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Prophezeiung der Seraphim

Prophezeiung der Seraphim

Titel: Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Vassena
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Tür einen Spalt offen. Mit betont lauten Schritten ging er ein Stück den Gang entlang, kehrte dann leise zum Kabinett zurück und legte ein Ohr an den Spalt.
    »Was wollt Ihr von mir?«, hörte er den Herzog eben sagen. »Hat Savéan Euch geschickt? Er sollte wissen, dass ich mich auf keinen Handel einlasse.«
    »Ich wundere mich, dass Ihr an einem Abend wie diesem nicht an der Seite des Königs weilt«, entgegnete die Comtesse.
    »Seine Majestät hat mich für morgen einberufen.«
    »Vielleicht will er Euch entlassen? Was geschieht, wenn man dem Volk zu viel Freiheiten gewährt, hat sich heute gezeigt. Die Bastille anzugreifen und alle Gefangenen zu befreien, gute Güte!«
    »Madame, so bezaubernd Ihr auch seid, aus der Politik solltet Ihr Euch besser heraushalten.« Der Herzog klang kühl, doch als er weitersprach, veränderte sich seine Stimme. »Was habt Ihr vor?«, keuchte er. »Gott, ich begehre Euch so sehr!«
    Ruben musste herausfinden, was eben geschehen war. Er drückte die Tür etwas weiter auf und lugte vorsichtig hindurch. Was er sah, jagte eine kalte Flamme durch seinen Körper: Der Herzog stand halb seitlich zur Tür, und Elisabeth d’Ardevon schmiegte sich an ihn. Ihre Hände umschlangen seinen Nacken. De Marmande warf den Kopf zurück, als kämpfte er gegen einen inneren Drang an, doch dann umarmte er sie und presste seinen Mund auf ihren. Ruben wollte sich schon abwenden, als etwas mit dem Herzog geschah. Sein Stöhnen wurde zu einem Ächzen, dann zu einem erstickten Schrei. Jetzt versuchte er, die Comtesse zurückzustoßen, doch ihre Arme umrankten ihn wie Kletterpflanzen.
    Elisabeth d’Ardevons Augen waren weit geöffnet und von leuchtendem Weiß, als hätten sich ihre Augäpfel nach hinten gedreht. Nun wölbten sich ihre Wangen nach innen, und zwischen den beiden Mündern, die noch immer aufeinander gepresst lagen, quoll Blut heraus. Der Herzog wurde jetzt von einem Krampf geschüttelt. Als die Comtesse die Arme öffnete, sank er über den Tisch mit den Gesteinsproben. Die Sammelkästen krach ten zu Boden, Steine polterten über das Parkett. Elisabeth d’Ardevon lächelte und wischte sich einen Blutfaden vom Kinn, dann warf sie den Kopf zurück und lachte. Doch unvermittelt brach das Lachen ab und sie blickte zur Tür.
    Ruben taumelte zurück, dann lief er los. Zurück durch die Zimmerflucht, die Treppe hinab – er wollte nur hinaus. Ohne zu wissen, wie er dorthin gefunden hatte, gelangte er schließlich auf den Hof, wo die Kutschen der Besucher warteten. Keuchend lehnte er sich gegen eine Mauer. Er wünschte sich sehnlich, er hätte sich nicht zurückgeschlichen und nicht gesehen, was soeben geschehen war. Doch er hatte es gesehen und würde es nie mehr vergessen. Ob der Herzog noch am Leben war?
    »Ihre Augen«, murmelte er von Grauen erfüllt.
    Oder hatte er alles falsch gedeutet? Es war durchaus möglich, dass der Herzog von Leidenschaft übermannt worden war und die Comtesse sich gegen seine Zudringlichkeiten gewehrt hatte. So musste es gewesen sein. Allmählich wurde sein Atem ruhiger.
    Ruben hob den Blick und nahm die Wagen wahr, die den Hof füllten. Einige Kutscher, die neben einer Fackel zusammenstanden und eine Flasche kreisen ließen, starrten ihn an. Er stieß sich von der Mauer ab, stolperte an ihnen vorbei und war erleichtert, als er den Wagen der Comtesse entdeckte. Deren Kutscher war auf dem Bock eingeschlafen und wachte auch nicht auf, als Ruben den Schlag öffnete und hineinkroch. Im Inneren kauerte er sich auf der Sitzbank zusammen und sagte sich immer wieder, dass alles in Ordnung war.
    Er wachte kurz auf, als die Kutsche anfuhr. Seine Augenlider flatterten, er sah das Gesicht der Comtesse über sich, lieblich wie immer, und lächelte erleichtert. Es war nur ein Traum gewesen, nur ein Traum. Dann versank er wieder in ein wohliges Dunkel.
    Als er das nächste Mal hochfuhr, war er hellwach und fand sich in seinem Zimmer im Palais der Comtesse wieder. Eine abgeblendete Nachtlaterne beleuchtete die vertrauten Möbel. Rubens Herz hämmerte gegen sein Brustbein. Hatte ein Geräusch ihn geweckt? Er lauschte, aber alles war still. Er legte sich wieder hin, doch sein Herz wollte sich nicht beruhigen. Erneut stand ihm die Szene im Kabinett vor Augen – und nun war er sich sicher, dass sie wirklich geschehen war.
    Henri kam ihm in den Sinn: Mit ihm würde er darüber sprechen können. Auf einmal plagte ihn das schlechte Gewissen, weil er sich so lange nicht um seinen Freund

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