Psychosomatische Homoeopathie
möchte ich hier den eines ärztlichen Kollegen vorstellen. Mit Mitte Dreißig versorgte er als Arzt im Krankenhaus zwei Stationen und diktierte Arztbriefe für drei Stationen, wobei er oft bis vier Uhr morgens tätig war. Dieser Fleiß wurde ihm von seinem Oberarzt als Versuch ausgelegt, ihn auf dem Weg zur Chefarztstelle auszubooten, worauf er mehrmals versuchte, dem Jüngeren Behandlungsfehler nachzuweisen. Das Resultat waren zunehmende Steifigkeit und Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, bis es eines Abends ein Knacken gab und sich der Kollege aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr rühren konnte. Ihm wurde Bettruhe sowie Spritzen und Infusionen verordnet, was ihm aber nichts half, weshalb er mich konsultierte. Ich gab ihm Rhus toxicodendron D30 und der seit Wochen von Schmerzen Geplagte gab an, binnen Sekunden schmerzfrei geworden zu sein und sich wieder besser bewegen zu können. Er spüre allerdings noch, dass der Rücken verschoben sei und etwas nicht stimme. Obwohl später die Schmerzen zum Teil wiederkehrten, war diese fast augenblickliche schmerzstillende Wirkung sehr eindrucksvoll. Nach einer Woche war er wieder arbeitsfähig, kündigte dann aber und wurde an seiner nächsten Arbeitsstelle aufgrund seiner Tüchtigkeit sehr rasch zum Oberarzt befördert.
Ein anderer Fall war der einer 45-jährigen Finanzberaterin, die wegen einer Tierhaarallergiein meine Praxis kam. Sie war sonst völlig gesund, konnte aber keine Pferde-, Hunde- oder Katzenhaare ertragen. Da ihr Lebensgefährte zwei Katzen hatte, wurde es zu einem Problem, dass sie immer nieste oder rote Augen hatte, wenn sie bei ihm war. Außerdem hatte sie in letzter Zeit zunehmend Atemnot verspürt und fürchtete, dass sich bereits ein allergisches Asthma ausbildete. Sie kam zu mir, da sie gehört hatte, dass ich in vergleichbaren Fällen die Haare der verantwortlichen Tiere drei Tage in Alkohol legte und daraus selbst homöopathische Arzneien herstellte, die gewissermaßen nach dem Prinzip der Isopathie funktionierten – siehe auch → Seite 23 . Bei dieser Untergruppe der Homöopathie wird die krankmachende Ursache in verdünnter Form durch Klopfen und Stampfen als Heilmittel energetisiert mit der Absicht, damit einen Rückkopplungsmechanismus auszulösen, durch den der Körper Überempfindlichkeiten abzudämpfen lernt. Im Fall der Patientin war das ganz lustig, als ich ihr einige Tage später Arzneien mit den Etiketten „Jacky C6“ und „Tyson C6“ mitgeben konnte. Sie sollte davon jeweils fünf Tropfen täglich einnehmen. Die Behandlung brachte eine gewisse Linderung, doch ohne durchschlagenden Erfolg, weshalb wir dann beschlossen, ein homöopathisches Konstitutionsmittel zu suchen. Hier fiel mein Blick auf die blasse, zurückhaltende Art der Patientin, die im Kontrast zu ihrer Sportlichkeit stand. Sie konnte stundenlang joggen und hatte schon erfolgreich an mehreren Marathonläufen teilgenommen. Sie wirkte rastlos, wenn wir sprachen, rutschte auf dem Sessel hin und her und hörte mir mit einem Gesichtsausdruck zu, als ob von mir eine Bedrohung ausginge. Sie hatte immer wieder Rückenschmerzen, und wenn ich sie auf der Untersuchungsliege hin und her drehte, knackte es laut, was ein Hinweis auf eine erhöhte Anspannung der wirbelsäulenstützenden Muskulatur war. All diese Hinweise bewegten mich dazu, ihr Rhus toxicodendron C200 als einmalige Dosis zu geben, und tatsächlich war innerhalb der nächsten Monate ein deutliches Absinken des spezifischen Immunglobulin-E-Spiegels im Blut als Ausdruck einer nachlassenden Tierhaarallergie festzustellen. Auch ihre Beschwerden hatten sich nahezu vollständig zurückgebildet. Interessanterweise entschied sich die Patientin einige Monate später dazu, mit ihrem Lebensgefährten zusammenzuziehen. Und er durfte dabei Jacky und Tyson behalten.
Steckbrief
Rhus toxicodendron: Verkrampfung durch Bedrohung
Wodurch diese Konstitution entsteht: Eine Lebenssituation, in der man sich auf nichts verlassen kann.
Was diese Menschen antreibt: Der Wunsch, ausgleichend zu wirken.
Stärken: Pflichtbewusst, fleißig, versöhnlich.
Schwächen: Wortkarg, menschenscheu, rastlos.
Häufige körperliche Beschwerden: Bandscheibenvorfälle, Rückenschmerzen, Herpesinfekte mit feinem Bläschenausschlag oder ekzemartig, Knacken im Kiefergelenk beim Kauen, lockere Zähne, gerötete Zunge, Nackensteifigkeit, Taubheit in den Gliedern, Kälteempfindlichkeit.
Beschwerden verschlechtert durch: Nässe, Kälte, Ruhe.
Beschwerden
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