Puck
gewonnen. An Urfeld vorbei — wir ziehen am besten ins Hotel zur Post. Der Prospekt hier...«
Und wieder eines Morgens kamen Dora und Herrchen die Treppe vom Keller herauf und trugen große Koffer. Beim größten wurde der Einsatz herausgenommen, die Türen zu Frauchens Schrank sprangen auf, und all die bunten neuen und alten Felle ergossen sich in den Rachen des Koffers. Der roch kalt nach Mottenkugeln und Keller. Auch eine Ratte, stellte Puck schnüffelnd fest, mußte wohl vor kurzem darüber weggelaufen sein. Vor allem aber tauchte eine andere Erinnerung aus den Schlünden seines Bewußtseins auf: Seines ersten Herrchens Felle wurden auch eines Tages in so einen Kasten gepackt, und dann wurde der in den Fahrstuhl gestellt und auf die Straße gebracht. Herrchen blieb danach viele entsetzlich lange Tage hindurch verschwunden. Kofferpacken bedeutete also Veränderung und Gefahr des Verlustes seiner Angebeteten, und so mußte Puck es auf seine Weise zu verhindern suchen, indem er sich mitten in den Koffereinsatz legte. Dora vertrieb ihn, doch sobald sie den Rücken wandte, sprang er wieder hinein, und zwar legte er sich diesmal auf Frauchens frisch gepackte Wäsche. Dora schrie: »Wirst du wohl da ‘runtergehen, du unmöglicher Lümmel! Eben habe ich alles gebügelt.« Puck aber war fest entschlossen, seinen Platz nicht zu räumen, er verdrehte die Augen und wedelte freundlich-ergeben ganz schnell mit dem Schwänzchen. Da er immer wieder in den Koffer schlüpfte, wurde das Frauchen geholt.
»Ja, Puck, was ist denn los? Was soll das bedeuten?«
Puck rührte sich nicht, legte sich nur auf den Rücken. Frauchen lachte. Sie verstand ihn: »Ach Gott, mein kleiner Schnaps, du hast Angst, daß ich dir ausrücke?« Sie packte ihn am Genickfell und hob ihn an ihre Brust: »Aber nein, du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe dir doch gesagt, daß du mitkommst! Nein, wir lassen dich nicht hier, kommst ja mit — mit!«
Puck spürte die Tröstung in ihren Worten, stieg aus dem Koffer, wankte und wich aber nicht aus dem Zimmer, wo die seltsamen und erregenden Vorbereitungen weitergingen. Von seinem Sessel aus überwachte er jede Bewegung. Schließlich stand er auf, ging suchend durch die Räume, fand einen Ball und ließ ihn in den offenen Koffer fallen. Da der Ball wie üblich eine Schmutzrinde hatte, wurde er mit Entrüstung entfernt. Aber es wurde für Puck ein Extra-Koffer gepackt, ein kleiner Pappkoffer, den Frauchen für ihn gekauft hatte. Seine schnüffelnde Nase war immer im Wege, er fand es rasend interessant, wie Flohpulver, Kamm, Bürste, Waschlappen, eine Reserveleine, das Augenwasser, große Pakete Hundekuchen und schließlich auch sein Lieblingsbällchen verstaut wurden.
Dann aber geschah noch etwas Fürchterliches: Es klingelte, und wer stand vor der Tür? Der Trimmer, Onkel Felix genannt. Puck, der zur Tür gerannt war, kam krumm vor Entsetzen zurück. Er kannte den Geruch von Karbol und den vielen anderen Hunden, der Onkel Felix voranschwebte. Die Ohren angelegt, mit eingekniffenem Schwanz raste er durch die Diele, suchte eine offene Tür und flitzte ins Ankleidezimmer, von da ins Schlafzimmer, wo er wie eine Schlange unter dem Bett verschwand. Die Dunkelheit der Höhle war um ihn, hier war er sicher geborgen!
Aber mit gewaltigem Geschrei sämtlicher Riesen wurde er wieder ausgegraben, alle lachten und schwatzten durcheinander. Es nutzte ihm dieses Mal gar nichts, daß er sich vor allen Beteiligten der Reihe nach auf den Rücken warf und demütig die rechte Pfote ausstreckte. Er wurde von Onkel Felix auf den Arm genommen und ins Bad getragen, wo schon der kleine weiße Tisch aufgeschlagen war und die scheußlichen Scheren und Messer bereitlagen.
Schlotternd und ganz dünn vor Angst, das Schwänzchen angedrückt und mit hängendem Kopf stand Puck auf dem Tisch und ließ voller Ergebenheit an sich herumbasteln. Onkel Felix arbeitete schnell, geschickt und fast schmerzlos, nur manchmal ziepte es ein bißchen, oder es tat auch mal richtig weh, wenn er an die jüngste Bißwunde geriet. Zuletzt kam das Entsetzlichste! Alle Hähne der Badewanne wurden aufgedreht, und Puck wurde eingeweicht. Warmes Wasser strömte über seinen Körper, lief ihm in die Augen, Seifenschaum, der abscheulich schmeckte, überschwemmte ihn ganz und gar, und nun hatte er es völlig aufgegeben, jemals wieder glücklich zu sein, er war nur noch ein im Wasserstrom willenlos hin- und herschwankendes, an allen Nerven und Gliedern
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