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Prophezeiung der Seraphim

Prophezeiung der Seraphim

Titel: Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Vassena
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»Nicolas, du ziehst sicher vor, mich zu begleiten, statt deinen Freunden ins Verlies zu folgen.«
    »Ja, Mutter«, sagte Nicolas mit gesenktem Kopf.
    In Ruben keimte Hoffnung auf: Vielleicht verstellte sich Nicolas, um sie später zu befreien.
    Er selbst konnte nichts tun, wenn er auch am liebsten jeden einzelnen Knochen in Villeraux’ Leib gebrochen hätte. Der Seraph schubste ihn in den Gang und trieb ihn hinter Cal und Agenor her. Julie hing immer noch reglos über Cals Schulter, aber Ruben war sich sicher, dass sie nicht tot war. Der Erzengel brauchte sie noch.
    Auch an der zweiten Tür benutzte Cal den gläsernen Schlüssel. Die Erschütterung des Felsens und das Knirschen kannte Ruben bereits, aber es ging ihm dennoch durch Mark und Bein. Als Erstes trug der Erzengel Julie in die Schwärze, Agenor folgte ihm mit Fédéric, und kurz darauf kehrten beide allein zurück. Villeraux stieß Ruben einfach in das Verlies hinein, dann wurde die Eisentür ins Schloss geworfen.
    Er lag auf dem kalten, glasartigen Boden, spürte, wie der Raum sich in Bewegung setzte und hielt sich die Ohren zu, um das Knir schen von Stein auf Stein nicht hören zu müssen. Nach einer Weile erbebte das Verlies und kam zum Stehen.
    Es war still. Ruben setzte sich auf und starrte in die Dunkelheit, so schwarz, als säße er in einem Tintenfass. Vergeblich versuchte er, die Panik zurückzudrängen. Wie er die Dunkelheit hasste! Krampfhaft lauschte er auf jedes noch so leise Geräusch, und nach einiger Zeit meinte er jemanden atmen zu hören.
    »Julie?«, flüsterte er.
    Etwas regte sich in seiner Nähe, dann ein Stöhnen.
    »Ruben?« Julies Stimme. »Wo sind wir?«
    »Im Verlies. In einem der Verliese.«
    »Dort wollten wir ja hin.« Julie lachte trocken. »Mein Kopf tut so weh.«
    »Ich bin auch noch da«, meldete sich Fédéric betont forsch. »Was ist los, können die Seraphim sich keine Kerzen mehr leisten?«
    Ruben rutschte in die Richtung, aus der Julies Stimme kam, bis er etwas Weiches berührte. Julie schrie auf. »Etwas ist an meinem Fuß!«
    »Das bin ich«, flüsterte Ruben. Er tastete nach Julies Hand und umklammerte sie. Nun lastete die Finsternis nicht mehr ganz so schwer auf ihm. Kurze Zeit später kam auch Fédéric zu ihnen, dem es gelungen war, seine Fesseln zu lösen, und gemeinsam hielten sie sich an den Händen und bildeten ein kleines Bollwerk gegen die Furcht.
    Ein schwaches Husten in einiger Entfernung ließ Ruben erstarren.
    »Was war das?«, wisperte Julie.
    »Jemand hat gehustet«, antwortete Fédéric. »Also ist wohl noch jemand hier.«
    Der Jemand stöhnte leise.
    »Henri?«, hauchte Ruben. »Bist du das?«
    Aus dem Dunkeln tönte ein Klopfen als Antwort. Das konnte nur Henri sein. Oder war es ein anderer Gefangener, der seit Ewigkeiten hier in der Dunkelheit saß? Der Gedanke jagte Ruben einen Schauder über den Rücken. Dennoch kroch er dem Klopfen nach, bis er auf einen Körper stieß.
    »Henri?«
    »Ruben.«
    Die Stimme war so schwach, dass Ruben sie kaum hörte.
    »Ja, ich bin da. Henri, es tut mir leid, bitte verzeih mir!« Ruben nahm das Amulett ab und legte seine Hände auf den mageren Leib seines Freundes. Kälte floss in seine Finger, die Kälte des Todes. Ruben ließ seine Lebenskraft auf ihn übergehen, er wollte nichts anderes mehr, als den Freund zu retten. Das schwache Glühen, das dem Umriss seiner Hände folgte, glomm im Dunkel, aber seine Wärme versickerte in der grenzenlosen Kälte, die Henris Körper durchdrang.
    »Warum … hast du?« Henris Stimme versagte.
    Ruben fand keine Antwort. Was er Henri angetan hatte, war unverzeihlich.
    »Ruben? Ist das dein Freund?« Julie war nun hinter ihm.
    »Der Erzengel hat mich gezwungen … Ich bin schuld, dass es ihm so schlecht geht.« Er biss sich auf die Lippen.
    »Schön, dass du endlich erkannt hast, wer hier die Bösen sind«, ließ sich Fédéric vernehmen. Ruben antwortete ihm nicht, sondern presste seine Hände weiter auf Henris Körper, als könnte er ihm dadurch noch mehr von seiner eigenen Lebenskraft abgeben.
    Julie berührte sanft seine Schulter.
    »Lass ihn gehen, Ruben. Ich kann spüren, dass er bereit ist.«
    »Nein!« Ruben war verzweifelt. Die Kälte war bereits bis zu seinen Ellbogen aufgestiegen, der leuchtende Rand um seine Hände beinahe erloschen.
    »Du quälst ihn nur, Ruben. Lass ihn los.«
    Langsam löste er seine Hände vom Leib seines Freundes und sank in sich zusammen.
    »Warum?« Ein leiser Hauch von Henris Lippen streifte

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