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Prophezeiung der Seraphim

Prophezeiung der Seraphim

Titel: Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Vassena
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Mauer. Dann nahm sie Rubens Hand und gemeinsam hoben sie im Dunklen ihre Amulette und näherten sie einander an. Sofort sprangen blaue Funken zwischen ihnen auf. In ihrem Schein konnte sie Rubens Gesicht sehen, sie lächelten sich zu.
    Die Magie in den Amuletten ist ungeformt, sagte Songe. Ihr müsst eure Gedanken ganz auf das ausrichten, wofür ihr sie benutzen wollt. Eure Aufmerksamkeit darf keinen Augenblick lang nachlassen, sonst gerät die Magie außer Kontrolle.
    Julie atmete tief ein und sah Ruben an. Dann fügten sie die Amulette zusammen.
    Mit gewaltigem Druck strömte blaues Licht aus der Nahtstelle und wand sich um Julies und Rubens Unterarme, als wäre es lebendig. Das Licht zerrte an ihr, sie fühlte, wie es ausbrechen wollte, um alles zu zerstören, was es erreichen konnte. Nur widerstrebend ließ es sich von Ruben und Julie in eine Form zwingen, doch es gelang: Die zuckenden Lichtstränge vereinigten sich zu einem Strahl, der sich auf die Mauer vor ihnen richtete. Funken sprühten wie winzige Saphire in alle Richtungen, als er auf den Stein traf.
    Julie starrte in dieses kalte Feuer und dachte an das, was ihre und Rubens Kraft bewirken sollte. Alles andere wurde von dem Leuchten und ihrem Willen ausgelöscht – sogar ihren Namen und weshalb sie hier war, vergaß sie in diesem Augenblick. Und der Stein schmolz. Immer tiefer fraß sich das blaue Licht, höhlte einen Tunnel in den Fels. Die Geschwister bemühten sich, die Amulette ruhig zu halten, obwohl deren magische Kräfte an ihren Armen zerrten. Flüssiger Stein rann über den Boden und bildete dort bizarre Ornamente.
    Als das Licht in den Raum jenseits der Mauer brach, zuerst als Ring aus blauem Feuer vom Umfang einer Faust, dann eines Kinderkopfs und dann eines kleinen Wagenrads, rief Songe: Genug!
    Es gelang Julie und Ruben nicht sofort, die beiden Amulette zu trennen. Sie schienen wie miteinander verschmolzen und bei dem Versuch durchzuckte ein Blitz Julies ganzen Körper. Beinahe hätte sie losgelassen, aber sie biss die Zähne zusammen und riss ihre Hälfte an sich. Dann brach sie zusammen.
    Sie verlor nicht völlig das Bewusstsein, aber einige Minuten lang konnte sie sich nicht bewegen, ihr Körper war wie taub. Auch Fédérics Stimme hörte sie zwar, verstand aber nicht, was er sagte. Er stand vor ihr und zum ersten Mal, seit sie in das Verlies geworfen wurden, konnte sie seine Umrisse erkennen. Es war heller geworden.
    Als das Gefühl endlich in ihren Körper zurückkehrte und sie sich aufrichten konnte, sah Julie, dass aus dem Loch ein schwaches, graues Licht drang.
    Alles in Ordnung? Sie suchte Ruben mit ihrem Geist und spürte, wie erschöpft er war, dass seine Schwäche aber vorüberging.
    »Wir haben es geschafft!«, flüsterte er.
    »Rizinus und Mäuseköttel, ich hab mir fast in die Hosen gemacht«, sagte Fédéric beeindruckt. »Wenn ich der Erzengel wäre, würde ich das Weite suchen, so schnell ich kann.«
    Er zog Julie auf die Beine und ihr wurde bewusst, dass sie nur den Mut fand, das alles zu tun, weil er bei ihr war. Und Ruben, ihr Bruder.
    »Worauf warten wir eigentlich?«, fragte Fédéric. »Nichts wie raus hier.«
    Er trat auf das Loch in der Wand zu, doch es war Songe, die als Erste in den Tunnel sprang. Fédéric folgte, dann schlüpfte Julie hinein. Der Fels war wieder fest geworden, und sie wunderte sich, dass er so kalt war. Mühelos schob sie sich durch die Röhre, deren Wände glatt wie Glas waren. Hinter sich hörte sie Ruben atmen, und sie war froh, dass er bei ihr war. Die Wand war etwa zwölf Fuß dick, dann glitt sie auf der anderen Seite heraus.
    »Geht’s dir gut?«, fragte Fédéric, der ihr beim Aufstehen half.
    Julie nickte. Dann sah sie sich um. Der Raum, in dem sie sich jetzt befanden, war kreisrund und hatte gewaltige Ausmaße; Julie schätzte einen Durchmesser von gut fünfzig Schritten, obwohl das bei den schlechten Lichtverhältnissen schwer zu sagen war. Als sie nach oben blickte, um die Lichtquelle ausfindig zu machen, stellte sie fest, dass die Decke sich weit über ihren Köpfen befand. Nur undeutlich erkannte sie mehrere Öffnungen, so klein, dass das Licht sich auf dem langen Weg nach unten verlor und am Grund nur schwaches Dämmerlicht herrschte.
    »Sieht aus wie eine Zisterne«, sagte Ruben. Obwohl er leise gesprochen hatte, erzeugte seine Stimme ein vielfaches Echo.
    Julie kniff die Augen zusammen: Auf der anderen Seite der Rotunde glänzte etwas. Als sie darauf zuging, schälten sich

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