Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
sagt er: »Ja, sieht schwierig aus. Ich habe 13 und Österreich eingeben. Unser System sagt, da ist noch ein Hotel auf Bali nicht ganz fertig gebaut, die könnten bei 13 Personen schnell ein paar Zimmer finalisieren und einen guten Preis machen.« Ich erwidere ruhig: »Ich dachte, Sie können hier mehr als nur in Portalen surfen. Sie müssten doch einen Überblick haben.« Der Berater: »Mehr als surfen können wir auch nicht. Es gibt so viele Länder und Wünsche! Da ist Surfen genial. Ich selbst weiß dagegen ja fast nichts. Ich kenne eben die Portale, da habe ich einen Fünftagekurs gehabt, deshalb habe ich einen Vorteil gegenüber den Kunden, die kein Internet haben.«
Das sind reale Beispiele aus dem Erfahrungsschatz unserer Familie. Wir zucken nur noch mit den Achseln und erledigen möglichst alles selbst. Als gut Informierte bekommen wir von den »Experten« keinen Mehrwert mehr geboten.
Jeder Berufsangehörige muss sich fragen, ob er einem Menschen, der nach zwei Stunden Internetsurfen noch offene Fragen hat, noch einen wertvollen Rat oder »Mehrwert« geben kann.
Zusammengefasst: Alles Wesentliche steht im Internet. Wer dort keine Antwort findet, kann oft lange suchen, bis er einen Top-Experten mit Überblick erreicht.
Was weiß »das Internet«?
Der Arzt ist nicht mehr der Gott in Weiß. Er hat andere Internetgötter neben sich. Wenn wir eine Krankheit haben, kennen wir alle Mittel und Therapien aus dem Netz. Wir werden schnell zu Experten für unsere ganz speziellen eigenen Krankheiten. Deshalb sind wir in diesem Spezialgebiet dem Arzt meist glatt überlegen. Wir gehen noch aus Unsicherheit zu ihm, aber im Grunde zweifeln wir, ob er wirklich Bescheid weiß.
Der Apotheker weiß meist nicht mehr als das, was im Internet zu finden ist. Wir sind menschlich enttäuscht, dass er uns sehr teure Darreichungsformen anbietet, von denen im Internet abgeraten wird. Die Nebenwirkungen stehen im Netz ohnehin detaillierter.
Rechtsberatung : Ebenso gut informiert gehen wir zum Rechtsanwalt. Der weiß in unserem Spezialfall zuerst wieder gar nichts. Er muss sich »schlaumachen«.
Der Lehrer ist bei Weitem nicht mehr der angesehene Experte von einst. Als er selbst studierte, machten weniger als zehn Prozent eines Altersjahrgangs Abitur. Heute sind es vierzig Prozent und mehr. Die Eltern wissen jetzt zu seinem Leidwesen »alles besser«. Die Schüler dank des Internets auch.
Der Pfarrer hat immer die Deutungshoheit über religiöse Fragen gehabt. Die akzeptieren wir nicht mehr, weil in Internetdiskussionsforen ganz andere Meinungen die Autorität haben. Wir sehen im Internet die Videos vom ökumenischen Kirchentag …
Professoren forschen und halten beklagenswert selten wunderbare Vorlesungen. Es gibt aber einige, die wirklich begnadet vortragen. Demnächst wird man einige dieser raren Spezies einfach für ein Jahr aus der Forschung nehmen und alle Grundvorlesungen ihres Fachs vor der Kamera halten lassen. Dann können wir doch eigentlich fast ohne Professoren studieren?!
Priester werden geweiht, Ärzte approbiert und Hochschullehrer habilitiert. Juristen und Lehrer werden durch ein Staatsexamen hervorgehoben. Manager kommen in den Führungskreis. Handwerker werden Meister. Die Exklusivität des Wissens war es, die ihnen eine hohe Stellung gab. Die berufliche Macht, die sie über Jahrhunderte hatten, schwindet nun in fast unvorstellbarem Ausmaß. Alle diese Götter, die wir wegen ihres für uns entscheidenden Wissens verehrten, sind jetzt allenfalls noch Facharbeiter.
Premium-Verkäufer müssen alle Produkte kennen, nicht nur die eigenen
Wer etwas verkaufen möchte, breitet seine Produkte aus. Wer als Experte gefragt sein will, muss hohe Kompetenz ausstrahlen. Der Meister muss mit Werken beeindrucken. Das reicht dem Kunden heute nicht mehr.
Bevor ein Kunde etwas kauft, schaut er alle Produkte an, nicht nur die desjenigen Unternehmens, das er zu einem potenziellen Kauf aufsucht.
Der Kunde hat ja zwei Stunden gesurft. Er kennt nun alle Preise, alle Tarife, die Lieferbedingungen, Verfügbarkeiten, die Produktunterschiede und die Qualität. Der Kunde vergleicht Tagesgeldzinsen und die langjährige Performance von Investmentfonds. Er kennt die Versicherungsleistungen oder die verschiedenen Produkte der ganzen IT, wenn er zu mir bei IBM kommt.
Er verlangt, dass wir als Verkäufer oder Berater ebenfalls einen umfassenden Überblick über den Markt haben und alle Konkurrenzprodukte herunterbeten können.
Das ist
Weitere Kostenlose Bücher