Puck

»Wie ist das denn bloß passiert?«
    Während mir noch der kalte Schweiß auf der Stirn stand, berichtete ich stoßweise. Unterdessen trocknete man Puck vorsichtig ab und legte ihn dann in sein Körbchen. Er schaute zu seinen drei Riesen auf und begann behutsam seinen Rücken zu lecken. Ich setzte mich auf den Rand der Wanne: »Man sollte den Tierarzt holen.«
    »Nun warte erst mal ab«, meinte Frauchen. »Es ist ja schon besser. Wie konntest du auch bloß auf diese verrückte Idee kommen! Du mußtest doch wissen...«
    Doch ich hörte gar nicht zu, starrte immer noch entsetzt auf meinen Hund, während die Gardinenpredigt in gleichmäßigem Strom auf mich niederrauschte. Puck indessen wurde müde. Es tat zwar noch immer weh, aber seine Götter waren ja alle um ihn. Seine langen Wimpern senkten sich, der Krampf wich aus den Gliedern.
    »Er schläft«, sagte ich. »Wir wollen ihn mit dem Korb ins Ankleidezimmer stellen, damit er keine Angst hat.«
    Puck schreckte auf, als sein Korb sich schaukelnd erhob. Als er sah, daß er weiter mit von der Partie war, begann er friedlich zu schmatzen und schlief wieder ein. Der Schmerz wurde immer ferner. Nur wenn er träumend mit den Pfoten zuckte, wachte er auf. Es tat weh, weil die verbrannte Haut sich straffte. Jetzt streuten sie ein Pulver auf seine Wunden, das sehr Wohltat. Er schlief wieder ein, merkte gar nicht, daß Herrchen sich aus der Wohnung schlich, um den Wagen fertigmachen zu lassen und seinen Anzug aus der Werkstatt zu holen.

    Am nächsten Morgen schlief Puck noch tief und fest, als er in aller Frühe geweckt wurde, weil ich mich im Bad waschen und rasieren mußte. Hastig wurde gefrühstückt. Puck war in wahnsinniger Aufregung. Er verschmähte seinen morgendlichen Hundekuchen und wich nicht einen Zentimeter von unserer Seite. Draußen stürzte er sich sofort in den Wagen, damit er ja nicht etwa vergessen wurde. Dann sprang er wieder hinaus, um genau zu beobachten, wo alle Koffer und vor allem sein kleiner Pappkoffer verstaut wurden.
    Dann verabschiedete man sich von Dora. Frauchen setzte sich neben mir zurecht. Dreimal mußte sie Puck von ihrem Schoß hinunterwerfen, um sich das Kleid glattstreichen zu können und die Decke darüber zu breiten. Dann sagte sie endlich das erlösende »Hopp!«, und in der nächsten Sekunde schon saß das kleine Fellwesen auf ihrem Schoß, machte den Hals lang, stieß ein Winseln äußerster Erregung aus. Die Tür klappte zu, der Motor brummte auf, langsam setzte sich der Wagen in Bewegung.
    An der Art des Fahrens merkte Puck offenbar, daß es diesmal etwas anderes war als das, was er bisher erlebt hatte. Die Geschwindigkeit war höher als sonst, es wurde nicht gesprochen, die Häuser versanken im blaßgrauen Morgenlicht, die unendliche Landstraße zwischen hohen Pappeln öffnete sich.
    Ich gab scharf Gas, der Wagen schien sich wie ein Tier zum Sprung zusammenzuducken, dann schoß er vorwärts, daß die Luft brausend an seinen Flanken entlangglitt. Ich warf einen schnellen Blick zur Seite: »Diese Augen von Puck gestern — ich habe die ganze Nacht davon geträumt. Daß er an mir hochkroch in seiner Not, obwohl er doch genau wußte, daß ich es war, der ihn mit diesem entsetzlichen Zeug bearbeitet hatte...«
    »Es ist ja vorbei«, sagte die Gefährtin. »Du siehst doch, er hat es längst vergessen.«
    »Die Rötung auf dem Rücken ist noch da.«
    »Aber sie ist schon stark zurückgegangen. Nun laß dich doch los und genieße. Du hast mir immer erzählt, daß der Augenblick, wo sich die freie Straße auftut, für dich der schönste auf der ganzen Reise ist. Atme auf, gönn es dir, du hast es weiß Gott verdient.«
    »Es ist doch ganz anders als sonst, findest du nicht, seit dieser kleine Kerl bei uns ist.«
    »Der kleine Kerl hat wie alles, was lebt, sein Schicksal, das wir nicht ändern können. Außerdem scheint er einen sehr tüchtigen Schutzengel zu haben. Alles, was wir tun können, ist, ihm möglichst viel Freude zu geben. Das tun wir, und damit ist dieser Fall erledigt. Wir selber sind schließlich auch noch da!«
    Nun ging es Stunde um Stunde. Felder drehten sich vorbei, kleine Wäldchen tauchten auf, Wiesen und Hecken, verschwanden wieder. Dazwischen sah Puck die großen komischen Tiere mit den Hörnern, die er noch aus England kannte. Ihr Geruch schlug herüber. Er zog die Lefzen schief und richtete sich hoch, um sie mit wahnsinnigem Gebell zu begrüßen. Alle Klapse, die er für sein Getrampel auf Frauchens Schoß bekam,