Projekt Babylon
Taschenbuch hervor. »Ein Führer der Châteaux des Corbières.«
»Sie sind Rotweinliebhaber?«
»Was hatten Sie erwartet? Das Leben macht nicht Halt vor Klischees. Ich habe Sie doch auch Tee trinken sehen. Very british. Möchten Sie eine Zigarette?« Er zündete sich selbst eine neue an.
»Ich störe Ihre Unterhaltung nur ungern«, warf der Mann ein, der das Namensschild des Professors inzwischen in einer Aktenmappe verstaut hatte. »Aber ich muss Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass das Rauchen hier verboten ist.«
Als hätte er den Hinweis auf das Rauchverbot gar nicht gehört, sagte Nevreux: »Ach ja, Peter, das ist Marc, ein Mitverschwörer, den uns unsere Freundin Elaine geschickt hat.«
Der Mann, den Patrick vorgestellt hatte, fand dies offensichtlich nicht sehr amüsant. Ohne eine Miene zu verziehen, machte er eine Handbewegung zum Ausgang hin. »Folgen Sie mir zum Wagen.«
Er brachte sie zu einem weißen Landrover mit einer dunkelgrünen Aufschrift auf der Tür: GNES – Garde Nationale d'Environnement et de la Santé – Direction Languedoc-Roussillon. Sie machten es sich im Fond bequem und waren bereits nach wenigen Minuten auf der Hauptstraße Richtung Südwesten unterwegs.
Marc reichte zwei Namensschilder nach hinten. »Stecken Sie sich diese bitte an. Die geheime Natur des Projekts macht es erforderlich, dass Sie Ihre Untersuchung verdeckt durchführen. Der Fundort liegt in unmittelbarer Nähe des Ortes St.-Pierre-Du-Bois. Dort wird man von Ihrer Anwesenheit und Ihren Untersuchungen erfahren. Sie treten deswegen offiziell als Spezialisten auf, gerufen von der Umwelt- und Gesundheitswache. Sie erkunden die Hintergründe einer drohenden Tollwutepidemie und lassen deshalb ein bestimmtes Gebiet weiträumig hermetisch absperren. St.-Pierre-Du-Bois ist ein Luftkurort mit Mineralquellen. Er blüht seit einigen Jahren durch den Tourismus auf und ist auf ihn angewiesen. Wir haben einen Termin mit dem Bürgermeister.« Marc reichte zwei Mappen hinter sich. »Studieren Sie während der Fahrt die Unterlagen. Sie finden Angaben über die Region, die Stadt und die wichtigsten Personen. Didier Fauvel ist ein ehrgeiziger Mann, Ende vierzig, cholerisch, zum zweiten Mal geschieden. Wir halten uns nicht lange mit ihm auf. Eine Tollwutepidemie ist ein großes Problem für ihn. Wenn Sie sie unter Kontrolle bringen, ist er Ihr Freund. Wenn Sie damit nicht bis zum Beginn der Sommerferien fertig werden, ist er Ihr Feind.«
»Wieso gerade Tollwut?«, fragte Peter. »Klingt etwas unglaubwürdig, oder?«
»Die Idee ist gar nicht so dumm«, überlegte Patrick. »Es ist verständlich und gefährlich genug für die Leute hier, aber nicht so sehr, dass es die Presse aus Paris anlocken würde. Aber ich frage mich, was wir über Tollwut erzählen können.« Er zündete sich eine weitere Zigarette an. »Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, Peter, aber ich habe weder Biologie noch Veterinärmedizin studiert.«
»Didier Fauvel versteht von Tollwut genauso wenig wie Sie«, erklärte der Fahrer. »Für alle Fälle finden Sie in den Mappen vorbereitete Erklärungen, Untersuchungsergebnisse, Berichte, Fotos und Analysen, die Sie nach und nach vorbringen können. Außerdem ausführliche Unterlagen über die Natur dieser Region, über Tollwut im Allgemeinen und im Speziellen. Das reicht aus, um die Ortsansässigen zu überzeugen.«
»Elaine denkt an alles«, meinte Patrick mit ehrlichem Erstaunen. Er aschte aus dem Fenster. »Beeindruckend.«
»Bedrohlich«, gab Peter zurück.
Marc ignorierte die Bemerkungen. »Wenn Sie Ihre Kippe aus dem Fenster werfen, kostet Sie das fünfhundert Euro.«
»Monsieur Fauvel, dies sind die Herren Nevreux und Professor Lavell. Meine Herren, Bürgermeister Fauvel.«
Der Bürgermeister kam hinter seinem Schreibtisch hervor und schüttelte den beiden geschäftig die Hände. Seine Kleinwüchsigkeit machte er mit einem dicken Bauch und Schweinsaugen wett, die unruhig und stechend aus seinem roten Gesicht hervorblitzten.
»Es freut mich, dass Sie sich die Zeit nehmen, hereinzuschauen. Sie müssen von den Geschehnissen ebenso überrascht sein wie ich. Doch bevor wir unsere Sorgen teilen...« Er trat an einen Beistelltisch und deutete auf eine Flasche. »Möchten Sie einen Cognac?«
»Vielen Dank, Monsieur le Maire«, ergriff Patrick das Wort, »aber wir haben noch viele arbeitsreiche Stunden vor uns, und ich fürchte, Ihr zweifellos hervorragender Cognac verträgt sich schlecht mit
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