Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
vermochte. Da saß jeder Handgriff. Alle Achtung, dachte Lorant. Da versteht einer sein Handwerk. Weshalb sich dieser Mann allerdings so zugeknöpft verhielt, was seinen Kollegen anging, war ihm unverständlich.
Ein Mann mit kurzgeschnittenen, grauen Haare kam wenig später zusammen mit dem rothaarigen Girl durch die Nebentür herein. Das Girl zeigte in Lorants Richtung.
Ich verstehe, dachte der Detektiv. Jetzt kommt entweder einer, der mich rausschmeißen soll, oder einer, der mir wirklich Auskunft geben kann und etwas zu sagen hat.
Der Rolex am Handgelenk des Grauhaarigen nach handelte es sich um einen Kandidaten für die zweite Rubrik.
Aber da konnte man nie sicher sein. Manchmal liefen die Laufburschen mit mehr Protzutensilien herum als ihre Chefs, die sich eher im Understatement ergingen. Lorant beschloss, einfach abzuwarten.
Der Grauhaarige stellte sich neben ihn an die Bar.
"Mach dem Herrn hier einen Drink!", wandte er sich an Jonny.
"Gleich da!"
"Gib ihm dasselbe, was ich immer nehme!"
"Okay."
Dann reichte der Grauhaarige Lorant die Hand hin. "Ich bin Tom Tjaden. Mir gehört dieser Laden hier."
Lorant zögerte eine Sekunde, ehe er die Hand seines Gegenübers nahm. Aber nur eine Sekunde. Er hoffte, dass Tjaden das nicht falsch interpretierte.
"Ich bin Lorant."
"Hab schon von Ihnen gehört."
"Ach! Ich wusste gar nicht, dass ich inzwischen eine Berühmtheit bin!"
"Na, wir wollen nicht übertreiben, aber..."
"Aber was?"
"Wenn so einer wie Sie auftaucht, spricht sich das schnell herum. Die Gegend hier ist ein Dorf, wenn Sie wissen, was ich meine."
"Ich denke, ich kapier schon."
Die Drinks kamen. Jonny stellte sie auf den Schanktisch. Tom Tjaden nahm den seinen, hielt ihn kurz hoch und prostete Lorant zu. "Auf was immer Sie wollen, Herr Lorant!"
"Auf die Wahrheit!"
"Meinetwegen."
"Ihr Bar-Tender war nicht besonders auskunftsfreudig."
"Darum habe ich ihn eingestellt. Diskretion ist eine seiner wichtigsten Eigenschaften."
"Verstehe."
"Sie haben sich nach Eilert Eilers erkundigt?"
"Ja."
"Was ist mit ihm?"
"Ich war eigentlich hier, um Fragen zu stellen, nicht um welche zu beantworten."
Tom Tjaden nippte an seinem Drink und lachte auf. "Also gut. Eilert ist einfach so von einem Tag auf den anderen verschwunden. Zur selben Zeit fehlte auch Geld in der Kasse."
"Und da haben Sie gleich einen Zusammenhang gesehen."
"Ist das so abwegig?"
"Nein, natürlich nicht."
"Andererseits hätte das Geld nie ausgereicht, um irgendwo anders eine neue Existenz aufzubauen oder so etwas. Zirka fünfhundert Euro waren es und ich bin mir nicht einmal hundertprozentig sicher, ob Eilert Eilers wirklich dahinter steckte. Ich habe ja schließlich noch mehr Mitarbeiter."
"Klar."
Tjaden zuckte die Achseln. Für einen Moment wirkte sein Gesicht fast nachdenklich. "Aber mal abgesehen von diesem Betrag, den ich aus der Portokasse nehme..."
"So gut laufen die Geschäfte?"
"...es macht einen doch stutzig, wenn einer von heute auf morgen einfach nicht mehr auftaucht."
Lorant begann, von der Leiche in Huntetal zu berichten und erwähnte dabei auch die beigelegte Boßel-Kugel. "Bis die Gerichtsmediziner das Gesicht rekonstruiert haben, wird es wohl noch ein bisschen dauern, aber ich bin überzeugt davon, dass es sich um Eilert Eilers handelt."
"Sind Sie ein Hellseher oder so etwas? Ich habe ein Etablissement mit einer etwas anderen Publikumsausrichtung auf Borkum. Vielleicht könnten Sie da mal auftreten..."
"Drei Menschen wurden ermordet. Jedem von ihnen wurde eine Boßel-Kugel beigelegt: Gretus Sluiter, der Mann aus Huntetal, von dem ich glaube, dass es sich um Eilers handelt und..."
Tjaden hob die Augenbrauen.
"Wer noch?"
"Dr. Frank Purwin aus Moordorf. Er ist das letzte Opfer. Kurz bevor er mir etwas sagen konnte, wovon er meinte, dass es in Bezug auf Sluiters Tod wichtig wäre, wurde er mit einem Baseballschläger umgebracht."
"Was Sie nicht sagen..."
Tjaden machte ein Pokerface. Es war unmöglich, ihm anzusehen, ob er von Purwins Tod schon vorher gewusst hatte oder nicht. Aber selbst wenn, war das kein Indiz gegen ihn, wusste Lorant. Schließlich verbreiteten sich hier Neuigkeiten und Gerüchte im Eiltempo. So schnell, als ob der Wind sie über das flache Land blasen würde.
Lorant fuhr fort: "Vor der Praxis hat die Polizei eine deutlich sichtbare Bremsspur gefunden, die wahrscheinlich von einem Motorrad stammt."
"Na, und?"
"Ich hatte gerade eine Begegnung mit Ihrem Rausschmeißer."
"Victor?"
"Auch
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