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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Erziehung vergessen! Artige Kinder kann ich nicht ausstehen!
    Vor allem war ich diesmal für ihn nicht sein eigenes, unverwechselbares Herrchen gewesen, sondern nur einer von vielen Göttern, deren unbegreiflichen Handlungen man am besten aus dem Wege ging. Ich wollte aber nicht einer von vielen Göttern sein, ich wollte überhaupt kein Gott, sondern sein Freund sein, sein großer Bruder! Statt dessen lagen plötzlich Welten zwischen uns.
    Und noch ein anderes Erlebnis schien mir diese Kluft zu zeigen: Ich kam leise ins Ankleidezimmer. Seine Möbel bestanden aus dem großen, glatten Kleiderschrank, einem Sessel, einer Couch und einem Spiegel, der an der Wand befestigt war und bis auf den Fußboden reichte.
    Vor diesem Spiegel lag Puck mit seinem Bällchen neben sich. Er kümmerte sich aber nicht darum, sondern knurrte sein Spiegelbild an. Er stand auf, beroch es, versuchte vergeblich hinter den Spiegel zu schauen, legte sich wieder hin. Und dann begann er am unteren Teil des Spiegels zu kratzen, stieß kleine, seltsame Beil-Laute aus, legte sich schließlich auf die Seite, um besser >graben< zu können.
    Da verstand ich: Er wollte den Ball haben, den Ball im Spiegel! Welten zwischen uns — wieder einmal. Außerdem fand ich es undankbar, daß er sein Bällchen wegen eines Phantoms vernachlässigte.
    Bis ich mich entsann, wie ich neulich aus meinem schönen, heißgeliebten Boxi ausstieg und meine Nase an ein Schaufenster klebte. Dahinter stand ein schneeweißer Mercedes SSK mit dicken, silbernen Kompressorrohren. Ich lechzte nach ihm, obwohl er doch völlig unerreichbar für mich war, ein Phantom also — auch ein Phantom! Und auch die Undankbarkeit war da, die gegen Boxi. Eigentlich also lagen gar nicht so viele Welten zwischen uns. Ich hockte mich neben Puck. Er sah mich an, wedelte kurz und vertrauend: Du wirst ihn mir schon holen, wozu bist du ein Gott? Ich nahm sein zerknabbertes Bällchen: »Ach, weißt du, Puckchen, man soll sich das Schöne, das man hat, nicht dadurch vermiesen lassen, daß es noch Schöneres gibt!«

Aufbruch

    Der Sommer neigte sich der höchsten Fülle zu. Jeden Tag gewaltiger brannte das Himmelsgestirn. Nächtens flammten starke Gewitter über den Dächern der Stadt, und während dichte Wassermassen warm und schwer niederstürzten, weinte bei uns ein kleiner Hund in seinem Korb.
    Vor Donner hatte er eine panische Angst, dann zitterte er am ganzen Leibe. Ich nahm ihn zu mir, versuchte, ihn zu beruhigen, und hörte auf das Strudeln der Regenbäche, das Schlagen der Zweige an den Fensterscheiben und den allmählich langsamer werdenden Atem des kleinen Geschöpfs an meiner Seite. Er schlief aber nicht ein. Seine Ohren waren aufgestellt und drehten sich hin und her wie Radarschirme. Die Pupillen wanderten angstvoll in die Augenecken, sobald ein neuer Donnerschlag ertönte. Erst mit dem allmählich abziehenden Gewitter wurde er wieder ruhiger, sein Atem pustete gleichmäßig, und die Pfoten begannen im ersten Traum zu zucken.
    Am Morgen flössen nur noch kleine Rinnsale durch die Straßen und schleppten die Reste eines wirren, heißen Tages mit sich fort, Papierstücke, Zigarettenstummel, abgerissene Zweige und ein paar verwelkte Blumen...
    Eines Tages fühlte Puck mit seinem sechsten Sinn eine Veränderung im Verhalten seiner beiden Menschen. Frauchen nahm ihn im Wagen mit in eine Wohnung, wo es nach vielen anderen Frauchen roch und wo eine fremde Frau seinem eigenen Frauchen dauernd neue Felle überzog. Es waren bunte, mit großen Blumen, weiße, bei denen Frauchens Arme und der Rücken nackt blieben. Sie beugte sich zu ihm nieder, der sich auf die Couch der Schneiderin geschmuggelt hatte, und flüsterte ihm ins Ohr: »Kommst ja mit!« Und als er angespannt lauschte: »Natürlich kommt er mit!« Er quittierte mit Handkuß und demütigem Wedeln.
    Und abends, als Herrchen heimkam, nahm er ihn auf den Schoß, drückte seinen Kopf eng an sein Gesicht und erzählte ihm leise: »Wir fahren dahin, wo Kühe sind und viele Häschen und ein schöner See. Wirst du schwimmen, Puckchen, oder bist du wasserscheu? Ach, und wenn du das alles zum erstenmal siehst, was wirst du für Augen machen, mein kleines, weißes Pferd!«
    Puck hörte sie im Halbtraum noch lange reden, bis in die Nacht hinein. Landkarten wurden gewälzt, und Herrchen sagte: »Hier, siehst du — der beste Weg geht über Kochel. Dann ‘rauf zum Walchensee. Auf der Strecke wird das Autorennen ausgetragen. Das hat in diesem Jahr wieder Stuck

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