Prinzessinnensöckchen (German Edition)
Spiel.«
»Mein Spieltrieb eben...«, grinste Wolff, doch Carmen machte eine energische Handbewegung. »Spieltrieb? Hören Sie endlich auf, sich mit normalen Spielsüchtigen zu vergleichen. Die sind auch krank, aber anders krank. Sie sind paranoid, eine Psychopath.«
Sie war sehr weit gegangen und bereute sofort, es getan zu haben. Wolff beugte sich zu ihr hinunter, griff in die Tasche und zog die Hand mit einem kleinen spitzen Messer wieder heraus. Er war wütend, er begann die Kontrolle zu verlieren.
»Psychopath? Was verstehen SIE denn schon davon! Ja, es hat mir Spaß gemacht, der kleinen Emily einen Schrecken einzujagen! Die Maus in ihrem Kleiderschrank, ha, ha! Wissen Sie, wer die Türen bei denen eingebaut hat? ICH! Bin ja gelernter Tischler. Und hab ein paar Ersatzschlüssel, ich kann bei denen ein und aus gehen! Aber die mussten weg! Hanna spurlos verschwinden, irgendwo in Berlin, ihre Leiche wird man nicht finden, Emily wird von diesem Idioten Hagemeister ermordet, der Film ist weg!«
»Alles vergeblich«, sagte Carmen nur knapp und sah Wolff direkt in die Augen. Er wich ihrem Blick aus. Ein gutes Zeichen, ein schlechtes Zeichen? Das Messer in seiner Hand zuckte, sie merkte, dass er schwitzte, seine Hände waren nass.
»Wissen Sie, was das Schönste beim Spielen ist? Wenn man die Fäden in der Hand hält und langsam merkt, wie sie einem entgleiten. Oder wenn sie anfangen zu machen was sie wollen, verstehen Sie? Wenn Sie da reinrutschen und eigentlich aufhören müssten, wenn Ihnen Ihr Verstand etwas Vernünftiges sagt und Sie dennoch das Gegenteil davon tun. Verstehen Sie doch auch, oder? Ihr Verstand sagt Ihnen gerade, sich zur Wehr zu setzen. Aber Sie tun es nicht, ha, ha. Sie werden jetzt mit mir das Haus verlassen und zu meinem Wagen gehen. Ich geb Ihnen eine Spritze, keine Angst, tut nicht weh, nimmt Ihnen nur den Willen, so wie der kleinen Hanna. Die liegt unten im Kofferraum und ist bestimmt schon aufgewacht und weiß nicht, was los ist... Leider kann ich meinen ursprünglichen Plan nicht mehr umsetzen. Die kleine Hanna fährt in einem Sarg nach Tschechien, wird dort eingeäschert und ist damit für alle Zeit verschollen... Aber keine Angst, Sie werden beide nicht leiden müssen, Sie sind ja nicht Pohland, der hat leiden müssen, bei dem konnte es mir gar nicht langsam genug gehen, bei dem hab ich jede Minute genossen, die er... also stehen Sie auf.«
Jetzt. Irgendetwas tun. Sich nicht abschlachten lassen, wenn schon sterben, dann mit Courage. Die Wut, die in ihr war und nicht so tat, als ließe sie sich bändigen, überraschte sie selbst. »Sich an der Angst von Kindern weiden! Sie sind ein Sadist!« Carmen machte einen Schritt nach vorn, sofort hob Wolff das Messer und hielt es ihr an den Bauch.
»Hat Völkert auch gesagt. Sadist! Dem dämmerte langsam, was da so lief, der dachte nur an Profit, an sonst gar nichts! Hat nicht mal was gerafft, als ich ihn beiläufig auf diese Hanna angesprochen hab, ha, ha, hat er gemacht, die ist geschäftstüchtig, der ihr Konto bei mir sieht besser aus als deins! So ein hirnverbrannter Idiot! – Haben Sie ihn beunruhigt? Sie wollten sich doch mit ihm treffen, ja? Er hätte mich geopfert, ganz klar, er hat alle geopfert. Aber naiv, so etwas von naiv andererseits! Trifft sich mit mir in der alten Scheune, ausgerechnet dort! Mach schnell, hab noch ein Date mit einer reizenden jungen Dame, also hör mal auf mit dem Scheiß, du bringst uns in die Schusslinie. Der hat nix kapiert! War nicht leicht, den an den Balken zu kriegen! Ich hab schon Probleme mit dieser Hanna. So, und jetzt kommen Sie!«
Carmen dachte nicht daran. »Warum die Mädchen? Erinnern die Sie an Ihre Frau? Die war doch viel jünger als Sie, richtig? Mit wie vielen Männern hat sie geschlafen? Haben Sie das gewusst? Ist Ihnen dabei einer abgegangen? Können Sie überhaupt...«
Der Schlag raubte ihr abermals die Luft, doch diesmal stürzte Carmen nicht. Bevor sie zurücktaumelte, hatte Wolff sie am Arm gepackt und zog sie mit sich Richtung Tür. »So, kommen Sie. Keine Aktionen mehr. Sie kriegen im Auto Ihre Spritze und merken ab dann nichts mehr, versprochen. Das sind nun mal die Spielregeln. Wenn Sie die nicht akzeptieren wollen, kann ich Sie auch einfach abstechen.«
Wolff war hinter sie getreten, hatte sie um die Hüfte gefasst, die Messerspitze drückte gegen ihren Kehlkopf. Die Treppe, dachte sie. Wenn wir auf der Treppe sind, werde ich mich fallen lassen und wir stürzen beide hinunter.
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