Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Juul
Vom Netzwerk:
haben, die besten Eltern zu sein, die wir sein konnten, nun in der Lage sind, Augen und Ohren weit aufzusperren, um das Resultat unserer Bemühungen zur Kenntnis zu nehmen. Wir bekommen ein Feedback in Gestalt des persönlichen und sozialen Verhaltens unserer Kinder, das viel differenzierter ist, als ein junger Mensch dies verbalisieren könnte.
    Die Herausforderung stellt sich uns auf verschiedenen Ebenen:
    ❯ Unsere Ansichten und Wertvorstellungen werden auf eine harte Probe gestellt, wenn unsere Kinder sie daraufhin überprüfen, ob es Werte sind, die sie selbst in ihr Leben integrieren wollen. Im besten Fall führt dies zu zahlreichen intellektuellen Diskussionen und Konflikten, zu denen auch weniger wohlformulierte »Angriffe« auf die Überzeugungen und Traditionen der Eltern gehören. Oft ist es anstrengend - oder geradezu beängstigend -, seine eigenen Wertvorstellungen zur Debatte zu stellen, doch lohnt es sich, diese Chance zu ergreifen. Nicht nur, um die Beziehung zu den Jugendlichen zu pflegen, sondern weil vieles in unserem Leben im Lauf der Zeit zur Routine erstarrt, die im Interesse aller dann und wann hinterfragt werden sollte.
    ❯ Unsere Verschiedenartigkeit fällt umso stärker ins Auge, je mehr wir uns provoziert fühlen. Daher besteht nun die Möglichkeit, diese näher unter die Lupe zu nehmen. Mit den unterschiedlichen Einstellungen und Sichtweisen auf das Leben im Allgemeinen müssen die Eltern ja weiterleben, und die
Kenntnis sowie die Akzeptanz dieser Unterschiede qualifizieren sie in besonderem Maße zu späteren Schwieger- und Großeltern.
    ❯ Als Paar haben wir oft sehr viel länger die Rolle der Eltern als die der liebenden Partner eingenommen. Die wachsende Unabhängigkeit und physische Abwesenheit der Kinder ermöglicht es den beiden, sich als erwachsene Partner wieder näherzukommen. Falls die Elternrolle ihr Bewusstsein über viele Jahre hinweg vollkommen ausgefüllt hat, neigen vor allem Mütter dazu, sich an diese Rolle zu klammern und wachsende Angst vor dem »Loslassen« zu entwickeln. Wenn dies geschieht, reagieren die Kinder entweder mit bleibender Abhängig keit oder mit gewaltsamem Aufbegehren gegen die elterliche Manipulation. Beides ist gleichermaßen unangemessen.
    ❯ Man sollte die Rolle des Erziehers auch deshalb ablegen, weil es nun an der Zeit ist, eine »erwachsene« und »freundschaftliche« Beziehung zu den älteren Kindern zu etablieren. Der Ehrgeiz moderner Eltern, dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist relativ neu, doch zweifellos außerordentlich sinnvoll. Wenn es gelingt, profitieren beide Seiten davon.
    ❯ Es lohnt sich, viele nahezu unumgängliche Konflikte in diesem Licht zu betrachten: als Konfrontation von natürlichen Lebensprozessen mit kulturellen Vorstellungen und Normen. Vielleicht sind den Eltern ihre kulturellen Vorstellungen so wichtig, dass sie unter allen Umständen an ihnen festhalten wollen. Die Mitverantwortung der Eltern für bestehende Konflikte bemisst sich genau nach dem Umfang, in dem sie dies tun.

Kinder, Schule, Eltern: ein lebenswichtiges Dreieck
    Soll die Schullaufbahn eines Kindes in sozialer wie in akademischer Hinsicht optimal gelingen, erfordert dies eine beständige und qualitätvolle Kommunikation zwischen Lehrern, Kindern und Eltern. Eine Kommunikation, die in ganz Europa nur allzu selten praktiziert wird. Dafür gibt es drei gute Gründe und viele faule Ausreden.
    Erstens sind Lehrer nicht darin ausgebildet, fruchtbare Dialoge mit Kindern zu führen. Zweitens wissen sie nicht, wie man entsprechende Gespräche mit den Eltern führt, und zum Dritten ist die Schulkultur traditionell keine Kultur des Dialogs, sondern des Monologs und Gehorsams. Die Schule gleicht nach wie vor einer Fabrik aus der (ökonomischen) Blütezeit der Industrialisierung.
    Dabei gibt es natürlich strahlende Ausnahmen, doch sind diese dünn gesät. Positiv treten die nordeuropäischen Länder in Erscheinung, aber auch im Norden sehnen sich konservative Bildungspolitiker nach einer Zeit, in der die Angst der Kinder vor den Erwachsenen es der Schule ermöglichte, ein » management by fear « zu praktizieren.

Fehler im System
    Seit 15 Jahren befindet sich die Schule in der Defensive und hat nicht viel anderes geliefert als einen endlosen Strom von Klagen über die aufmüpfigen Kinder unserer Tage, deren nachlässige Eltern es versäumt haben, ihnen beizeiten die Flötentöne - Gehorsam und Unterwerfung - beizubringen. Die Lehrerausbildung
und die

Weitere Kostenlose Bücher