Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
möchten Sie wissen, Herr Kommissar?", fragte sie.
Es war lange her, dass jemand Lorant so genannt hatte. Und da hieß es immer, dass nur die Jüngeren vom Fernsehen geprägt worden waren...
"Erzählen Sie mir, wie das war, als Ihr Sohn verschwand."
"Was gibt es da viel zu erzählen? Er war von einem Tag auf den anderen einfach weg."
"Hatte er an dem Tag im X-Ray zu tun?"
"Nein, er hatte frei. Eigentlich wollte er am Abend mit seiner Frau essen gehen. Ich weiß das genau, die beiden hatten nämlich Hochzeitstag, und ich hatte ihn vorher noch daran erinnert."
"Ist es zu dem Essen gekommen?"
"Nein. Jemand rief an und Eilert war danach wie ausgewechselt. Er meinte, er müsste noch mal kurz weg."
"Und dann ist er weggefahren?"
"Ja."
"Sie haben keinen Schimmer, wohin die Fahrt ging?"
"Nein." Frau Eilers seufzte hörbar. "Das hat ein Theater gegeben, kann ich Ihnen sagen. Meine Schwiegertochter war alles andere als begeistert davon, dass Eilert noch mal weggefahren ist. Wie ein Rohrspatz hat sie herumgeschimpft. Ich habe mich da rausgehalten. Ist das Beste so. Zwischen den beiden ging's ja manchmal hoch her, aber ich glaube, wenn ich noch dazwischengegangen wäre, wäre es nur noch schlimmer gewesen."
"Hat Eilert Ihrer Tochter gesagt, wer ihn angerufen hat?"
"Das weiß ich nicht."
"Ich meine, er muss seiner Frau doch eine plausible Erklärung darüber abgegeben haben, wieso er das gemeinsame Essen am Hochzeitstag quasi geschmissen hat!"
"Ja, wo Sie das jetzt so sagen, klingt das sehr einleuchtend, Herr Kommissar."
"Bitte versuchen Sie sich zu erinnern! Jede Kleinigkeit könnte wichtig sein..."
Fra Eilers machte ein ziemlich angestrengtes Gesicht. "Ihre Kollegen haben uns das alles ja schon gefragt und soweit ich weiß, hat Eilert auch meiner Schwiegertochter nicht gesagt, wer da angerufen hat."
"Sie kannten Ihren Sohn doch am besten."
Du sprichst in der Vergangenheit von ihm und diese Frau hofft vielleicht noch, dass er lebt!, rief sich Lorant ins Gedächtnis.
Aber diese Feinheiten entgingen Frau Eilers. Sie war in Gedanken. In ihrem Hirn schien es zu arbeiten. Sie kratzte sich am Kinn, ihr Blick ging ins Nichts.
Dann schüttelte sie den Kopf. "Ich wüsste nichts, was Ihnen weiterhelfen könnte. Tut mir leid."
"Hat Ihr Sohn irgendetwas Besonderes mitgenommen auf diese Fahrt?"
"Nicht, dass ich wüsste. Er sagte nur: Soo'n Schiet, jetzt muss ich noch tanken."
"Könnte man so auffassen, als ob er eine längere Fahrt vor sich hatte."
"Möglich. Ich meinte noch: Mutt dat denn sein, so spät noch? Und er meinte: Dat mutt! Für tausend Euro mutt dat!"
"Tausend Euro für einen einzigen Abend? Muss ein toller Job gewesen sein..."
"Jau, ich hatte ja auch kein gutes Gefühl dabei." Sie seufzte. "Dat war sicher nich alles in Ordnung, was er gemacht hat, aber ein schlechter Junge war deshalb auch nich!"
"Ist es schon zuvor mal vorgekommen, dass er sich nach einem Anruf in den Wagen gesetzt hat und mit unbekanntem Ziel losgefahren ist?"
"Ja, höchstens wenn sein Arbeitgeber irgendwelche Aufgaben für ihn hatte."
"Tom Tjaden? Sprechen Sie von dem?", fragte Lorant
"Ja, so war der Name! Tjaden!"
"Ihr Sohn war doch Barmann im X-Ray."
"Ja, aber Tjaden hat ihn wohl auch darüber hinaus für andere Aufgaben angestellt."
Aufgaben!, dachte Lorant. Ein harmloser Ausdruck, für das, was vermutlich dahintersteckte.
Lorants Erffahrung als Ex-Polizist sagte ihm, dass Eilers wahrscheinlich von Leuten wie Tjaden für die Drecksarbeit rekrutiert wurde: missliebigen Konkurrenten oder säumigen Schuldnern die Beine brechen, vielleicht auch Dienste als Drogenkurier.
Fest stand wohl, dass jemand Eilers einen Bombenjob angeboten hatte.
"Was waren das für Aufgaben?"
"Genau hat Eilert sich da nicht drüber ausgelassen. 'Ma, du bist einfach zu neugierig', hat er immer gesagt. Ich glaube, einmal hat er mitgeholfen, in Tjadens Villa in Leer Parkett zu legen. Da hat Eilert noch so geflucht, weil seine Knie ganz durchgescheuert waren. Er hatte nämlich den ganzen Tag darauf herumrutschen müssen. Ich weiß, nach dem Krieg, da habe ich mal mitgeholfen einen..."
Lorant unterbrach sie.
"Haben Sie ein Foto Ihres Sohnes, das Sie mir für Fahndungszwecke zur Verfügung stellen könnten?"
Frau Eilers wirkte im ersten Moment etwas erstaunt, dann nickte sie.
"Ja, sicher! Warten Sie einen Moment..."
Wenig später brachte sie einige Fotos ihres Sohnes herbei. Lorant nahm sich das jüngste. Ein Passfoto, das laut Aufdruck des
Weitere Kostenlose Bücher