Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht
Gehilfin sein, sondern mir vollkommen ebenbürtig.« Seine Zähne strahlten blendend weiß, als er grinste.
»Sie haben den Verstand verloren.«
»Nein, Jet. Ich habe eine Vision. Stell dir doch mal vor: Corp ist im Moment schwer angeschlagen. Ein Teil der Schwadron im Rattennetzwerk gefangen. Keine Ops da, um sie zu dirigieren und zu koordinieren. Keine ultrahohen Frequenzen, um den Außermenschlichen glückliche Gedanken zu senden. Ich würde sagen, Corp ist reif für einen kleinen Umsturz.« Er kicherte in sich hinein. »Genau wie Everyman es vorhergesagt hat.«
»Sie haben es die ganze Zeit gewusst«, fauchte Jet. »Nicht nur, dass Everyman Kidder entführt hat, sondern auch von dem Serum, das sie entwickelt haben. Sie wissen, was Everyman gegen die Außermenschlichen plant.«
»Joan, wer glaubst du, hat dafür gesorgt, dass Moore überhaupt an diese sensiblen Informationen gelangt ist?«
Draußen vor der Tür hörte Jet Iri kreischen.
»Ah«, sagte Night, »hört sich ganz so an, als hätte deine Freundin ihre guten Manieren vergessen.«
»Lassen Sie sie gehen!«
»Das kann ich nicht. Ich habe sehr lange daran gearbeitet, gewisse Dinge in Bewegung zu setzen. Das werde ich mir doch jetzt nicht verderben lassen. Ich hänge viel zu tief da drin.« Nights Augen funkelten unter seiner Kapuze. »Ich habe dafür gesorgt, dass Peter Iwanoff wegen Diebstahls von Corp-Geldern verhaftet wurde. Dass Martin Moore sich Zugang zu gewissen Dateien verschaffen konnte. All das diente dazu, Chaos in der Akademie und bei der Schwadron anzurichten. Aber an meinem eigentlichen Plan habe ich gearbeitet, seitdem ich dein Mentor wurde.«
Sie runzelte die Stirn. »Eigentlicher Plan?«
»Seit mir bewusst wurde, über welche Kräfte du verfügst, habe ich gezielt auf den heutigen Tag hingewirkt.«
»Ich werfe Schatten«, erwiderte Jet. »Genau wie Sie.«
»Nein, Kleiner Schatten. Ich stoße Licht ab. Du absorbierst es.«
Sie blinzelte. Ihre Überraschung gewann die Oberhand gegen den Zorn. »Nein, ich werfe Schatten.«
»Ein reines Nebenprodukt deiner wahren Fähigkeiten«, schnaubte er. »Das wurde mir klar, als du das erste Mal versucht hast, mein Licht zu absorbieren. Meine Lebenskraft, wenn du es melodramatisch magst.«
»Seit ich was 7 . Ich habe nie …«
»Doch, hast du«, widersprach Night. »Du hast auf mich gewartet, um mit mir darüber zu sprechen, ob ich dein Mentor werden will. Du lagst da, auf dem Boden des Korridors, vor meiner Tür. Deine Augen schwarz, dein Gesicht totenbleich. Und da wusste ich, dass der Schatten dich in seiner Gewalt hatte. Und ich spürte Mitleid mit dir, Joan«, fügte er sanft hinzu. »Wirklich. So jung, und schon gefoltert von den Stimmen. Ich berührte dich, fasste dich bei den Schultern, versuchte, dir beizustehen gegen den Schatten. Und dann hättest du mich beinahe vollkommen ausgesaugt.«
Sie schnappte nach Luft. »Sie lügen …«
»Nein, tue ich nicht. Es war eine unglaublich seltsame Empfindung. Eiskalt fühlte es sich an. So kalt, dass es mich wie mit Messern zerschnitt. Und ich spürte, wie ich starb, Joan. Ich spürte, wie du mir mein Leben wegnahmst. Und um uns herum erblühten überall Schatten. Mein Tod verhalf ihnen zum Leben. Es war wunderschön.«
Das konnte doch nur eine Lüge sein.
Night lächelte und schüttelte reumütig den Kopf. »Aber ich war schon zu erfahren, um mir von einer halbwüchsigen Helden-Schülerin das Lebenslicht ausblasen zu lassen. Also schlug ich dich. Und mehr brauchte es nicht. Dieser kleine Schock reichte aus, um dich aufzuwecken, und der Schatten ließ dich los.«
Jet bebte. Sie wünschte sich so sehr, dass das alles nicht stimmte … aber in ihrem Herzen wusste sie, dass er die Wahrheit sagte.
»Dein Körper setzt Energie auf ganz besondere Weise um. Die Schatten, die dabei entstehen, sind quasi ein Nebenprodukt«, sagte Night. »Abfall, wenn du so willst. Deine wahre Stärke liegt darin, dass du Licht absorbieren kannst. Und als mir das klar wurde, fügten sich alle Teile des Puzzles zusammen. Ich begann, dich gezielt aufzubauen. Und auch deine Freundin.«
»Meine …«
»Iridium.«
»Halten Sie Iri da raus, verflucht noch mal! Lassen Sie sie gehen!«
»Was für ein zartes Band«, sagte Night possierlich. »Man hat uns immer erzählt, im Leben eines Helden gäbe es keinen Platz für wahre Freundschaft. Aber das stimmt nicht. Freunde geben dir Kraft. Freunde ermutigen dich, dein Bestes zu geben. Freunde würden füreinander
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