine Köchin, die nie mürrisch ist« tragend.
    »Ich verwende sie in meiner eigenen Wohnung,« sagte lachend das schwarzbärtige Herrchen, »teils als Reklame, teils zu meiner wirklichen Bequemlichkeit. Offen gestanden und ganz aufrichtig gesagt, bringen Ihnen diese großen mechanischen Puppen Kohlen oder Rotwein oder einen Fahrplan schneller als irgendein anderer Dienstbote, den ich je kannte, man muß nur wissen, auf welchen Knopf zu drücken. Aber unter uns gesagt, will ich nicht leugnen, daß solche Dienstboten auch ihre Nachteile haben.«
    »Wirklich?« fragte Angus. »Gibt es etwas, was sie nicht tun können?«
    »Ja,« erwiderte Smythe kühl, »sie können mir nicht sagen, wer jene Drohbriefe in meiner Wohnung abgab.«
    Das Auto des Mannes war klein und flink wie er selbst, es war in der Tat ebenso wie seine häusliche Dienstbotenschaft eigene Erfindung. Wenn er schon ein Marktschreier war, so war er doch einer, der an seine eigene Ware glaubte.
    Das Gefühl von etwas Kleinem, Dahinfliegendem machte sich besonders geltend, als sie in dem ersterbenden aber klaren Mondlichte über die langen, weißen Straßenwindungen dahinschwebten. Bald wurden diese schärfer und schwindelnder; sie befanden sich auf aufsteigenden Spiralen, wie es in der

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