Projekt Babylon
Teil an den Wänden, zum Teil auf Stativen, flammte auf und durchflutete die Höhle mit gleißender Helligkeit.
»Wow«, entfuhr es Patrick. Er ging ein paar schnelle Schritte voran und betrachtete die Wand. »Nach Steinzeit sieht das aber nicht aus. Sehen Sie sich das an, Peter!«
Die Wände waren über und über mit Schriftzeichen, Symbolen und Zeichnungen bedeckt. Es waren offensichtlich aber keine steinzeitlichen Malereien, sie mussten neueren Ursprungs sein.
Patrick fuhr mit den Fingern über die Wand, ohne sie zu berühren. »Hier steht etwas auf Latein, dort drüben sind griechische Schriftzeichen! Sehen Sie sich diese Illustrationen an, sieht nach siebtem oder achtem Jahrhundert aus.«
Peter stand in der Mitte des Gangs, drehte sich um sich selbst und ließ seinen Blick über die Wände schweifen. »Wunderbare Arbeit... hier sind auch hebräische Symbole und ein Text, vielleicht biblisch.«
»Oh, hier hat es jemand zu gut gemeint«, rief Patrick und deutete auf einen tiefer gelegenen Teil der Wand.
»Wie meinen Sie das?«
»Da hat einer vielleicht aus einem Lexikon abgeschrieben, aber mittelalterlich ist das hier jedenfalls nicht.«
Peter kam heran. »Lassen Sie mal sehen.«
»Ich glaube nicht, dass im Mittelalter jemand die sumerische Keilschrift gekannt hat.«
Peter betrachtete die Wand eingehend. »Nein, das können wir wohl ausschließen. Und noch viel weniger hätte jemand diese Glyphen hier gekannt.« Er zeigte an eine andere Stelle.
»Das sind Mayas!«
» Projekt Babylon... «
»Die babylonische Sprachverwirrung, ja.« Marc, der sich bisher zurückgehalten hatte, meldete sich zu Wort. »Wir haben in unseren ersten Untersuchungen dreiundfünfzig verschiedene Sprachen hier ausmachen können. Nur etwa zwei Dutzend konnten wir eindeutig identifizieren, übersetzt haben wir noch nichts davon.«
»Nun gut«, sagte Peter, während er seine Brille aufsetzte, um sich einige der Zeichen aus nächster Nähe anzusehen. »Das mag ja ein sprachwissenschaftliches Puzzlestück sein, aber in Genf klang es, als müsse man uns erschießen, wenn wir das hier nicht geheim halten. Noch kann ich diese Dramatik nicht ganz nachvollziehen.«
»Wir hoffen, dass die Schriftzeichen einen Schlüssel zum eigentlichen Rätsel enthalten. Das Projekt wurde danach benannt, aber in der Tat sind sie fast nebensächlich, wenn Sie das hier gesehen haben...« Marc ging voran.
»Nun machen Sie's aber spannend, was, Peter?«
Sie folgten dem Mann einen Gang entlang, der sich am rückwärtigen, dunklen Ende der Höhle um eine Ecke wand. Dort blieben sie abrupt stehen. Bis hierher drang nur noch so wenig des Scheinwerferlichts, dass sie deutlich ein bläuliches Schimmern sehen konnten, das auf eine merkwürdige Weise den ansonsten düsteren Gang vor ihnen erhellte.
Marc ging ein paar Schritte voraus. »Kommen Sie hierher zu mir, aber gehen Sie keinen Schritt weiter.« Er deutete auf die Steine zu seinen Füßen.
Nun erkannten sie, dass der Boden hier über die gesamte Breite des Gangs sorgfältig eingemeißelte Verzierungen enthielt. Eine Anzahl archaisch wirkender Symbole war zu Gruppen und Mustern angeordnet. In der Mitte prangte ein zyklopisches Zeichen aus konzentrischen Kreisen mit Unterbrechungen, die zur Mitte hinführten. Das Ganze wirkte wie ein übergroßes Wappen oder Siegel.
Peter beugte sich nach unten und fuhr einige Gravuren mit den Fingern nach. »Was bedeutet das hier?«
»Und was leuchtet hier so?«, fragte Patrick.
»Auf beides gibt es bisher keine Antwort«, erklärte Marc. »Wenn Sie nun bitte einmal zusehen würden, was passiert.« Die Forscher beobachteten, wie er einen weiteren Lichtschalter an der Wand betätigte und ein aufflammender Scheinwerfer an der Decke den Gang vor ihnen bestrahlte.
»Unfassbar!«, entfuhr es Peter.
In fünfhundert Watt Licht getaucht, entblößte der Fels die feinsten Risse und Unebenheiten, doch kurz hinter den Symbolen auf dem Fußboden hörte alles Licht so plötzlich auf, als beginne hier eine mattschwarz gefärbte Masse. Der Gang, der eben noch weiterzuführen schien, war nun gefüllt mit tiefer Schwärze. Es ließen sich weder Struktur noch Beschaffenheit erkennen. Jegliches Licht schien hier verschluckt zu werden, so dass keine noch so geringe Reflexion zum Betrachter zurückkam.
»Was zum Teufel ist das?!«, rief Patrick atemlos.
Marc trat dichter heran. Er streckte seinen Arm aus, der daraufhin bis zum Ellenbogen in der Schwärze verschwand. Es sah aus, als sei
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