Psychosomatische Homoeopathie
Beruf hat, dann rationalisiert man dergleichen. Menschen sind meist dann grob, wenn sie unter seelischem Druck stehen oder zu Hause keine Herzensbildung erfahren haben. Davon abgesehen leben wir in einer Ellenbogengesellschaft, und wer keine Ellenbogenqualitäten hat, der ist verloren. Da muss man verstehen, wenn sich manchmal jemand rücksichtslos benimmt.“ „Das klingt sehr abgeklärt und weise“, meinte ich, „aber es wird doch Situationen geben, in denen Sie innerlich kochen, oder? Und sei es nur, wenn sich jemand beim Bäcker vordrängt.“
Er verneinte das, und auch seine Frau bestätigte, dass er ein „Heiliger“ sei. Nachdem ich eine Therapie mit Staphisagria D12, täglich 5 Kügelchen angesetzt hatte, berichteten beide übereinstimmend, es sei etwas in den Kügelchen, das er nicht vertrage, jedenfalls würde er davon ungehalten und ungeduldig werden. „Ja, aber wie steht es denn nun mit der Hauptsache, Ihrem Asthma?“ „Das hat sich nicht wesentlich geändert.“ Als ich ihn aber zur Lungenfunktionsprüfung bat, stellte sich heraus, dass sich sein Sekundenstoßvolumen deutlich verbessert hatte. Dazu passte auch, dass er mir berichtete, er hätte wieder mit seinen Spaziergängen begonnen, die er sonst nur in der pollenfreien Zeit durchführen konnte.
Da die Behandlung erfolgreich war, änderte ich nichts. Einige Wochen später im Herbst berichtete der Patient, so wohl habe er sich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Allerdings merke er in letzter Zeit, dass er vonseiten seiner Arbeit her urlaubsreif sei, er ertappe sich manchmal bei dem Gedanken, seine Klienten mögen ihn doch auch einmal in Ruhe lassen. Ich entschloss mich, ihm einmalig Staphisagria C200 zu geben. Diesmal merkte der Patient einen euphorischen Zustand. Die Welt erschien ihm leicht und er entschloss sich, mit seiner Frau spontan alle Termine der nächsten Woche abzusagen und nach Rom zu fliegen. Beide hatten sich diese Reise schon seit Jahren gewünscht, es war ihre verschobene Hochzeitsreise. In den nächsten Monaten war vom Asthma zunehmend weniger zu merken, die Lungenfunktionsprüfung näherte sich Normalwerten. Gegen Jahresende sprach der Patient davon, sich selbst einer Psychotherapie unterziehen zu wollen, da er seinen Beruf so nicht mehr ausüben könne. Er nehme sich der Probleme seiner Klienten zu stark an, könne sich nicht ausreichend distanzieren undmerke immer stärker, dass er etwas ändern müsse. Letztendlich kam es dann dazu, dass er seine Praxis schloss und in der Verwaltung einer Krankenkasse tätig wurde. Es war eine Aufgabe, die er nur als Job sah und nicht mehr als Berufung. Später einmal erzählte er mir, dass er für einen therapeutischen Beruf nicht geeignet sei. „Ich habe mich daran aufgerieben, an den Lebensbedingungen der Menschen nichts ändern zu können. Im Grunde genommen leben wir in einer Welt, in der das Faustrecht gilt, vor allem in den Familien und in den Beziehungen, und dieses Recht des Stärkeren ist es, das die Schwachen krank macht und in unsere Praxen treibt. Man kann sich dann ihre Klagen anhören, aber ändern werden diese Menschen nichts.“ „Es scheint also die Ungerechtigkeit der Verhältnisse gewesen zu sein, an der Sie sich aufgerieben haben“, meinte ich. „Mir geht es im Prinzip um Menschenrechte. Dazu gehört das Recht auf Selbstbestimmung. Ich habe das Gefühl, dass ein Großteil der psychischen Erkrankungen darauf zurückzuführen ist, dass diese Rechte mit Füßen getreten werden. Und keiner kümmert sich darum.“
Über das Mittel
Staphisagria ist ein Hahnenfußgewächs, ebenso wie die in der Homöopathie vor allem in Kränkungssituationen eingesetzten Aconitum, Helleborus, Cimicifuga und Pulsatilla. So unterschiedlich diese Pflanzen sonst aussehen oder in der Natur agieren – der Biologe, der sie in eine gemeinsame Familie einteilt, hat erkannt, dass sie etwas verbindet. Das gilt natürlich auch für die unsichtbaren Eigenschaften dieser Pflanzen, die sie zu Arzneien machen. Staphisagria ist unter ihnen das wichtigste Mittel bei Beschwerden nach Demütigung und nach Verletzungen mit spitzen oder scharfen Gegenständen. Es ist in manchen esoterischen Kreisen fast schon zur Pflicht geworden, vor und nach Operationen Staphisagria einzunehmen, um die dabei erfolgende Verletzung „abzufedern“ – und das ist keine schlechte Idee. Fest steht, dass der Staphisagria-Typ eher jemand ist, der vor allem auf den sozialen Umgang reagiert, den er als Patient im Krankenhaus
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