Psychose: Thriller (German Edition)
Vorhang zurückziehen, alles Mögliche ändern. Ist Ihnen klar, dass das das Ende von Wayward Pines und von uns allen bedeuten kann?«
Sie kamen zwischen den Bäumen hindurch, und der Hubschrauber, dessen bronzene Farbe in der Nachmittagssonne glänzte, war noch knappe einhundert Meter von ihnen entfernt.
Was für ein perfekter Herbsttag
, schoss es Ethan durch den Kopf.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte er Pilcher.
»Ich möchte, dass Sie mir helfen. Sie besitzen einige seltene Talente.«
»Warum habe ich das Gefühl, dass ich eigentlich gar keine Wahl habe?«
»Natürlich haben Sie die.«
Der Wind wehte in Ethans Gesicht und drückte das Gras zu Boden.
Sie erreichten den Hubschrauber und Pilcher zog die Tür auf und ließ Ethan zuerst einsteigen.
Als sie einander gegenübersaßen, meinte Pilcher: »Seit Sie in Wayward Pines aufgewacht sind, wollten Sie weg. Ich gebe Ihnen die Gelegenheit dazu und lege sogar noch einen Bonus darauf. Sie bekommen ihn sofort. Sehen Sie hinter sich.«
Ethan drehte sich um und schob den Vorhang zum Frachtraum beiseite.
Ihm stiegen Tränen in die Augen.
Es war die ganze Zeit da gewesen, dieses Wissen, das er sich nicht hatte eingestehen wollen. Wenn das, was Pilcher gesagt hatte, stimmte, dann würde er seine Familie nie wiedersehen. Sie wäre nichts weiter als Staub und Knochen.
Doch da war sie. Theresa und Ben lagen bewusstlos und gefesselt auf zwei Tragen und zwischen ihnen stand eine schwarze Tasche.
Sein Junge sah gar nicht mehr wie ein Junge aus.
»Nachdem ich Sie in der Suspension hatte, habe ich mich über Sie erkundigt, Ethan. Ich fand, dass Sie Potenzial haben. Also habe ich Ihre Familie aufgesucht.«
Ethan wischte sich über die Augen. »Wie lange sind sie schon in Wayward Pines?«
»Fünf Jahre.«
»Mein Sohn … Er ist …«
»Er ist jetzt zwölf. Sie haben sich beide gut integriert. Ich hielt es für klüger, dass sie stabil sind und sich eingelebt haben, bevor ich Sie aufwecke.«
Ethan gab sich gar nicht erst die Mühe, den Zorn in seiner Stimme zu verbergen, und stieß die Worte fast schon knurrend aus. »Warum haben Sie so lange gewartet?«
»Das habe ich nicht. Ethan, das ist unser dritter Versuch mit Ihnen.«
»Wie ist das möglich?«
»Eine der Nebenwirkungen der Suspension ist retrograde Amnesie. Bei jeder Reanimation wird Ihr Gehirn auf den Zustand vor der ersten Suspension zurückgesetzt. In Ihrem Fall also zu dem Autounfall. Allerdings glaube ich, dass einige Erinnerungen bleiben. Möglicherweise manifestieren sie sich in Träumen.«
»Habe ich schon einmal versucht zu fliehen?«
»Beim ersten Mal haben Sie den Fluss überquert und wurden beinahe von den Abbys getötet. Wir haben interveniert und Sie gerettet. Beim zweiten Mal haben wir dafür gesorgt, dass Sie Ihre Familie sehen, weil wir hofften, dass Ihnen das helfen würde. Aber Sie haben versucht, zusammen mit Ihrer Frau und Ihrem Sohn zu fliehen. Dabei wären Sie beinahe alle drei umgekommen.«
»Dann wollten Sie dieses Mal also meinen Verstand manipulieren?«
»Wir dachten, dass wir vielleicht eine Chance haben, wenn wir Ihnen eine Psychose einreden und Sie mit starken Neuroleptika vollpumpen.«
»Daher kamen also meine Kopfschmerzen.«
»Wir haben sogar versucht, Ihre Vergangenheit als Folteropfer gegen Sie einzusetzen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe Ihre Militärakte. Ihren Bericht über die Geschehnisse in Falludschah. Wir haben versucht, bei Popes Verhör daran anzuknüpfen.«
»Sie sind … krank.«
»Ich hätte nie damit gerechnet, dass Sie tatsächlich in den Bunker einbrechen. Wir wollten Sie einfach den Abbys überlassen.Aber als Sie in der Suspension vor mir standen, ist mir eines klar geworden: Sie sind dickköpfig. Sie sind bis zum Ende ein Kämpfer. Sie würden die Realität von Wayward Pines nie akzeptieren. Mir wurde klar, dass ich nicht länger gegen Sie ankämpfen durfte. Dass Sie kein Problem, sondern vielmehr eine Hilfe sein könnten.«
»Warum haben Sie mir das alles nicht einfach erzählt?«
»Weil ich nicht wusste, was Sie mit dem Wissen anfangen würden, Ethan. Selbstmord begehen? Versuchen, sich alleine durchzuschlagen? Aber jetzt ist mir klar geworden, dass Sie zu den seltenen Exemplaren gehören.«
»Wie meinen Sie das?«
»Der Großteil der Menschen in der Stadt würde die Wahrheit über das, was da draußen ist, nicht ertragen. Aber Sie … Sie kommen mit der Lüge nicht klar. Der Unwissenheit. Sie sind der erste Einwohner, dem
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