Privileg Venusgeist
verlief sich. Die TITANIC, eine Gittergerüstkonstruktion mit frei aufgehängten Tanks, Vorratsbehältern und einer bugseitig angebrachten Mannschaftszelle von kugelartiger Formgebung wurde in ihren Nahtverbindungen schwer erschüttert.
Kojavic hing in seinem halb umgestürzten Sessel. Auf zwei BzB-Bildschirmen erblickte er als erster Mann der überlebenden Besatzung das Chaos in der Geschützkuppel.
Ehe das Space-Department der USSF den Umbau des Plasmakreuzers angeordnet hatte, waren in der Kuppel zwei schwere Raketenwerfer aufgestellt gewesen.
Der rückschlagfreie Abschuß dieser Fernkampfwaffen wäre für die Gerüstverbände der TITANIC niemals problematisch geworden. Dann aber hatte man die Werfer entfernt und statt dessen ein auf dem Mond gefundenes Marsgeschütz kleineren Kalibers eingebaut.
Jedermann an Bord des Venuskreuzers kannte die Bedenken der Statiker. Der gewaltige Rückschlag eines künstlich zusammengeballten Kernverschmelzungsprozesses war schon für ein kleineres Marsschiff vom Range der »1418« ein schwerwiegender Vorgang, der nur mit exakt gesteuerten Energieprallfeldern schadensfrei absorbiert werden konnte.
Selbstverständlich hatte man die TITANIC mit einem energetischen Rückstoßdämpfer ausgerüstet, nur wußte niemand genau, ob das Gerät zum entscheidenden Zeitpunkt richtig funktionieren würde.
Wissenschaftler wie der GWA-Physiker Professor Dr. Dr. Emanuel Scheuning hatten eindringlich gewarnt. Die Leichtstahlverstrebungen des Schiffes waren für solche Belastungen ungeeignet. Man konnte bereits glücklich sein, daß der hundert Meter lange, zerbrechlich wirkende Gerüstrumpf die Schubwerte des an seinem hinteren Ende eingebauten Atomtriebwerks aufnahm, ohne sich zu verformen. Immerhin – das hatte man statisch berechnen und durch Stützverstrebungen auffangen können.
Der einzige in sich geschlossene und daher belastungsfestere Körper der TITANIC war die vordere Kugelzelle mit den Wohn- und Kommandoräumen. Zwischen ihr und dem heckseitigen Triebwerk funkelte die Gitterkonstruktion, deren Hohlräume zahlreiche Nutzlastbehälter von völlig verschiedenartigen Formen enthielten.
Statisch gesehen waren das Massen, die bei jedem Manöver von dem Verband aufgenommen werden mußten.
Es hatte genügend Gründe gegeben, vor dem Einbau eines hochenergetischen Marsgeschützes zu warnen. Solange es nicht feuerte, stellte es lediglich eine mitzuführende Masse dar. Aber wenn es feuerte …!
Kojavic unterbrach seine Überlegungen. Das Thema war mindestens hundertmal durchdiskutiert worden. Wenn der aus dem Erbe des Mars stammende Rückstoßabsorber einwandfrei arbeitete, konnte man es vielleicht riskieren; aber nur im höchsten Gefahrenfall!
Aus diesem Grunde war das Geschütz auch niemals erprobt worden. Die Verantwortlichen des Space-Department hatten es untersagt und auf den Alpha-Notfall hingewiesen.
Er war jetzt eingetreten. Jedermann an Bord des Fernraumschiffs wußte, daß vor vier Tagen, am 21. Oktober 2010, der gewagte Marseinsatz der GWA teilweise mißlungen war.
Eines der beiden soghmolischen Großraumschiffe hatte rechtzeitig die Flucht ergreifen können. Und nun, am 25. Oktober 2010, 15:43 Uhr Bordzeit, erschien der kugelförmige Gigant entgegen jeder Mutmaßung im inneren Sonnensystem; genau dort, wo die TITANIC seit einer Woche den Planeten Venus auf einer weiten Orbitbahn umkreiste.
Der militärische Forschungsauftrag war noch lange nicht abgeschlossen. Man hatte versuchen
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