Projekt Babylon
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»In der Tat, eine bunte Gesellschaft wie diese heute ist vielleicht nicht der beste Rahmen für unsere Gespräche, doch handelt es sich um Dinge von besonderer Dringlichkeit. Oder meinten Sie das Wetter?«
»Beides – und nichts davon.« Der Mann, den der Präsident als Graf bezeichnete, betrachtete seinen Gesprächspartner mit einem feinsinnigen Lächeln. Einem Außenstehenden musste es vorkommen, als stünde der Präsident einem weisen Riesen gegenüber, dem er wie einem überragenden Mentor Respekt zollte. Vielleicht war es so, doch niemand außer ihm kannte den Grafen oder die Art ihrer Verbindung.
Der Wind hatte nun deutlich aufgefrischt. In kalten Böen fegte er heran, brachte immer dickere Regentropfen mit sich und den Geruch nach nasser Erde. Es drohte ein schweres Gewitter zu werden. Mit immer größerer Eile trieb der Schäfer seine nervös blökenden Tiere zusammen. Ein Blick zum Himmel verriet ihm, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Hinter der Gebirgskuppe war es nun vollständig dunkel geworden. Ein tiefes Donnergrollen drang herüber.
»Mist!«, fluchte der Schäfer, als ihm klar wurde, dass das Unwetter mit einer solchen Geschwindigkeit über die Berge fegte, dass er ihm unmöglich entrinnen konnte. »Schnell, kommt schnell!« Er trieb die Schafe an, darauf bedacht, sie zumindest gesammelt als Herde zurück auf den Pfad zu bringen, den sie kannten und dem sie alleine folgen konnten.
Als stünde der Weltuntergang bevor, wurde aus den vereinzelten Tropfen, die der Wind vor sich her trieb, innerhalb weniger Augenblicke ein heftiger Platzregen. Im selben Maße, wie der Regen die Sicht in einem grauen Schleier verschwimmen ließ, schienen jetzt die Gewitterwolken die letzten Reste des Lichts zu nehmen.
Gerade wollte der Schäfer zu einem erneuten Fluch ansetzen, als ihn ein Blitz jäh zusammenzucken ließ, unmittelbar gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donner direkt über ihm. Die Schafe blökten verängstigt, einige sprangen panisch übereinander, andere drängten sich gegenseitig beiseite. Eine Hand voll rannte den Hang hinauf, und der Schäfer setzte ihnen ohne zu zögern nach.
Es war kein Leichtes, die wild gewordenen Tiere im strömenden Regen nicht aus den Augen zu verlieren. Er folgte ihnen über den immer steiniger werdenden Boden, an Ginsterbüschen und Gräsern vorbei. Der sintflutartige Regen verwandelte den Boden schnell in eine glitschige Rutschbahn. Mehr als einmal stürzte er und musste sich zwischen Schlamm und scharfkantigem Geröll abfangen. Der Untergrund wurde zunehmend uneben und stieg immer steiler bergan. Wie Gämsen mussten die verstörten Schafe hier entlanggehetzt sein. Eines der Tiere sah er vor sich am Berghang hinter einem Felsen verschwinden, vielleicht waren die anderen schon längst den Hang hinabgestürzt.
Verbissen kletterte der Schäfer hinterher. Er dachte nicht daran, dass er den Rest der Herde zurückgelassen hatte oder dass er selbst abstürzen könnte. Für ihn zählten nur die ausgerissenen Tiere, denen er mit ebenso viel Sorge wie Wut folgte. Bald musste er auf allen vieren seinen Weg finden, um den stetig steiler werdenden Felshang überhaupt bezwingen zu können. Zwischen den Gesteinsbrocken, von denen er hoffte, dass sie sein Gewicht halten würden, rannen ganze Bäche Regenwasser hinab.
Seine Hände waren aufgedunsen, rot und eiskalt, als er sich mit letzter Kraft einen Sims hochzog. Erschöpft verweilte er einen Augenblick, schnaubte einmal durch die Nase und fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht, wie um den ständigen Regen fortzuwischen. Er blickte zurück und erschrak, als er sah, welche Höhe er erklommen und wie weit er die Weiden und die Baumgrenze hinter sich gelassen hatte. Er hatte eine Passage überwunden, für die schon unter normalen Umständen ein Seil nötig gewesen wäre – und das bei diesem Regen. Welcher Teufel hatte ihn nur geritten? Doch nun saß er hier, zitternd, bis auf die Haut durchnässt und erschöpft. Wahrscheinlich würde er sich eine Lungenentzündung zuziehen, und niemand konnte ihm sagen, wann das Gewitter vorbei sein würde, noch, wie um alles auf der Welt er den Weg wieder zurückklettern könnte.
Ein Blöken ließ ihn herumfahren, und da entdeckte er es. Nur wenige Meter von ihm entfernt befand sich ein geräumiger Höhleneingang. Die guten Tiere! Sie waren ihrem Instinkt gefolgt, hatten diesen Unterschlupf gefunden und mussten hineingeflüchtet sein. Mit neuer Kraft raffte er sich
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