Psychosomatische Homoeopathie
erlebt, und durch nichts stärker verletzt oder in seinem Heilungsprozess behindert werden kann als durch einen kurz angebundenen, arroganten Arzt oder schlechte Organisationsabläufe auf der Krankenstation. Staphisagria-Typen werden davon wütend und sind darüber auch noch nach Monaten aufgebracht – es sei denn, sie haben schon vorbeugend Staphisagria C30 eingenommen.
Staphisagria-Typen sind meist schlank und elegant, haben aber nur selten reine Haut und weiße Zähne. Sie legen in allem, was sie tun, großen Wert auf Würde und Ehre. Sie sind deshalb auch feinfühlig im Umgang mit anderen. Auch wenn sie grob behandelt werden, versuchen sie die Form zu wahren, „kochen“ aber innerlich, und dabei kommt es dann zu verschiedensten Formen von Schmerzen, entzündlichen Schleimhautreaktionen, Hautjucken oder Hustenreiz – alles Zeichen der Irritation, die dann mit den Jahren zu Abstumpfung und Gleichgültigkeit führt. Zugleich aber treten dann Störungen im Bereich des Zentralnervensystems auf. Schlaflosigkeit, Schmerzsyndrome, Lähmungen und Erschöpfung sind Spätfolgen langanhaltender Demütigung, die sich gut mit Staphisagria behandeln lassen.
Thuja occidentalis (Lebensbaum)
Polychrestpunkte: 3
Vorwiegend für Männer
Ein Endfünfziger, dem ich mit Thuja gut helfen konnte, kam mit dem Motiv, endlich etwas für seine Gesundheit tun zu wollen, vielleicht zu entschlacken, da er sonst fürchten müsse, dass „alle Systeme zusammenbrechen“.
Das Gefühl, sich auf keinen Körperteil verlassen zu können, veranlasst Homöopathen dazu, vom seelischen Kernkonflikt der „Zerbrechlichkeit“ zu sprechen.
Im Fall des Patienten war es nicht allzu außergewöhnlich, was er aufzählte. Da war einerseits eine empfindliche Blase, die sich bei Übernächtigung und Unterkühlung nicht mehr richtig entleerte oder zur Entzündung neigte. Der Patient war lange Jahre als Polizist im Streifendienst tätig gewesen, was gerade in der kalten Jahreszeit dann zu steifen Gliedern und rheumatischen Beschwerden führen kann, wie er berichtete. Sein Rücken erschien ihm „empfindlich“, da er immer mal durch eine falsche Bewegung steif wurde oder schmerzte. Dann hatte er bemerkt, dass er manche Nahrungsmittel zunehmend schlechter vertrug und vor allem auf Fettes Blähungen und wechselhaften Stuhlgang bekam. Er hatte in den letzten Jahren zunehmend Potenzstörungen entwickelt. Aus dem rechten Ohr bemerkte er öfters eine dünne, eitrige Absonderung, verbunden mit Hörminderung. Unter seinen Vorerkrankungen waren eine Nierenkolik und Operationen nach einem Leistenbruch erwähnenswert.
Ich suche bei der Auswahl eines Homöopathikums generell nach drei typischen Krankheitszeichen, die auf eine Arznei hinweisen. Im Fall dieses Patienten war das Gefühl, zerbrechlich zu sein, das erste Zeichen. Hinzu kam, dass er Krankheiten eher im Bereich der Lendenwirbelnerven entwickelte, was zur Erkrankung der Organe führte, die von diesen Nerven versorgt werden – das zweite Zeichen, das für Thuja sprach. Das dritte Zeichen ergab sich aus der Art und Weise, wie er seinen Beruf ausübte: Er liebte es, Uniform zu tragen und hatte seinen Beruf in der Kleinstadt, in der er zeitlebens Dienst getan hatte, vorbildlich ausgeübt. Er war bekannt dafür, zurückhaltend zu agieren, persönliche Emotionen zu verbergen und auf Anstand und Sitte zu achten. Er lebte bescheiden mit seiner Familie, war sehr sparsam und pflegte als Hobby die Jagd. Ich fragte ihn, ob sein Garten von Thujenhecken umstanden sei, und er bejahte. Er liebte Thujen, da sie die einzige Strauchsorte sei, die Einblicke von Nachbarn in den Garten effektiv verhindere.
Ich gab ihm Thuja C200 mit dem Erfolg, dass sich seine Rückenschmerzen zurückbildeten und auch keine Blasenentzündungen mehr auftraten. Er berichtete, sich wieder vitaler zu fühlen. Danach sah ich ihn nicht mehr, wie das häufig bei den Menschen vorkommt, die Thuja brauchen: Sie gehen nur dann zum Arzt, wenn sie das Gefühl der Zerbrechlichkeit entwickeln. Ist dieses einmal behoben, leben sie mit kleineren Beschwerden durchaus in der Einstellung: Was von selbst gekommen ist, wird auch wieder von selbst vergehen.
Steckbrief
Thuja occidentalis: Zerbrechlichkeit und Verschwiegenheit
Wodurch diese Konstitution entsteht: Eine Kindheit im Mangel, in der Schwächen verborgen werden mussten.
Was diese Menschen antreibt: Das Gefühl, zerbrechlich zu sein.
Stärken: Verlässlich, fleißig, diskret, pflichtbewusst.
Schwächen:
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