Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Juul
Vom Netzwerk:
machen, auch wenn sie sich darüber nicht im Klaren sind. Dies geschieht, wenn sie ihren Kindern etwas sehr Persönliches sagen wollen, jedoch versuchen, sich »gewählt« oder vernünftig oder »politisch korrekt« auszudrücken. Wenn das geschieht, wird der Raum zwischen den Zeilen mit zurückgehaltener Kritik, Vorwürfen und Belehrungen gefüllt
- was sich in den Ohren der Kinder und Jugendlichen roh und ungeschliffen anhört.
    Das Problem mit der schönen, wohlgesetzten Rede ist die Tatsache, dass sie vollkommen ungeeignet ist, persönliche und interpersonale Konflikte zu lösen. Versucht man es dennoch, entfährt vielen Eltern der berühmte Stoßseufzer: »Wir haben hundert Mal darüber gesprochen, aber es nützt einfach nichts!« Dieselben Konflikte, die Eltern miteinander austragen, wiederholen sich im Verhältnis zu ihren Kindern. Demzufolge stehen »Konfliktgespräche« oft nicht sehr hoch im Kurs und das zu Recht. Wenn man miteinander redet, ohne etwas zu sagen, vergeudet man nur seine Zeit. (Sofern es nicht um soziale Konversation geht, deren Sinn ja gerade darin besteht, Distanz zu wahren und seine guten Manieren unter Beweis zu stellen.)

Dialog statt Konfliktgespräch: Ein Beispiel
    Als Alternativen zu unfruchtbaren Konfliktgesprächen dienen also der persönliche und der sachliche Dialog. Das Schlüsselwort ist Dialog - eine Gesprächsform, die sich grundlegend von Diskussion, Verhandlung, Debatte und natürlich dem Monolog unterscheidet. (Zwei am selben Ort und zur selben Zeit stattfindende Monologe sind kein Dialog.)
    Ein Dialog setzt Offenheit, Interesse und Engagement von beiden Seiten voraus. Entweder im Verhältnis zur Sache oder zueinander oder zu beidem. Man kann seine Erwägungen, Ansichten und Erfahrungen ins Feld führen, sollte jedoch darauf eingestellt sein, durch den Dialog neue Einsichten zu gewinnen. Man muss sich, mit anderen Worten, dem Risiko aussetzen, klüger zu werden.
    Ein Beispiel: Mohammed ist 13 Jahre alt und scheint jegliches Interesse an der Schule verloren zu haben. Trotz mehrerer
Gespräche mit seinen Lehrern ist den Eltern immer noch unklar, woran es liegt und wie es ihm geht. Darum haben sie sich entschieden, mit ihrem Sohn ein klärendes Gespräch zu führen.

    VATER: Mir ist aufgefallen, dass du seit einiger Zeit nicht mehr so gerne zur Schule gehst wie früher, und ich möchte gern wissen, woran das liegt - falls du das selber weißt.
    MOHAMMED: Ich weiß nicht... ich hab einfach keine Lust. Die Lehrer gehen mir auf die Nerven.
    VATER: Womit denn?
    MOHAMMED: Ich weiß nicht... die sind so blöd, so... gleichgültig.
    MUTTER: Was meinst du damit? Ist ihnen ihre Arbeit gleichgültig, oder seid ihr ihnen gleichgültig?
    MOHAMMED: Wir. Wir sollen einfach tun, was sie sagen, und sie helfen uns nicht mal. Was soll man denn überhaupt in der Schule?
    VATER: Also ich kann mir das noch nicht richtig vorstellen. Kannst du uns ein Beispiel erzählen, wann sich ein Lehrer euch gegenüber gleichgültig verhalten hat?
    MOHAMMED: Ach nein... ich weiß nicht. Ist auch nicht so wichtig. Sind wir jetzt fertig?
    VATER: Nein, wir sind noch nicht fertig. Es tut mir leid, dass es dir in der Schule nicht gefällt, und ich will gerne wissen, warum das so ist. Kannst du mir nicht doch irgendein Beispiel nennen?
    MOHAMMED: Okay, also letzte Woche in Mathe, da habe ich etwas nicht verstanden, aber das hat sie gar nicht interessiert.
    MUTTER: Was hat die Lehrerin denn gesagt?
    MOHAMMED: Sie hat gesagt, wenn ich richtig zugehört hätte, dann hätte ich es auch verstanden. Aber ich habe zugehört.
    MUTTER: Hast du ihr das gesagt?
    MOHAMMED: Ach, das hat doch überhaupt keinen Zweck. Dann wird sie nur sauer und es wird alles noch schlimmer. Zu Matthias
hat sie mal gesagt, dass er wirklich dumm ist, wenn er nicht versteht, was sie meint.
    VATER: Hat sie auch schon mal zu dir gesagt, dass du dumm bist?
    MOHAMMED: Ja, aber nicht so oft wie zu Matthias.
    VATER (zur Mutter): Ich werde so wütend, wenn ich so was höre. Das ist doch genau wie damals, als wir noch zur Schule gingen. Ändert sich denn nie etwas?
    MUTTER: Anscheinend nicht. Aber jetzt verstehe ich besser, warum du die Lust verloren hast, Mohammed. Es tut einfach weh, wenn man als dumm bezeichnet wird und genau weiß, dass das nicht stimmt. Können wir dir irgendwie helfen? Sollen wir mal mit der Lehrerin reden?
    MOHAMMED: Nein, auf keinen Fall. Davon wird alles bloß noch viel schlimmer!
    MUTTER: Aber es macht mich so traurig, wenn ich mir

Weitere Kostenlose Bücher