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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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das Maul jetzt geschlossen, ganz schief gezogen, als sei durch all dieses wunderbare Recken und Strecken das Fell zu knapp geworden. Dann stößt eine schlafheiße, trockene Nase gegen mein Bein, und gleich darauf fühle ich die Pfoten auf meinem Schenkel. Harte Krallen kratzen auf dem Stoff, der Kopf bohrt sich ungeduldig, ein kleiner, struppiger Keil, zwischen meinen Rücken und die Lehne des Sessels. Ich fasse hinunter, bekomme einen schmalen Hundeschenkel aus eisenharten, federnden Sprungmuskeln zu fassen und verstaue mit oft geübtem Ruck das Fellhäufchen hinter mir. Es kringelt sich zusammen, ächzt glücklich, schmatzt und beginnt intensive Wärme auszustrahlen, die langsam meinen Rücken emporsteigt.
    Ich fasse nach hinten, tun ihn ganz sicher zu verstauen: »Wenn du wüßtest, was ich hier mache, Puckchen! Schau her, das Kuvert: Bis nach England habe ich geschrieben, an dein allererstes Herrchen, den Züchter, um zu erfahren, was du so in deinen ersten Wochen getrieben hast.«

Jugend

    Die ersten Wochen seines Lebens? — Geheimnisvolles nebliges Dämmern, sanfte milchige Schleier.
    Aus den köstlichen Quellen des Lebens saugte er Seite an Seite mit den fünf Geschwistern die Kraft für die ersten wackligen Spaziergänge auf dem sonnigen Sand des Zwingers. Bei Nacht ruhte er, in tiefem Kinderschlaf, dicht an Mutters Fell gedrängt. Er bellte im Traum, ein albernes piepsiges Welpenbellen, und eine rauhe Zunge fuhr dann tröstend über sein kleines Gesicht.
    Seine wachen Stunden waren voll gewaltiger Erlebnisse. Zu jeder Stunde neue. Da kam zum Beispiel etwas durch die Luft geflogen, etwas Kleines, Schwarzes, das aufdringlich um seinen Struppelkopf sauste. Er schlug mit der Pfote danach — es lag auf dem Rücken, die dünnen Beinchen in der Luft, und summte furchterregend weiter. Mit den nadelspitzen Zähnen biß er hinein. Es schmeckte abscheulich. Er spuckte es aus, lange Speichelfäden des Ekels rannen ihm aus dem Kindermaul. Er wich zurück, sah verwundert auf das schwarze Wesen: es regte sich nicht mehr. Joan, eine der Schwestern, klüger und reifer schon als er, besah es auch und zog angewidert das Näschen kraus. Die Mutter kam und beroch die Sache genau. Wenig Sympathie auch bei ihr.
    Aber sein Jägerstolz! Er wandte das Ding hin und her mit kätzchenhaft gekrümmter Pfote. Doch es wurde immer unansehnlicher, immer mehr Erde klebte daran, und inzwischen hatte der große, unbegreiflich kluge Riese, der morgens die frische Milch und das Welpenfutter in den Zwinger brachte, für eine neue Sensation gesorgt: er hatte der Horde einen alten Schuh zum Knabbern beschert! Schon das Zernagen der Senkel war reinster Genuß, und nun gar das langsame Zerbeißen, geifernde, knurrende Zerkauen des Stiefels selbst! Nur zum hastigen Saufen und Fressen ließ sich die Bande Zeit, dann waren sie schon wieder am Werk. Hin und her zerrten sie das gewaltige und herrlich nach Mensch riechende Spielzeug, und mitunter geschah es, daß Joan eifersüchtig nach dem Bruder schnappte. Puck wich knurrend zur Seite, aber er biß nicht zurück. Ihr Geruch verbot es ihm.
    Monate vergingen. Puck wuchs so schnell, daß man es fast von einem zum anderen Tage sah. Nur noch manchmal hörte man ein helles, kindliches Welpenbellen von ihm. Immer mehr mischten sich tiefe männliche Töne hinein. Scharf und drohend blitzten die mächtigen Eckzähne, wenn er fletschend die Oberlippe hob mit jenem bösen Zucken, das unmittelbar dem wilden Biß vorausgeht.
    Und oft wurde dieser Biß geübt. Mit den anderen Foxlmännchen kämpfte er auf Tod und Leben um jeden Knochen und immer wieder um den alten Tennisball, der unbeachtet in einer Ecke lag, solange keiner der drei ihn ins Maul nahm. Wehe aber, wenn einer es tat! Plötzlich wurde der Ball zu einem Wertobjekt, von dessen Besitz das Dasein abhing. Ein wirrer, fauchender, knurrender, schreiender Haufen wälzte sich im Sand, prallte gegen das Gitter, bis die Hand des weisen Riesen sie scharf auseinanderriß und ihnen den Ball wegnahm.
    »Und du hast wieder angefangen, Puck!« sagte der Züchter. Er hielt das immer noch geifernde, zähnefletschende Geschöpf am Genickfell hoch in die Luft. Ein breites Blutgerinnsel lief über den linken Hinterschenkel. »Ich werde dich allein einsperren«, sagte der Mann, aber in seiner Stimme waren eher Besorgnis und Stolz als Zorn.
    So lag Puck allein und leckte seine Wunden. Darling, der stärkste der anderen Rüden, hinkte an das trennende Drahtgitter und sah ihm

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