Puck
und behende. Nun bemerkte sie Herrchen, und sofort änderte sich ihr Benehmen gegen den Hund.
»Ach, sieh doch mal, das süße Hündchen!« rief sie ihrer Partnerin zu. »Willst du ein Bällchen, Kleiner?« Sie bückte sich zu ihm nieder, was Herrchen wiederum Gelegenheit gab, einen Blick in die verführerischen Tiefen des Ausschnittes zu tun. Puck setzte sich prompt auf die Hinterkeulen, reckte die Struppelschnauze in die Höhe und stieß sein schönstes »Biourrrrr« aus. Die Brünette war begeistert.
»Komm doch mal her, Magda, was für ein reizendes Tier!« Magda ihrerseits ließ nun einen schnellen Blick über Herr und Hund gleiten, stimmte dann bei.
»Haben wir denn nicht einen weichen Ball?« fragte sie den Balljungen. Es wurde ein weiches Bällchen gebracht. Jenseits des Gitters stieg Puck wie eine Rakete in die Höhe, dann wirbelte ein weißer Ball in den Himmel, klatschte draußen auf dem Weg nieder, sprang wieder hoch. Ein sehniger Hundekörper flog ihm nach, fing ihn aus der Luft. Mit seitwärts abhängenden Ohren, die Beine wild und albern nach allen Seiten werfend, kam Puck zu, mir, zeigte ihn mir triumphierend und sauste, den Kopf rückwärts mir zugedreht, sofort los: Jetzt haben wir’s erreicht, komm weg, vielleicht überlegt sie sich’s noch anders!
Ich lüftete den Hut: »Meine Gnädige, Sie waren sehr liebenswürdig, darf ich Ihnen im Namen meines Hundes vielmals danken!«
Puck nachgehend, hörte ich in meinem Rücken Magdas Stimme: »Da hast du’s wieder mal, so sind die Männer! Wenn sie ihr Ziel erreicht haben, schwirren sie einfach ab!«
Von dieser tiefgründigen Frauenweisheit unangefochten gingen Vater und Sohn hoch befriedigt nach Hause. Puck wälzte unterwegs den Ball durch jeden verfügbaren Dreck, so daß er, bis wir angelangt waren, mehr einem Lehmklumpen als einem weißen Tennisball glich.
Seitdem wurde das Ballschnorren eine unserer beliebtesten Sportarten, und damit hatten wir eine eigene Abwandlung des Tennisspiels erfunden. Wir betrieben sie manchmal auch illegal, abends, bei Dämmerung. Dann quetschte sich Puck durch das Eisengitter des Haupteingangs und angelte sich die liegengelassenen Bälle. Der leicht kriminelle Beigeschmack dieser Aktion machte sie besonders anziehend.
Im allgemeinen waren wir — abgesehen von der kleinen Brünetten — bei den Tennisspielern ziemlich unbeliebt, denn es hatte sich herumgesprochen, daß Puck sich einmal während eines Turniers ein Loch unter dem Drahtzaun gegraben und den entscheidenden Ball aus der Luft weggefangen hatte. Seitdem neigten die Balljungen dazu, mit Steinen nach ihm zu werfen. Ich begrüßte auch diese Variante des Spiels. Lenkte sie mich doch vorübergehend von dem frevelhaften Poker ab, welcher derweilen in der großen Welt gespielt wurde...
Immer wieder wunderte ich mich, wie sehr Puck die Behandlung seiner beiden Götter variierte. Waren unsere Spiele rauh, so waren die mit der Gefährtin eigentlich gar keine Spiele, sondern eher eine zärtliche Tändelei. Während er sich von mir eher den Kopf abdrehen ließ, als daß er den Ball hergab, legte er ihn ohne weiteres in Frauchens Hand, brachte ihn ihr sofort wieder mit einer gewissen liebevollen Nachsicht, als täte er ihr den Gefallen und nicht umgekehrt.
Im übrigen war er überhaupt niemals ganz glücklich, solange sein Verein nicht komplett war. Arbeitete ich zum Beispiel allein zu Hause, so wand er sich so lange an mir herum, bis er sich hinter meinem Rücken eingenistet hatte, wo er, in sichtlich unbequemer Lage, die Zeit verbrachte, bis Frauchen aus der Stadt zurückkam. Sein sechster Sinn nahm den Wagen schon wahr, wenn er noch weit vom Hause entfernt war. Dann raste er zur Tür, fegte die Treppe hinunter und umsprang die so sehr Vermißte, worauf er dann höchst sachlich zur genauen Besichtigung sämtlicher Pakete überging.
Dora servierte das Essen, während Pucks Ration im weiß-grünen Blechnapf in der Küche stand. Sie wurde jedoch nicht beachtet, sondern zunächst versuchte man, von der herrlich duftenden Tafel der Götter etwas zu bekommen. Da es streng verboten war zu betteln, saß er schweigend zu Frauchens Füßen, die Augenlider tugendhaft gesenkt, die Nase gegen die Bratenschüssel hochgereckt, ab und zu mit einem kleinen Seufzer an die eigene Gegenwart erinnernd. Ich wollte ihm heimlich etwas zustecken, aber ein strenger Verweis hinderte mich: »Gib dem Hund nichts vom Tisch, er lernt nur das Betteln! Verdreh nicht so die Augen, Puck, und
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