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Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Titel: Puerta Oscura - 01 - Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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seine eigene Wirklichkeit zu verlassen, doch wollte er auch herausfinden, was hinter dem Spiegel vor sich ging. Außerdem erinnerte ihn der Blick in diese Dunkelheit stark an das Reich der Toten.
    Das Erscheinen der seltsamen Frau hatte seinen bedrohlichen Ausdruck verloren. Sie wirkte jetzt eher hilfsbedürftig.
    »Bist du … bist du ein Gespenst, ein Geist?«, fragte er unsicher.
    Sie nickte stumm, ohne ihren durchdringenden Blick abzuwenden. »Dann bist du also tot«, stellte er fest und schluckte. »Wieso bist du mit meiner Welt verbunden?«
    »Ich heiße Melissa«, erzählte sie, »vor sechs Jahren hat mich der Tod ereilt, doch ich kann nicht in Frieden ruhen, weil noch etwas zu erledigen ist … Hilf mir … Ich will endlich gehen, das Zwischenreich, zu dem ich verdammt bin, verlassen …« Die Frau sah sich hin und wieder um, als fürchtete sie sich vor irgendetwas.
    »Ich bin Pascal«, stellte er sich vor.
    »Ich weiß: Du bist der Wanderer …« Der Griff ihrer Hände wurde fester. »Hilf mir … Wenn du es nicht tust, muss ich weitere hundert Jahre in dieser schrecklichen Einsamkeit ausharren, bis der nächste Auserwählte die Pforte durchquert …«
    Pascal berührte die tiefe Traurigkeit, die diese Tote ausstrahlte, aber wie sollte er ihr helfen?
    »Sag, was du von mir willst«, flüsterte er.
    Voller Hoffnung richtete die Frau ihren Blick auf ihn, und während ihre blasse Gestalt in der Dunkelheit schwebte, stammelte sie: »Der Brief … du musst den Brief holen …«
    Sie zerrte erneut an seinen Armen, und diesmal verlor Pascal das Gleichgewicht. Er stieß einen Schrei aus, als er in den Spiegel stürzte und sich in einer Spirale drehte, die ihn weiter und weiter in den Raum katapultierte. Endlich landete er auf einer porösen, unebenen und feuchten Fläche. Zum Glück war er nicht verletzt.
    Er sah sich nach der Frau um, doch sie war nirgends auszumachen. Dichte Dunkelheit umgab ihn. Als er schließlich den Blick hob, konnte er in großer Höhe den Schimmer eines winzigen Lichts ausmachen. Verwundert kam er zu dem Schluss, dass es sich um den Spiegel handeln musste, durch den er gestürzt war. So weit war er durch den Raum gefallen?
    Doch es gab keinen Zweifel. Der Schimmer kam von der Beleuchtung im Badezimmer seiner Großmutter auf der anderen Seite des Spiegels.
    Tatsächlich befand er sich also in »Sichtweite« der Wohnung, in der seine Großmutter schlief, und gleichzeitig unendlich weit davon entfernt. Es war widersinnig und schwer zu begreifen.
    Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich das weibliche Gespenst, dessen unnachgiebiges Betteln zu Pascals Sturz in diesen leeren Raum geführt hatte, wieder auf.
    »Was willst du von mir?«, fragte er und versuchte, sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. »Ich verstehe nicht …!«
    Seine Worte wurden zu einem Echo, das aus weiter Ferne widerhallte, als befänden sie sich in einer riesigen Höhle.
    Die Frau wischte sich die Tränen ab, und ihr angespannter Gesichtsausdruck nahm einen dankbaren Zug an.
    »Ich …«, begann sie und senkte die Augen, »bin keines natürlichen Todes gestorben. Vor sechs Jahren habe ich mir das Leben genommen. Ich habe mich mit Tabletten vergiftet, weil ich mein Unglück nicht mehr ertragen konnte … Ich hatte ein wahres Monster zur Welt gebracht, unseren einzigen Sohn Daniel. Er war das personifizierte Böse, und er hasste uns. Du machst dir keine Vorstellung davon, was es für eine Mutter bedeutet, von ihrem eigenen Sohn gehasst zu werden …«
    Eine Selbstmörderin. Pascal begann sich unwohl zu fühlen.
    »Meine Großmutter sagte immer, dass der Selbstmord eine Lösung sei, die nur die Mutigen wählen«, bemerkte sie. »Es war ein Irrtum, das habe ich zu spät begriffen. Doch selbst die Seelen der Menschen, die diesen schrecklichen Fehler begangen haben, verlassen das Leben und kommen auf die andere Seite«, erklärte sie mit verlorenem Blick. »Doch ich konnte nicht!« Sie stöhnte. »Die Ursache für meinen Tod ist eine zu große Last. Als Tote bin ich die Sklavin meines eigenen Lebens. Und das ist so grausam. Du kannst mich erlösen, Wanderer. Damit ich in Frieden ruhen kann.«
    »Bist du dir sicher?«, wagte er zu fragen. »Was müsste ich denn tun?«
    Die Frau, die neben ihm im Raum schwebte, ließ mit der Antwort nicht auf sich warten: »Mein Entschluss, mich umzubringen, zog etwas nach sich, das ich nicht vorhergesehen hatte: Mein Mann wurde des Mordes angeklagt.«
    Pascal schüttelte fragend den

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