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Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition)

Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition)

Titel: Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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Küchenboden.
    Jetzt betrachtete er den Waldboden, dort, wo seine gärtnerischen Versuche gescheitert waren. Er lächelte schwach und dachte an den Löffel, der dort vergraben lag.
    Dann ging er auf das Gemäuer zu. Wie immer war es drinnen dämmrig. Es fiel ja kaum Licht herein, außer wenn die Tür weit offen stand. Jetzt legte er seinen Rucksack dazwischen, um sie offen zu halten. Er inspizierte den Raum. Die Militärliege vom Flohmarkt lehnte genau dort an der Wand, wo er sie zurückgelassen hatte. Er stellte sie hin und setzte sich versuchshalber. Anschließend streckte sich darauf aus und stellte sich vor, Becky würde hier schlafen. Er hatte ein Vorhängeschloss mitgebracht. Das würde absolut unerlässlich sein, wenn sein Plan funktionieren sollte. Leider, Becky.
    Die Decke schien unverändert. Die Dachbalken moderten zwar bereits, aber nicht mehr als im vergangenen Sommer. Der Winter war mild gewesen. Es gab jedoch Lücken zwischen manchen Steinen; der Mörtel zerbröselte. Eddie stand auf, reckte sich und tastete die oberen Ränder der Wände ab. Ein paar Steine fielen herunter. Er musste lachen, als er sich überlegte, dass er mehr Zeit in dieser alten Hütte zubrachte als in dem Holzhaus, das gerade in seinen Besitz übergegangen war. Noch keine Stunde war es her, da hatte er neben seinem Anwalt gesessen und ein Dokument nach dem anderen unterzeichnet. Mit gesenktem Kopf und ohne ein Lächeln. Auch an der Konversation zwischen dem Immobilienmakler, dem Anwalt und der dicken Notarin hatte er sich nicht beteiligt. Er wusste, es hätte sie alle interessiert, wie ein so junger Bursche an so viel Geld gekommen war.
    Während sie darauf warteten, dass die Sekretärin alle Unterlagen kopierte, hatte er nur auf ihre Hände gestarrt. Im Ignorieren anderer Leute war er gut. Aber im Spiegelbild der Fensterscheibe konnte er sie mustern. Sie hatten weitere Fragen gestellt. Andere Transaktionen konnte man per Fax abwickeln, aber die hier erforderte seine Anwesenheit. Diese Schnüffler und Wichtigtuer würden vielleicht noch seine Pläne gefährden. So schnell wie möglich verließ er das Büro, einen Ordner mit Papieren an die Brust gepresst und mit zwei Schlüsseln in der Tasche.
    Die Zurückbleibenden schüttelten die Köpfe über seinen abrupten Aufbruch und verbrachten noch eine Viertelstunde mit Kleinstadttratsch und -gerüchten, die sich inzwischen natürlich auch um Eddie Burling rankten. Ein seltsamer Junge, darin waren sie sich einig, und der Anwalt gab das Wenige zum Besten, was er über die Herkunft von Eddies Vermögen aus den Leistungen der Versicherung wusste. Wäre ihm Eddies Rolle beim Tod von Mr. Burling bekannt gewesen, wäre die Geschichte bis mittags schon bis zur Mackinaw Bridge Gesprächsstoff gewesen.
    Noch bevor der Anwalt die Kanzlei verließ, war Eddie schon an seinem neuen Besitz vorbei- und weiter die unbefestigte Straße entlanggefahren. Da, wo sich der Zugang zum State Park befand, hatte er seinen Wagen abgestellt. Nach weiteren zehn Minuten war er bei der Tanne gewesen, wo er abbiegen musste. Und jetzt, genau um zwölf, inspizierte er die Steinhütte und fuhr mit einer Hand über die losen Steine.
    Als er damit fertig war, sah er auf seine Armbanduhr. Er würde jetzt ein Experiment durchführen, denn er musste genau wissen, wie lange einen das Sedativum außer Gefecht setzte. Dazu hob er seinen Rucksack auf und ließ die Tür von selbst zugehen. Die Dunkelheit bereitete ihm Unbehagen, aber er konnte auch mutig sein, wenn er sich sehr zusammennahm. Und außerdem war das ein sehr wichtiger Test. Während seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, trat er zu der Liege und setzte sich wieder. Er öffnete den Rucksack und tastete darin nach der Wasserflasche, die er präpariert hatte. Wie viel sollte er Becky davon geben? Er nahm vier Schlucke und schraubte den Deckel wieder zu, schob die Flasche in den Rucksack zurück, wo sie mit einem leisen Geräusch an das Vorhängeschloss stieß.
    Bevor er einschlief, machte er sich im Kopf eine Liste der Dinge, die er herbringen wollte. Als erstes einen Schlafsack, vielleicht auch ein Kissen. Eventuell noch einen Stuhl; er hatte einen kleinen, roten aus Holz an der Straße stehen gesehen. Was die einen wegwerfen, können andere eben gut brauchen. Womit sonst konnte er Becky den Aufenthalt in ihrem märchenhaften Zuhause verschönern? Ach ja, ein Sandwich und … ach …
    Er schlief vier Stunden lang. Gut zu wissen.
    Vor zwei Wochen war Eddie Rebecca

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