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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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legte sich auf seinen Mund. »Sprich nicht davon, Peter. Es ist noch viel Zeit …«
    »Wir dürfen der Wirklichkeit nicht ausweichen, Susi …«
    »Ich will es aber. Ich will träumen …« Ihr Kopf bewegte sich, ihre Lippen lagen an seinem Hals, küßten ihn. »Ich liebe dich …«, sagte sie ganz leise. »So wie früher … weißt du noch … dein kleines Zimmer unterm Dach …«
    Er nickte. Ein Schauer durchrann ihn, aber er wagte nicht, die Hand auszustrecken und sie auf ihren warmen, glatten Körper zu legen.
    Das Fenster stand offen, Nachtkälte kam ins Zimmer, es roch nach gefrorenem Rauch.
    »Ich steh' auf und mach das Fenster zu«, sagte er unsicher.
    »Nein!« Ihr Kopf schob sich näher an ihn. Ihre Wärme kroch über ihn, als ziehe sie langsam ein heißes Laken über seinen zitternden Körper. »Ich friere nicht …«
    »Susi …«, stammelte er heiser. »O Gott, ich habe so von dieser Nacht geträumt. Ich … ich …« Er griff zu, umspannte ihren Körper und zog ihn an sich. »Ich verspreche dir mit meinem Leben, daß ich ein anderer Mensch sein will …«
    »Du bist es schon.« Ihre Haare fielen über sein Gesicht, ihre Zärtlichkeit zerriß die letzte, sich selbst auferlegte Abwehr.
    Draußen, vor dem offenen Fenster, fiel lautlos der erste Schnee.
    Drei Tage später saßen sie gemeinsam im Büro des Verwaltungsamtmanns der Landesheilanstalt. Der Amtmann kannte weder Peter Kaul noch seine Akten, ihn kümmerte nicht das Schicksal der Insassen, sondern das, was diese an Staatsgeldern verbrauchten. Und das war enorm. So war es nicht verwunderlich, daß der Amtmann ohne lange Umschweife zum Thema kam, unpersönlich und mit der Präzision des Beamten.
    »Mir liegt von der Direktion ein Einstellungsersuchen für einen Elektriker namens Peter Kaul vor, ich nehme an, Sie sind es. Haben Sie einen Ausweis bei sich, Papiere, Paß, Kennkarte, Geburtszeugnis, Lohnsteuerkarte, Zeugnis der letzten Stelle, das waren, lassen Sie mich nachsehen, ja, die Marsellus-Werke, hier am Ort. Sie sind Elektriker, nicht wahr, der Herr Direktor kennt Sie ja schon, gut denn, Sie können anfangen, melden Sie sich morgen bei Meister Pretzel im Materiallager, im Haus, hinten um die Ecke, Sie finden es schon. Arbeitsbeginn sieben Uhr, Besoldung ist Ihnen bekannt, Papiere behalte ich hier, freut mich, daß Sie bei uns arbeiten wollen!« Und dann erst sah der Amtmann auf, nickte auch Susanne zu und sagte in einem Anfall von Menschenfreundlichkeit: »Es freut uns immer, fleißige Mitarbeiter zu bekommen. Guten Tag, Frau Kaul. Guten Tag, Herr Kaul.«
    Zweimal Händedruck, von Kaul aus eine höfliche Verbeugung. Klapp, die Tür zu. Ein netter, zuvorkommender Mann, dachte der Amtmann. Einer der wenigen, die einem nicht ins Wort fallen und sinnlose Fragen stellen. Angestellter einer Behörde zu sein, bedeutet, daß alle Fragen bereits im voraus durch Verordnungen geregelt sind. Wozu also fragen? Ich glaube, da haben wir einen guten Fang gemacht, dachte der Herr Amtmann, griff in ein Schreibtischfach und holte eine Flasche Bier hervor.
    In diesen Tagen löste Susanne Kaul ein Versprechen ein.
    Bevor sie es aber tat, erzählte sie Peter alles. Noch einmal zogen die qualvollen Stunden an ihr vorbei, in denen sie mit Pfarrer Merckel um ihren Mann gerungen hatte und ihm, einer Eingebung folgend, vorgeschlagen hatte: »Wenn es Ihnen gelingt, Peter freizubekommen, werde ich Gundula in eines dieser Spezialheime geben.« Nun war Peter zu Hause. Das Versprechen aber war noch nicht eingelöst.
    Zunächst sagte Kaul: »Unmöglich! Gundi bleibt hier! Ich glaube überhaupt noch gar nicht daran, daß sie so … so … so blöd sein soll.« Das Wort wog auf seiner Zunge wie ein Bleigewicht. »Wer sagt denn das?«
    »Eine Kapazität. Doktor Linden.«
    »Ach der! Den kenn ich auch!« Kaul nickte. »Der hat mich auch untersucht. Ein gefährlicher Bursche! Fragen hat der gestellt. Die kannst du beantworten wie du willst … du bist immer ein Säufer!« Kaul schüttelte den Kopf. »Bevor Gundi wegkommt, laß ich sie noch von anderen untersuchen! Und zu Doktor Linden gehe ich auch noch mal selbst.«
    »Doktor Linden ist seit Wochen verreist. Ins Ausland. Er muß dort irgend etwas erforschen, ich weiß nicht, was. Der Pfarrer sagte es mir.« Susanne legte die Hände auf Peters Arm. »Sieh dir doch Gundi an, Peter, vergleiche sie mit anderen in ihrem Alter. Ich habe Wochen gebraucht, um es zu glauben, und ich kann es jetzt noch kaum fassen … aber es ist besser

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