Psychologische Homöopathie
ihr Ehemann oder Partner, der sie auf irgendeine Weise für allzu selbstverständlich genommen und so die permanente Spannung aktiviert hat, die damit zusammenhängt, daß sie ihr wahres Wesen verleugnet. Dagegen tendiert Natrium mehr dazu, ihre Wut lange Zeitzu unterdrücken, weil sie Angst hat, die Liebe ihres Partners zu verlieren, und wenn sie schließlich »ausflippt«, wird sie vielleicht monatelang wütend sein, und während dieser Zeit kann keine Entschuldigung sie beschwichtigen.
Im Hinblick auf Sepias Tendenz, gegen die männliche Vorherrschaft zu rebellieren, kann man damit rechnen, viele Sepias in der Frauenbewegung zu finden. Das ist tatsächlich der Fall, obwohl ihre Zahl deutlich von Natrium übertroffen wird, weil es einfach weiter verbreitet ist. Wie die Natrium-Feministin hat auch die Sepia-Feministin gewöhnlich einen scharfen Verstand, mit dem sie die Apologeten des patriarchalischen Systems aufs Kom nimmt. Dabei ist sie leidenschaftsloser als ihre Natrium-Schwestern, die eher zu Haßgefühlen neigen. (Natrium wird in Kents Repertorium kursiv unter der Rubrik »Haß« aufgeführt, während Sepia dort überhaupt nicht steht.) Wie Jenny, die Sepia-Heldin in Garp und wie er die Welt sah , konzentriert sich die Sepia-Feministin lieber darauf, die umfassenderen Themen der Frauenpolitik zu klären, während Natrium-Feministinnen mehr auf Rache aus sind. (Trotzdem gibt es auch eine Menge von Natrium-Ferninistinnen, die mit dem Thema vernünftig und leidenschaftslos umgehen.)
Die Abgestumpfte – Apathie und Unfähigkeit
Wenn Sepia ihr wahres Wesen erst einmal lange genug verleugnet hat, beginnt sie, ihren Mut zu verlieren. Wenn das passiert, stirbt ihr Lebenshunger allmählich ab. Sie handelt dann mehr und mehr wie ein Roboter und geht ihren gewohnten Aktivitäten ohne Begeisterung und ohne jede innere Motivation nach. Weil sie den Kontakt zu ihrer eigenen Lebenskraft verloren hat, fühlt sie sich körperlich und geistig träge (Kent: »Stumpfsinn, Trägheit«), und ihre Emotionen sind ebenfalls abgestumpft, so daß sie allem gegenüber gleichgültig wird. Besonders häufig passiert das der Sepia-Hausfrau, die außerhalb der Familie keine Interessen hat, die ihr Anregungen geben könnten. Als die Kinder kamen, hat sie ihren Sport aufgegeben und hatte auch keine Zeit mehr, Gedichte zu schreiben. Vielleicht hat sie allmählich auch die Inspiration verloren, als sie zunehmend darin aufging, Babys zu füttern, Windeln zu wechseln und das Essen zu kochen. Wenn sie sich selbst verliert, beginnt Sepia sich darüber Sorgen zu machen, daß sie immer weniger für ihren Mann und ihre Kinder empfindet (Kent: »Gleichgültigkeit gegenüber Angehörigen«), ganz abgesehen von ihrer Reizbarkeit. Sie verliert auch ihre frühere Freude an Geselligkeit, Essen, Trinken und Sex (Kent: »Gleichgültig gegenüber Vergnügungen«).
Wenn dieser Zustand weiter fortschreitet, empfindet die Sepia-Frau einen immer stärkeren Verlust an Energie, und es wird für sie immer schwieriger, den Alltag zu bewältigen (Kent: »Abneigung gegen Beschäftigung«). Sie steht morgens auf und denkt mit Schrecken an den vor ihr liegenden Tag, weil sie keine Energie und keine Motivation hat. (In diesem Stadium ist die Verbesserung durch Tanzen oder lebhafte sportliche Aktivitäten am stärksten spürbar.) Vielleicht hat sie auch keine Geduld mehr im Umgang mit den Kindern und brüllt sie wegen jeder Kleinigkeit an. Am Abend versucht sie, ihrem Mann gegenüber ein fröhliches Gesicht zu machen, aber das schafft sie nicht lange, weil sie dafür all ihre Energie braucht. Im Bett hat sie keine Lust auf Sex und schreckt oft zurück, wenn ihr Mann sie berührt (Kent: »fürchtet Berührung, Kontakt«). Wenn sie trotzdem mit ihrem Mann schläft, empfindet sie nichts, oder sie fühlt sich anschließend weinerlich und reizbar. Ihr Denken wird immer langsamer, bis sie schließlich bei den einfachsten Dingen Fehler macht (Kent: »geistige Erschöpfung«). Sie läßt das Essen anbrennen, gibt Bleichmittel statt des Weichspülers in die Wäsche und vergißt Verabredungen. Allmählich gerät sie in Panik, weil es mit ihr abwärtsgeht und sie spürt, daß sie mit der Situation nicht mehr fertig wird. Ohne Grund bricht sie in Tränen aus, und sie weint jedesmal, wenn sie jemandem erzählt, wie sie sich fühlt (Kent: »weint, wenn sie über ihre Symptome berichtet«). Schließlich wird sie immer ängstlicher, weil sie nicht mehr fähig ist, ihr Leben zu
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