Prisma
nickte. »Sie haben den MFW gesehen? Prima. Dann wollen wir mal zusehen, dass wir Sie hineinbekommen. Ich soll mich in dieser Gegend nicht länger als nötig aufhalten.«
Evan wies auf den hellgrünen Freizeitanzug, den er trug. »Was ist mit dem und dem Rest meines persönlichen Eigentums?«
»Das eignet sich als Unterzeug. Es ist hell und glatt. Wir kümmern uns um den Rest Ihres Gepäcks. Was Sie jetzt anhaben, werden Sie im Anzug nicht brauchen; aber Sie brauchen etwas Bequemeres, das Sie in der Station tragen können.«
»Dann wird das reichen, was ich am Leib habe. Sind Sie sicher, dass ich dort unten sonst nichts brauche.«
Der ältere Mann grinste. Evans konnte die künstlichen Zähne nicht von den echten unterscheiden. »Der Anzug wird sich um alle Ihre Bedürfnisse kümmern, unter anderem auch um die, an die Sie noch nicht gedacht haben. Ich wurde auf die Mission sehr gut vorbereitet. Wird ganz lustig, womit Sie es zu tun bekommen! Ich bin übrigens Garrett.«
»Vor- oder Nachname?«
»Der mittlere.«
Evan erwiderte sein Lächeln. Wenn die Firma Geheimniskrämerei um einen halblegalen Besuch eines halblegalen Projekts betrieb, dann sollte ihm das egal sein. Die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme leuchtete ihm ein.
Garrett führte ihn durch das Schiff nach hinten, vorbei am jetzt verlassenen Salon der Passagiere mit seinem leuchtenden Otteraquarium, weiter durch einen Speisesaal und in eine Welt der Stromkreise und pulsierenden Maschinen.
Sie traten durch eine Sicherheitstür in einen Lagerbereich. Zwei Frauen beschäftigten sich intensiv mit dem MFW, indem sie Instrumente über und durch die leere Hülle führten. Eine letzte Überprüfung, dachte Evan bei sich.
Es tat gut, den Anzug wiederzusehen, einen alten Freund von daheim. Etwa drei Meter hoch und breit, überragte er die Menschen, welche um ihn herum an der Arbeit waren. Das stumpfgraue Äußere aus Durlex war unversehrt, desgleichen die transparente Pleximix-Kuppel, die ihm ein Gesichtsfeld von dreihundertsechzig Grad bot. Die Einlasstür im Bauch stand offen.
»Etwas ganz Erlesenes, nicht wahr?« Der Ausdruck von Stolz in Garretts Stimme überraschte Evan.
»Sind Sie einer der Entwickler?« Die beiden Technikerinnen, die in ihre Arbeit vertieft waren, beachteten sie gar nicht.
»Wer, ich?« Garrett lachte. »Nein, ich bin nur ein einfacher Mechaniker. Ich hatte Gelegenheit, mit den Prototypen dieses Prachtstücks zu arbeiten. Es ist schön, Zeuge des ersten Einsatzes des ersten voll einsatzfähigen Modells zu sein.«
Evan betrachtete die glatten äußeren Formen. »Sie müssen zugeben, dass das Ding rein vom Aussehen nicht viel hermacht.«
»Nein, rein äußerlich sicherlich nicht«, gab Garrett zu. »Ich glaube, dass das Erscheinungsbild mit voller Absicht so unauffällig gehalten wurde. Dieser Anzug wird sich um Sie kümmern und es Ihnen behaglich machen, Sie am Leben erhalten und Sie sogar unterhalten – im Temperaturbereich von null bis ein paar tausend Grad mehr. Ich liste seine Toleranzen für Sie jetzt nicht auf, weil Sie sehr wahrscheinlich schon längst damit vertraut sind, und es würde einfach zu lange dauern, sie vorzulesen.«
»Man hat mir gegenüber auf Samstatt nichts von Wartung erwähnt.«
»Das war auch nicht nötig, weil der Anzug sich für ein ganzes Jahr selbst versorgt, und bis dahin sind Sie schon nicht mehr im Einsatz.«
»Das hoffe ich. Sicherlich hat er für diesen Zeitraum nicht genug Nahrung und Wasser gelagert.«
»Energie ja, Nahrung nein. Er ist mit Konzentraten vollgepackt und kann jede Menge mehr synthetisch herstellen, ja, das Zeug sogar mit Geschmack versehen, wie man mir mitteilte. Was Ihr Verteidigungssystem angeht, so wird der Anzug Ihnen alles erklären.«
»So wurde es mir mitgeteilt. Viel Zeit für eine praktische Einführung gab es nicht.«
»Nicht notwendig. Ein Kind könnte diesen Anzug steuern. Wenn Sie erst einmal drin sind und ihn in Gang gesetzt haben, wird er Sie über alles ins Bild setzen, was Sie wissen müssen. Sobald er abgestimmt wurde, reagiert er nur noch auf Ihre Stimme und auf Ihre Körpermerkmale. Er ist verdammt klug. Warten Se nur ab, bis Sie seine Tarnfähigkeiten nutzen müssen. Sie erreichen zwar keine richtige Unsichtbarkeit, doch einen Zustand, der ihr fast entspricht.«
Evan nickte geistesabwesend, ließ ein letztes Mal den Blick über das Innere des Schiffs wandern. Er hatte es eilig, endlich seinen Auftrag anzupacken. Triumph und Ruhm erwarteten ihn.
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