Puerta Oscura - 01 - Totenreise
hinterherspioniert hatte, wusste von der Verabredung; für ihn war es die perfekte Gelegenheit: alle, die ihm etwas anhaben konnten, waren am selben Ort versammelt, und ohne Zeugen.«
Die Kommissarin nickte nachdenklich. »Nun ja, und fast wäre das auch aufgegangen.«
***
Pascal musste einen großen Bogen schlagen, um unbemerkt auf die Seite des Karrens zu kommen, auf der Michelle und der gefangene Junge in ihren Fesseln saßen. Jetzt musste er nur noch in parallelem Abstand dem düsteren Zug folgen, ohne bemerkt zu werden, bis Beatrice auftauchen und die Aufmerksamkeit der Skelette auf sich lenken würde.
Sein Part schien einfach zu sein, solange ihn das Schwert nicht im Stich ließ. Ihm wurde etwas mulmig bei dem Gedanken, dass er sich mit Beatrice während der Operation nicht in Verbindung setzen konnte. Ihr Vorhaben musste also auch ohne den Kontakt funktionieren. Beatrice konnte jeden Augenblick aus der Dunkelheit auftauchen.
Er umklammerte fest sein Schwert und achtete genau auf den Weg, um nicht zu stolpern. Hin und wieder warf er einen Blick in die Umgebung, weil die Skelette nicht die einzige Gefahr waren. Er dachte an die schwarzen Wolken, und auch die Ghule fielen ihm ein …
Von Vorteil für sie war, dass niemand ihrer Feinde ahnte, wie weit sie bereits gekommen waren. Sie befanden sich in der letzten Zone, von wo aus sie noch problemlos ins Zwischenreich zurückkehren konnten. Erreichte das Satansgefolge den nächsten Bereich, auf den sie sich unablässig zubewegten, wäre Michelle verloren. Also musste es jetzt passieren. Eine Alternative gab es nicht.
Ein kehliger Laut schallte auf einmal durch die Dunkelheit und riss Pascal aus seinen Gedanken. Die weithin hallenden, gleichmäßigen Trommelschläge verstummten. Der Zug der Skelette war stehen geblieben, und ein Stück davon entfernt tat eine unverkennbare Gestalt so, als hätte sie Angst und würde stolpernd die Flucht ergreifen.
Beatrice war ziemlich nah herangegangen an die Mönchsgestalten. Sie wusste, wie viel von ihrem Part abhing, und sie riskierte eine Menge. Pascal bewunderte wieder einmal ihren Mut. Sie war wirklich stark und zu allem bereit. Das weckte seinen Ehrgeiz, und er wollte ihr in nichts nachstehen.
Die Reaktion der Skelette erfolgte noch in der gleichen Sekunde. Mit einem Aufschrei stürzten sie der Fliehenden nach und verfolgten sie. Doch ihre Gier verhinderte ein planvolles Vorgehen, jeder der Kuttenträger wollte der Erste sein, um über die Beute herzufallen. Und – sie hatten lediglich drei Wachen zurückgelassen.
* **
Der Karren stoppte so ruckartig, dass Michelle das Gleichgewicht verlor. Reflexartig versuchte sie, sich mit ihren Händen abzustützen. Zum Glück beachtete sie in diesem Moment keiner ihrer Bewacher, sodass niemand von ihnen bemerkte, dass sie keine Fesseln mehr trug. Sie beeilte sich, ihre vorherige Position wieder einzunehmen.
Die schrecklichen Gestalten gaben ein Heulen von sich, während sie einen Augenblick lang alle wie gebannt in dieselbe Richtung starrten und plötzlich losstürzten. Michelle wusste, dies war die Chance, auf die sie gewartet hatte. Jetzt, wo der Karren stillstand, musste sie handeln.
Sie warf einen raschen Blick den davonhastenden Skeletten nach, und auf einmal konnte sie die Ursache für den Aufruhr sehen: Dort lief ein Mädchen!
Wegen ihr waren die Mönchsskelette davongestoben. Ein Mädchen wie sie selbst.
Abgesehen von ihrem Mitgefangenen war es das erste menschliche Wesen, das sie in dieser Welt entdeckte. Eine wohltuende Wärme durchströmte sie. Ja, dies war der richtige Moment! Sie sah zu den Wachen. Es waren nur drei, also überlegte sie nicht lange. Sie befreite sich von dem Knebel, um besser atmen zu können, und sprang. Bevor die zurückgebliebenen Wachen, die gespannt die Hetzjagd verfolgten, etwas merkten, hatte Michelle den Jungen gepackt, vom Karren gezerrt und ihn sich aufgeladen. Nicht weniger schnell als ihre Peiniger zuvor war sie in der Dunkelheit verschwunden. Noch in der letzten Sekunde vernahm Michelle ein merkwürdiges Geräusch, doch sie blieb nicht stehen, um herauszufinden, was es war.
Jede Sekunde zählte.
***
Pascal klopfte bei Michelles Anblick das Herz bis zum Hals. Sie war so nah … Man hatte sie gefesselt, doch sie saß aufrecht da, und er fand, ihr Blick war trotzig. Aufmerksam achtete sie auf das, was um sie herum geschah, als hätte sie irgendetwas vor. Ja, das war Michelle, wie er sie kannte, selbstbewusst und wach mit allen
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