Psychologische Homöopathie
davon aus, daß sie keinen Verstand haben. Sulfur-Ehemänner sind oft sehr faul und denken, ihre Aufgabe sei allein der Broterwerb, während die Frau für alle anderenArbeiten im Haus zuständig ist einschließlich der Kinderbetreuung, sogar in den Ferien.
Zu Hause kommt Sulfurs Selbstsucht oft am stärksten zum Vorschein. Er betrachtet seine Frau vielleicht als völlig selbstverständlich, denkt, daß er Wichtigeres zu tun hat, als die Kinder abzuholen (beispielsweise mit seinem Kumpel zu reden oder ein Fußballspiel anzusehen), und wenn seine Partnerin schließlich einen Wutanfall bekommt, ist er völlig verblüfft und nennt sie eine alberne, hysterische Frau. Ich habe dieses Szenario zwischen einem Sulfur-Ehemann und seiner seit langem leidenden Frau oft genug beobachtet und erwarte es mittlerweile fast. (Kent: »Er pflegt herumzusitzen und nichts zu tun, während seine Frau sich abschuftet und sich um ihn sorgt; er denkt, das sei alles, wofür sie taugt.«) Der schon erwähnte Sulfur-Koch vertraute mir an, seine Frau sei ein wenig schlicht, weil ihr Gehirn während einer emotionalen Krise unter Sauerstoffmangel gelitten habe. Er betonte, sie sei eine wunderbare Frau, und er liebe sie innig, aber sie sei nun mal ein wenig einfältig und könne viele Dinge nicht verstehen. Schließlich lernte ich seine Frau kennen und fand sie überdurchschnittlich intelligent, aber sie war der kindischen Träume ihres Mannes von Weltfrieden und Bewußtseinserweiterung ein wenig müde.
Wie man sich vorstellen kann, steht das Ausmaß, in dem Sulfur seine Frau (und seine Kinder) vernachlässigt, oft in einem direkten Verhältnis zu dem Charme, mit dem er hübsche Frauen umwirbt. Wie Lycopodium sind viele Sulfurs Schürzenjäger, und wegen ihres größeren Selbstwertgefühls sind sie bei ihren Seitensprüngen weniger vorsichtig. Der Sulfur-Koch erzählte mir, er glaube, verheiratete Partner sollten einander gelegentlich die Freiheit zugestehen, auch mit anderen zu schlafen. Er sagte, er habe darüber auch mit seiner Frau gesprochen, aber seltsamerweise sei sie von der Idee nicht sonderlich begeistert gewesen. (Sulfur kann von dieser Art »weiblicher Logik« echt überrascht sein.) Die Frau eines anderen Sulfur-Patienten erzählte mir, ihr Mann flirte offen mit ihren Freundinnen und versuche sogar, sie ins Bett zu bekommen. In echter Sulfur-Manier rechtfertigte er sein Verhalten, indem er großartige Motive vorgab und erklärte, er habe so viel Liebe in seinem Herzen, daß er vielen anderen etwas davon abgeben müsse. Aber der Charme des durchschnittlichen Sulfur-Mannes ist so stark, und seine Herzenswärme und Großzügigkeit sind so echt, daß seine Partnerin ihm solche Eskapaden immer wieder vergibt. Wenn sie ihn jedoch verläßt, stellt er gewöhnlich sehr schnell fest, wie hoffnungslos abhängig er emotional und praktisch von ihr war.
Sulfur ist emotional oft ein echtes Kind, das glaubt, es könne haben, was es will, ohne Verantwortung dafür zu übernehmen. Wenn er plötzlich seineLiebste oder seinen Job verliert, weil er zu nachlässig war, dann reagiert er meist völlig verblüfft und verständnislos. Ich erinnere mich an ein Paar, das ich wegen ehelicher Probleme beraten habe. Die Frau klagte darüber, daß ihr Mann ein leidenschaftlicher Fußballspieler und -trainer sei, was seine ganze Freizeit in Anspruch nahm, so daß für sie und die Kinder nichts übrigblieb (wenn sie nicht zum Fußballplatz gingen). Er saß während des ganzen Gesprächs ungerührt da, und als ich ihn fragte, was er denn zu den Klagen seiner Frau zu sagen habe, erklärte er, sie sei geisteskrank und übertreibe deshalb enorm. Ich sagte, ich könne verstehen, was für ein Mann er sei und daß er es eigentlich gut meine, aber mir sei auch klar, daß seine Frau einen echten Grund zur Klage habe. Darauf erwiderte er einfach: »Ich bin wie ich bin, und ich werde mich nicht ändern.« Er legte Wert darauf, daß seine Frau sich einer Psychotherapie unterzog, »um ihr ein bißchen Verstand einzutrichtern«, aber als die Therapie ihr Selbstwertgefühl stärkte und sie ihn verließ, brach er körperlich und geistig zusammen. Seine Haltung wechselte dann zwischen pathetischem Flehen, sie möge zurückkommen, und Beschuldigungen, sie sei die Ursache all seiner Lebensprobleme. Er nahm sogar an einem Wochenendkurs in »Selbsterfahrung« teil, worauf er seiner Frau erklärte, er habe sich nun von seinen Komplexen befreit und könne sehen, wie sehr sie immer noch
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