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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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seufze nicht dauernd.«
    »Aber er hat doch gar nicht gebettelt!« verteidigte ich ihn.
    »Jawohl, er hat gebettelt«, erklärte sie energisch abschließend — und gab ihm unmittelbar darauf ein Stück Fleischknorpel mit der Bemerkung: »Das ist aber das letztemal, verstanden?«
    »Wenn du ihm etwas gibst, kann ich ihm auch was geben!« trumpfte ich auf.
    »Jetzt ist aber Schluß!« erklärte Frauchen. »Geh in die Küche und friß deinen Napf leer.«
    Puck warf mir einen scheelen Blick zu: Da ist, glaube ich, nichts zu machen! Mit hängenden Ohren setzte er sich in Richtung Küche ab, und für eine Weile herrschte wohltuende Stille, während wir unseren Kaffee tranken und dazu rauchten.
    Dann war ein Geräusch an der Tür, und Puck marschierte durch den Türspalt ins Zimmer, den Bauch geschwollen wie eine Pauke, den Bart verklebt und voller Graupen. Oben auf der Nase saß ein Stückchen Mohrrübe. In diesem Zustand war er immer besonders zärtlich und versuchte, die Reste seines Mittagessens an unserer Kleidung abzuwischen.
    »Raus!« riefen wir im Chor. Er drehte um, und dann hörten wir in der Küche einen Plumps. Er hatte sich vor Dora auf den Rücken geworfen, damit sie ihm den Bart abwischte.
    Wir sahen uns an und lächelten. »Kannst du dir unser Leben noch ohne ihn vorstellen?« fragte ich.
    »Nein. Ich habe ihn so lieb, daß ich manchmal direkt Angst bekomme...«

    Wahrhaft entsetzlich wurde es für Puck, wenn seine Götter beide das Haus verließen. Dann ging die Sonne seines Glücks unter. Kläglich an die Wand gepreßt, die Beine weit von sich gestreckt, mit hoffnungslosem Blick, die Ohren traurig gefaltet, wohnte er ihrem Weggang bei. Er machte, da er ja unsere Gedanken las, keinen Versuch, mitgenommen zu werden; er wußte genau, wann wir es nicht wollten. Aber er hielt uns bis zuletzt mit einem schwärmerischen Blick seiner großen Augen fest, bis er den letzten Kuß bekommen hatte und die Tür hinter uns zuklappte.
    Mißmutig schlich er dann durch die Wohnung und versuchte sein Lager dort aufzuschlagen, wo es noch am intensivsten nach seinen Göttern roch, nämlich auf den seidenen Decken der Betten.
    Dora, die stets Verzeihende und Verstehende, brachte ihn mit derben Worten auf Trab, doch er fühlte sehr wohl, daß sie es nicht so meinte. Manchmal ließ sie sich auch von ihm rühren und nahm ihn mit zu ihren Freunden, wo man ihn mit größter Hochachtung behandelte. Nichts aber vermochte ihn zu erlösen, bis er den Wagen heimkommen hörte.
    Jedesmal — und mochte es auch spät in der Nacht sein — ging Herrchen dann noch einmal mit ihm auf die Straße und machte die Runde. Alle Bäume und Laternenpfähle wurden ein letztes Mal kontrolliert, man sprang noch ein bißchen nach dem Ball, dann wurde er gesäubert, und es gab noch eine fröhliche Viertelstunde mit Herrchen und Frauchen. Schließlich sagte Frauchen ganz leise: »Na, komm ins Körbchen!« Sofort erhob sich Puck, trottete hinaus und ließ sich lang auf seine Matratze fallen. Frauchen deckte ihn sorgsam zu, er quittierte mit einem wohligen Grunzen, und dann senkte sich der bunte Vorhang des Schlummers über einen Lebenstag.

Geschichten

    Eine große Rolle spielte bei uns das Geschichtenerzählen. Puck hatte Geschichtenerzählen ausgesprochen gern, und er bekam lange Erzählungen vorgesetzt, sowohl von Frauchen wie von mir. Er lag dann auf dem Schoß oder neben dem Erzähler auf der Couch, manchmal schlief er zwischendurch ein bißchen ein und grunzte zufrieden. Dann aber wieder, wenn sein Name fiel, konnte er einen so beredten Ausdruck in den Augen haben, daß man fest überzeugt war, er hätte jedes Wort verstanden.
    Eine der Geschichten, die ich ihm erzählte, war zum Beispiel die vom Jakob. »Weißt du eigentlich, Puck«, sagte ich, »weißt du eigentlich, daß ich außer dir und vor dir nur ein einziges Tier gehabt habe? Merkwürdig, findest du nicht, wo ich doch Tiere so liebe!? Jakob hieß es, und es war eine Dohle, die ich als Junge von meiner Mutter geschenkt bekam. Ein kleines schwarzes Vögelchen.« Bei >Vögelchen< richtete er sich auf und sah gegen die Zimmerdecke. Dann streifte er mich mit einem verwunderten Blick und legte sich wieder auf meinen Schoß. »Nein«, sagte ich, »da ist das Vögelchen nicht. Jakob ist schon lange im Himmel, im Dohlenhimmel, wo es ungeheure Massen von Mehlwürmern gibt, Geistermehlwürmer, die noch viel besser schmecken als die irdischen. Und es gibt dort Tintenfässer, die man ungestraft an die

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