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Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Titel: Privatdetektive (16 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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gehört“, erklärte Marwitz, und er sagte es in einem fast mitleidigen Tonfall. Genau deswegen erzählte Berringer normalerweise niemandem etwas davon.
    Aber in diesem Fall ließ es sich nicht vermeiden. Schließlich hatte Marwitz ein Recht darauf zu erfahren, weshalb Berringer scheinbar grundlos auf ihn losgegangen war.
    „Ich konnte nicht länger bei der Polizei bleiben. Es ging einfach nicht“, sagte Berringer, „und deswegen habe ich damals den Dienst quittiert.“
    „Ich verstehe. Wie bei den Afghanistan-Soldaten, die erlebt haben, wie ihre Kameraden in die Luft gesprengt wurden.“
    „So ähnlich“, bestätigte Berringer. „Als Sie plötzlich mit dem Feuerzeug herumspielten, hat es in mir ausgesetzt. Normalerweise habe ich das im Griff.
    Diesmal war’s leider nicht so. Ich kann nur nochmals versichern, wie leid mir das tut
    – aber ich kann Ihnen nicht garantieren, dass es nicht wieder geschieht, wenn Sie hier unbedingt den Feuerteufel spielen wollen. Wenn Sie jetzt denken, dass ich vielleicht doch nicht der Richtige wäre, um Ihr Problem zu lösen, dann hätte ich Verständnis dafür und Sie sollten sich jemand anderen suchen.“ Marwitz zuckte mit den Schultern. „Wenn Sie sagen, Sie haben das im Griff …“ Er warf einen Blick auf das Feuerzeug in seiner Hand und ließ es dann schnell in seiner Hosentasche verschwinden. „Paul Pauke haben Sie ja auch helfen können.“
    „Gut, dann wird Ihnen Vanessa mal unsere aktuelle Preisliste raussuchen, damit Sie wissen, was finanziell auf Sie zukommt, wenn ich für Sie tätig werde.“
    „Geld ist kein Problem“, behauptete Marwitz.
    Vanessa hatte inzwischen ein Exemplar der Preisliste aus einer Schublade hervorgeholt und gab sie Marwitz, dessen Augenbrauen sich zunächst etwas zusammenzogen, dann aber nickte er. „Okay.“
    „Nun erzählen Sie mal, worum es geht“, forderte Berringer.
    Marwitz atmete tief durch und bewegte nun nervös den großen Zeh, der sich durch das weiche Leder seines spitz zulaufenden Schuhs drückte. Auch der Schuh bewegte sich ein wenig, und das erzeugte ein nerviges leises Geräusch.
    Der Mann ist vollkommen fertig, dachte Berringer, der allmählich wieder eine Antenne für seine Umgebung bekam. Eigentlich waren die genaue Beobachtungsgabe und die instinktsichere Interpretation von Kleinigkeiten in Mimik, Gestik, Körpersprache und Tonfall eine seiner Stärken. Er konnte Personen sehr schnell und sehr sicher einschätzen, und gerade seit er als privater Ermittler tätig war und ihm der erkennungsdienstliche Apparat der Düsseldorfer Polizei nicht mehr zur Verfügung stand (auf jeden Fall nicht mehr in gleicher Weise wie früher), war er auf diese Fähigkeit mehr denn je angewiesen.
    Allerdings gab es gewisse Momente, in denen sie vollkommen aussetzten. Und einer dieser Momente war gewesen, als er Marwitz angegriffen hatte. Dann war er ein Gefangener der Vergangenheit und seine Gedanken nur auf diesen einen Augenblick konzentriert, an dem sich für ihn alles verändert hatte. Nichts war so geblieben, wie es war. Es gab ein Leben davor und eines danach, und beide hatten nicht allzu viel miteinander zu tun.
    Konzentrier dich auf das Hier und Jetzt!, ermahnte er sich. Laut der Anzeige an deinem Rechner ist es 12 Uhr 29. Du sitzt in deinem Büro im Stadtteil Bilk einem Klienten gegenüber, der sich trotz der abschreckenden Geschichten, die du über dich selbst kundgetan hast, noch von dir helfen lassen will, was wohl nur bedeuteten kann, dass ihm niemand anderes helfen kann oder will.
    Die Vergegenwärtigung der Realität anhand von fassbaren Details war eine Strategie, die von Psychologen empfohlen wurde, um ein Trauma unter Kontrolle zu halten. Es sollte verhindern, dass ein Geruch, ein Geräusch, ein Lichtreflex oder irgendetwas anderes sonst als Trigger wirkte und man wieder anfallartig in den Moment versetzt wurde, in dem das traumatisierende Ereignis stattgefunden hatte. Ganz verhindern ließ es sich nicht. Der Körper hatte sein eigenes Gedächtnis, so hatte man es Berringer erklärt. Ein Gedächtnis, das sich vom Gehirn wenig vorschreiben ließ und in der Lage war, sich an eine Raumtemperatur bis auf ein Zehntel Grad genau zu erinnern – um damit einen Anfall auszulösen.
    „Also“, begann Marwitz, „gestern Abend war ich in meinem Büro und habe auf so einen Blödmann gewartet, der heute bei der großen Ü-30-Party in der Kaiser-Friedrich-Halle von Mönchengladbach als Michael-Jackson-Double einspringen

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