Psychologische Homöopathie
ihre Erziehung und die Gesellschaft gezwungen wird, ihre eigene Art der Weiblichkeit zu verleugnen.
Wie andere überwiegend weibliche Typen neigt Sepia zu hormonabhängigen Stimmungsschwankungen. Als Psychotherapeut habe ich festgestellt, daß solche hormonabhängigen Launen immer eine Folge der Unterdrückung von Ärger und Traurigkeit in der Kindheit sind, aber auch mit den aktuellen Lebensbedingungen zu tun haben, und sie verschwinden, wenn die Patientin Iernt, sich ihre unterdrückten Emotionen in ihrem ursprünglichen Zusammenhang (d. h. Ärger auf den Vater und nicht Ärger, der auf den Ehemann projiziert wird) wieder bewußtzumachen und voll zu erleben.
Manchmal kommt es bei Sepia tatsächlich zu pathologischen Hormonwerten, aber diese spiegeln nur die unterdrückten Emotionen, und sie verschwinden, wenn die Emotionen aufgelöst worden sind. (Vgl. Arthur Janov: Der neue Urschrei , wo nachgewiesen wird, daß die Auflösung unterdrückter Emotionen zur Normalisierung körperlicher Funktionen führt.) Häufiger sind Sepias Hormonwerte zwar normal, aber der rasche Wechsel im Hormonstatus, der vor der Menstruation, nach einer Geburt und im Klimakterium auftritt, führt zu einer emotionalen Labilität, weil er die normalen Unterdrückungsmechanismen destabilisiert, die unseren unterdrückten Schmerz zurückhalten (bei jedem von uns). Sepia neigt in diesen Zeiten besonders zu Ärger und Reizbarkeit, weil sie von Natur aus ein eigenwilliger, unabhängiger Typ ist. Natrium dagegen tendiert während dieser Phasen eher zu Traurigkeit, weil ihr Bedürfnis nach Liebe und ihre Empfindlichkeit gegenüber Liebesentzug größer sind als ihr Unabhängigkeitsbedürfnis.
Wenn Sepia gekränkt ist, reagiert sie entweder verärgert oder bricht in Tränen aus (Kent: »weinen – unfreiwillig«, »Stimmung – tränenreich«), und ihre Tränen fließen in den meisten Fällen sehr leicht, wenn sie nicht emotionalausgelaugt ist, wobei dann Apathie und emotionaler Stumpfsinn vorherrschen. Ihre Tränen sind gewöhnlich eher ein Ausdruck von Wut und Spannung als von Traurigkeit. Sie können durch jede Kleinigkeit ausgelöst werden, wenn sie vor der Periode oder generell angespannt ist, weil sie irgendwelche Probleme hat. Auch hier leiden wiederum die Sepias, die ihre natürliche Unabhängigkeit geopfert haben, am meisten unter den hormonbedingten Stimmungsschwankungen, denn sie mußten am stärksten ihren Ärger unterdrücken.
Verschiedene Konstitutionstypen neigen vor der Periode zu Ärger und Tränenausbrüchen. Dazu gehören Natrium, Sepia, Lachesis und Alumina. Wenn die Tränen unterdrückt werden, handelt es sich überwiegend um Natrium, während man an Sepia und Lachesis denken sollte, wenn die Tränen frei fließen und die Wutausbrüche plötzlich und heftig sind. Diese beiden Mittel kann man gewöhnlich leicht unterscheiden, weil Sepia frostig und Lachesis warmblütig ist. Es gibt jedoch auch viele Frauen, die irgendwo dazwischen liegen, manchmal weinen, manchmal gereizt sind, gelegentlich auch Wutanfälle haben, wo jedes der erwähnten Mittel oder ein anderes angezeigt sein kann und andere Symptome des Falles für die Arzneiwahl von größerer Bedeutung sind. Sepia wird oft benötigt, wenn die Frau darüber klagt, sie werde vor der Periode etwa eine Woche oder länger »ein anderer Mensch«, und während dieser Zeit sei sie ein wahrer Teufel, fahre jeden Menschen in ihrer Umgebung an, beklage sich über jede Kleinigkeit und zerschlage in der Küche die Gläser. Obwohl ihr Problem eine Folge von unterdrückter Wut ist, kann es durch eine Hochpotenz Sepia oft gelindert oder geheilt werden. (Wahrscheinlich löst das Mittel einen Teil der Spannung im Nervensystem, die durch die unterdrückte Wut entstanden ist, und es verringert auch das durch die Hormonschwankungen bedingte »Durchsickern« von Emotionen durch die Barriere zwischen Unterbewußtsein und Bewußtsein.)
Jeder Konstitutionstyp kann eine gewisse Bitterkeit entwickeln, aber charakteristisch ist sie nur für einige wenige, vor allem Arsenicum, Natrium muriaticum, Sepia und Nux. Sepia ist im Grunde weniger anfällig für Bitterkeit als Natrium, weil sie ihre Wut nicht so stark unterdrückt. Nach dem Wutausbruch ist die Spannung wieder gelöst. Sie ist häufiger einmal vorübergehend verärgert, was sich aber relativ schnell legt, nachdem sie explodiert ist, besonders wenn derjenige, über den sie sich geärgert hat, sich bei ihr entschuldigt. In vielen Fällen ist das
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